Islamist hat sich unbemerkt radikalisiert
30. November 2016Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) arbeitet nach der Enttarnung eines Islamisten in den eigenen Reihen mit Hochdruck an der Aufklärung. "Das BfV prüft derzeit, ob oder in welchem Umfang ein Schaden entstanden ist", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen in Berlin. Der Verdächtige hatte sich nach den Worten von Maaßen völlig unauffällig verhalten. "Wir haben es hier offensichtlich mit einem Fall zu tun, in dem sich eine Person von seinem persönlichen Umfeld unbemerkt radikalisiert hat", sagte der BfV-Präsident.
Anschlag auf BfV "im Sinne Allahs"
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf war der Mann im April 2016 als Quereinsteiger vom Verfassungsschutz eingestellt worden, um die gewaltbereite salafistische Szene in Deutschland zu observieren. Der Verdächtige hatte sich später im Internet unter falschem Namen islamistisch geäußert und Dienstgeheimnisse verraten. Dabei geriet der mutmaßliche Maulwurf an einen "echten" Verfassungsschützer, der sich dort als Islamist ausgab. Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte dem Chatpartner vorgeschlagen haben, Gleichgesinnten Zugang zur BfV-Zentrale in Köln-Chorweiler für eine Gewalttat gegen "Ungläubige" zu ermöglichen, da dies "sicher im Sinne Allahs" sei und er "zu allem bereit sei, um den Brüdern zu helfen".
Der 51-Jährige räumte die Vorwürfe demnach ein und gab als sein Ziel an, das BfV zu infiltrieren, um Glaubensbrüder vor Ermittlungen warnen zu können. Seit dem 17. November sitzt er in Untersuchungshaft. Bei einer Durchsuchung wurden Datenträger des Beschuldigten gefunden, die nun ausgewertet werden. Mit den Ermittlungen ist das Bundeskriminalamt beauftragt. Vom Ergebnis der Auswertungen dürfte abhängen, ob der Fall womöglich in die Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes fällt.
Telefonisch zum Islam konvertiert
Es gebe keine belastbare Anhaltspunkte dafür, dass der Verdächtige vor seinem Kontakt zu dem undercover arbeitenden BfV-Mann sicherheitsrelevante Kenntnisse an Mitglieder der gewaltbereiten salafistischen Szene weitergegeben habe, sagte die Staatsanwaltschaft. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und weiterer Medien soll der Mann vor zwei Jahren zum Islam übergetreten sein. Ob er damals schon die Absicht eines Anschlag gehabt habe, müsse noch festgestellt werden. Nach bisherigem Erkenntnisstand habe es noch "keine konkreten Planungen" gegeben.
Er habe seinen Treueeid 2014 dem salafistischen Prediger und Anwerber Mohamed Mahmoud telefonisch geleistet, der mittlerweile für die Terrormiliz "Islamischer Staat" in Syrien kämpft. In Ermittlerkreisen wurde dies zunächst nicht bestätigt. Es sei lediglich der geläufige Vorname Mohamed gefallen. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, es handele sich um einen spanischen Familienvater, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft habe.
Lehren aus Vorgang ziehen
Das BfV will nun seine Einstellungspraxis überprüfen. "Wir werden natürlich diesen Vorgang gründlich aufarbeiten, um zu sehen, was wir daraus lernen können", sagte Bundesamtspräsident Maaßen. "Wir haben eine ganze Reihe von Personen im Rahmen des Auswahlverfahrens filtern und aussieben können, wo wir den Eindruck haben, es sind Extremisten oder Personen, die für ausländische Nachrichtendienste arbeiten", berichtete Maaßen. Vor der Einstellung habe es eine "gründliche Sicherheitsprüfung" gegeben, "wo fünf Referenzpersonen befragt und sämtliche Register abgecheckt wurden". Bei dem Islamisten handele es sich um einen deutschen mehrfachen Familienvater aus geordneten Verhältnissen, der im Dienst gute Arbeit gemacht habe, so Maaßen.
Infiltrierung durch Extremisten ist nicht neu
Es kommt häufiger vor, dass Extremisten versuchen den Verfassungsschutz zu infiltrieren: Im Februar war bekannt geworden, dass sich auf Stellenausschreibungen des Bundesamts für Verfassungsschutz zwei Rechtsextremisten, ein Linksextremist und ein Islamist beworben hatten, ebenso ein Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes. Weil sie in der nachrichtendienstlichen Datenbank des deutschen Inlandsgeheimdienstes erfasst waren, flogen sie auf. Bei dem nun enttarnten Maulwurf, der sich ebenfalls beim Bundesamt beworben hatte, war das offenbar nicht der Fall.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der versuchten Verletzung von Dienstgeheimnissen. Die Staatsanwaltschaft relativierte Berichte über einen geplanten Bombenanschlag. Die Ermittlungen hätten bisher keine Hinweise ergeben, dass eine konkrete Gefahr bestanden habe.
mar/stu (dpa, afp)