1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Filmstar und Bürgerrechtler: Paul Robeson

Jochen Kürten
18. Juli 2020

Er hatte Erfolg am Broadway und in Hollywood, doch die "Schwarze Liste" drängte ihn ins Abseits. In der DDR hingegen wurde Paul Robeson gefeiert.

Paul Robeson Schauspieler Sänger und Sozialkritiker während einer undatierten Rede am Mikrophon
Paul Robeson ist zu Unrecht in Vergessenheit geratenBild: Getty Images/AFP

MusikFilm, Literatur oder auch Comic-Kultur - überall wird Kulturgeschichte gerade umgeschrieben oder ergänzt. In Folge der weltweiten Rassismus-Debatte nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in den USA wird in vielen Kultur-Sparten Vergessenes und Verdrängtes wieder in den Kanon des kulturellen Gedächtnisses aufgenommen.

Paul Robeson ist ein besonders interessantes und faszinierendes Beispiel für einen ehemals großen Weltstar der afroamerikanischen Kultur, der in Vergessenheit geraten ist und jetzt wiederentdeckt wird - vor allem auch in Deutschland, wo er in einer späteren Phase seines Lebens noch eine bedeutende Rolle gespielt hat.

In den USA als Sohn eines Sklaven geboren: Paul Robeson

Doch der Reihe nach: Paul Robeson wurde 1898 in der amerikanischen Universitätsstadt Princeton geboren. Er verdiente sein Geld in jungen Jahren unter anderem als Profi-Footballer, stieg zum ersten afroamerikanischen Filmstar auf, wurde am Broadway gefeiert, landete Welthits als Sänger - und erlangte dann Jahre später als Aktivist und Bürgerrechtler Ansehen und Anerkennung für seinen unermüdlichen Kampf gegen Rassismus und für Gleichberechtigung.

Der Schauspieler interessierte sich für Politik und Geschichte

Robesons Biografie sei schon "verrückt, sein Vater war noch als Sklave geboren worden", erinnert der Filmwissenschaftler Hannes Brühwiler an die Ursprünge des Afroamerikaners: "Er war bestimmt zu seiner Zeit der größte schwarze Filmstar, alle kannten ihn, er war wirklich auch weit über die schwarze Community hinaus bekannt." Doch Robeson war eben auch einer, der nicht nur auf der Bühne und vor der Kamera brillieren wollte, er las die Werke Wladimir Iljitsch Lenins im Original. Das machte ihn in den USA natürlich verdächtig. Da half ihm auch seine ehemalige Popularität irgendwann nicht mehr.

Schon in den 1920er Jahren stand er auch auf Bühnen in London, hier in Eugene O'Neills Stück "Kaiser Jones"Bild: Getty Images/Sasha

Und so wurde er verfemt, missachtet und mit Berufsverbot bedacht. Paul Robeson war ein Opfer der US-amerikanischen Kommunisten-Hatz der 1940er und 1950er Jahre. In Folge der McCarthy-Ära in den USA musste Robeson vor dem berühmt-berüchtigten "Komitee für unamerikanische Umtriebe" (HUAC) aussagen. Robeson wandelte sich damals vom Schauspieler zum Menschenrechtsaktivisten.

Robeson war schwarz und Kommunist - in den USA doppelt fatal

Für den Filmwissenschaftler Hannes Brühwiler ist auch dies Ursache dafür, dass der Name Paul Robeson heute nicht mehr so geläufig ist: "Ein Grund ist bestimmt, dass er ab den 1940er Jahren als Künstler zurückgetreten und vor allem als Aktivist und Bürgerrechtler aufgetreten ist." Brühwiler, der sich mit Robeson vor allem im Zusammenhang mit seinen Forschungen zu Hollywoods "Schwarzer Liste" beschäftigt hat, sieht aber noch andere Gründe für die damalige Ausgrenzung des afroamerikanischen Entertainers, der sich stets offen zu seiner linken politischen Einstellung bekannt hat.

1948 gehörte Paul Robeson zu den Gründern der linken amerikanischen FortschrittsparteiBild: picture-alliance/dpa/Everett Collection

Paul Robeson war schwarz und Kommunist: "Das war natürlich eine Mischung!", hebt Brühwiler hervor: "Man muss sich das vorstellen: Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt der Kalte Krieg, das waren mehrere Alarmzeichen für einen Großteil der amerikanischen Bevölkerung, und dann ist er auch noch in die Sowjetunion gereist." (Robeson hatte 1934 mit seiner Frau zum ersten Mal die Sowjetunion bereist, A.d.R.)

US-Pass entzogen - Robeson durfte Jahre nicht ausreisen

Auch wenn Robeson, so Brühwiler, öffentlich erklärt hatte, dass er nicht Mitglied der Kommunistischen Partei war, bewahrte ihn das nicht vor dem "Komitee für unamerikanische Umtriebe": "Paul Robeson wurde der Pass entzogen, er durfte die USA fast ein Jahrzehnt nicht mehr verlassen." Paul Robeson, ein Kommunist, der nicht die Hautfarbe der nordamerikanischen Mehrheitsgesellschaft hatte: "Es hat bestimmt auch etwas mit Rassismus zu tun, dass sein Werk einfach in den Hintergrund getreten ist", mutmaßt Brühwiler.

Seine berühmteste Bühnenrolle: Robeson als Othello, hier 1959 in LondonBild: picture-alliance/dpa/

1956 machten Rassisten Jagd auf Paul Robeson

1956 musste Robeson vor dem HUAC erscheinen. Was nach dessen Aussage folgte, führte dazu, dass Robeson sich später viele Jahre fern der Heimat im Ausland aufhalten sollte: "Kurz danach wurde er in Peekskill/New York von einem tausendköpfigen Lynchmob attackiert und kam nur knapp mit dem Leben davon, eine Attacke, der noch viele folgen sollten", heißt es in dem jetzt von Hannes Brühwiler herausgegebenen Buch "The Sound of Fury - Hollywoods Schwarze Liste".  

Als Sänger war Robeson insbesondere mit "Ol' Man River" erfolgreichBild: Getty Images/Keystone

Beschäftigt man sich heute mit Leben und Werk Paul Robesons, dem aufgepeitschten Klima des Kalten Kriegs und der Kommunisten-Hatz in den USA der McCarthy-Ära, so stößt man auf überraschend viele Parallelen zur Ära Donald Trump.

Robesons Schicksal spiegelt Historie des amerikanischen Rassismus wider

Auch deshalb lohnt ein Blick auf Paul Robeson heute sehr: "Diese Mechanismen, dass Leute zum Schweigen gebracht werden, weil sie angeblich eine andere Meinung vertreten, das ist ja kein Mechanismus, der mit dem Antikommunismus der 40er Jahre oder 50er Jahre verbunden ist, das gab es immer, und das wurde dermaßen zugespitzt: Also, kein Diskurs mehr möglich, man konnte sich nicht mehr neutral unterhalten. Das sind natürlich Parallelen, die man heute genauso erlebt in den Diskursen, in denen wir stecken."

Vor ein paar Jahren, so Brühwiler, hätten erzkonservative Politiker wie Newt Gingrich nur halbironisch gefordert, dass das "Komitee für unamerikanische Umtriebe" seine Arbeit wieder aufnehmen solle.

1960 trat Paul Robeson auf großer Bühne in der DDR aufBild: picture-alliance/dpa/ADN

In späteren Jahren bereiste Paul Robeson dann als Botschafter gegen Rassismus und für Völkerverständigung die DDR. Bei seiner ersten Aussage vor dem HUAC hatte der Film- und Bühnenstar gesagt, dass sich die Kommunisten für die Interessen der Nachfahren der Sklaven einsetzen würden. Auf diesem Rücken habe "Amerika seinen ersten Reichtum begründet". Robeson wurde von Politikern und Funktionären im Ostblock zweifelsohne auch im Sinne der Ideologie ausgenutzt. Sein Anliegen schmälert das nicht.

In der DDR wurde Paul Robeson hofiert

Robeson wurde zu Beginn der 1960er Jahre mit großem Pomp von Walter Ulbricht empfangen. Der US-Amerikaner habe sich eben auch als Vermittler zwischen den Welten und den verfeindeten Lagern verstanden, sagt Brühwiler.

Bild: Bertz und Fischer

Auch dieser Umstand hat wohl mit dazu beigetragen, dass der ehemals weltberühmte afroamerikanische Künstler Paul Robeson in den Staaten des Ostblocks und in der DDR lange Zeit bekannter und geschätzter gewesen sein dürfte als in seiner Heimat oder auch in Westdeutschland: "Er war ja als überzeugter Anti-Kapitalist und auch als Aktivist und Bürgerrechtler gegen Rassismus, und da hat er natürlich in der DDR und im Ostblock eine andere Gesellschaft gesehen. Er hat sich als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Kulturen gesehen." Zwischen Ost und West sei damals, so Brühwiler, ein sehr großer Graben gewesen: "Den hat er versucht zu überbrücken."

1965 kehrte Paul Robeson nach seinen Reisen durch Europa für eine medizinische Behandlung in die Heimat zurück. 1976 starb er in Philadelphia.

Heute ist der Nachlass Paul Robesons außerhalb der USA in der Akademie der Künste in Berlin archiviert, es ist dort der einzige Nachlass eines Ausländers. Hannes Brühwilers soeben erschienenes Buch "The Sound of Fury - Hollywoods Schwarze Liste" ist im Bertz + Fischer Verlag erschienen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen