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Politik

Verfassungsschutz sieht starken Antisemitismus

9. Oktober 2020

Die Sorgen jüdischer Mitbürger sind berechtigt. Zum Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge in Halle warnt Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang vor einem "steil ansteigenden" Antisemitismus in Deutschland.

Deutschland I Gedenken an die Opfer des Anschlags von Halle
Blumen und Kerzen an der Mauer der Synagoge in Halle (Saale) im Süden von Sachsen-Anhalt Bild: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/picture-alliance

"Gerade in den vergangenen zwei Jahren haben Straftaten, auch Gewalttaten, gegen Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland erheblich zugenommen", betont der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Das Lagebild des Verfassungsschutzes zeige, dass die Sorgen der jüdischen Mitbürger berechtigt seien, dass sie auf offener Straße Opfer von Anfeindungen bis hin zu gewaltsamen Angriffen werden könnten, sagte Haldenwang dem "Tagesspiegel" in Berlin weiter. Die Sicherheitsbehörden müssten daher äußerst wachsam sein. Vor allem müsse der Gesellschaft ins Bewusstsein gebracht werden, gemeinsam gegen aufkommenden Antisemitismus vorzugehen. Die Gefahr für Juden geht nach seinen Worten zunehmend von radikalisierten Einzeltätern aus.

Thomas Haldenwang im Juli mit Innenminister Seehofer bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2020 in Berlin Bild: picture-alliance/dpa/H. Hanschke

Haldenwang führte im "Tagesspiegel" aus, es gebe "bei den Radikalisierungsprozessen Grundmuster, die sich bei Rechtsextremisten, Islamisten und anderen Extremisten kaum unterscheiden". Dabei handele es sich um "oft schwierige persönliche Verhältnisse, Scheitern in Schule und Beruf, ein problematisches Umfeld". Solche Leute suchten nach dem Schuldigen für ihre desolate Lebenssituation und meinten dann, die Ursache bei gesellschaftlichen Minderheiten zu finden, analysierte der Verfassungsschutzpräsident. Auf diese Weise glitten sie in den Extremismus ab.

Polizisten sichern die Synagoge in Berlin Bild: Getty Images/AFP/M. Tantussi

Am 9. Oktober 2019 hatte der schwer bewaffnete Rechtsextremist Stephan Balliet versucht, die Synagoge in Halle (Saale) zu stürmen und ein Massaker unter den Gläubigen anzurichten. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und in einem Dönerimbiss einen 20 Jahre alten Gast. Auf seiner Flucht verletzte der Deutsche mehrere Menschen. Gegen den heute 28-Jährigen aus Sachsen-Anhalt läuft am Oberlandesgericht Naumburg der Prozess.

An diesem Freitag wird in Halle mit Veranstaltungen, Gebeten und Kränzen der Opfer gedacht. Dazu werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erwartet.

Demonstranten erinnern in Halle (Saale) wenige Tage nach dem rechtsterroristischen Anschlag auf die Synagoge an die Opfer Bild: picture alliance/dpa/H. Schmidt

Bundesaußenminister Heiko Maas sieht in dem Terror von Rechtsextremisten die "größte Gefahr für unser Land". Inzwischen gebe es alle 24 Minuten in Deutschland eine rechtsextrem motivierte Straftat. Das seien keine Einzelfälle, sondern "das ist die bittere rechtsradikale Realität in Deutschland", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.  Maas rief jeden Einzelnen dazu auf, Rassismus und Rechtsextremismus die Stirn zu bieten. Immer nur "Nie wieder" zu sagen, reiche nicht.

se/ww (afp, dpa, tagesspiegel)

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