Rund ein Jahr vor Beginn der Olympischen Winterspiele 2018 scheint in Pyeongchang alles bereit. Von den Stadien bis zu den Tickets, die Vorbereitungen laufen planmäßig. Doch nicht jeder in Südkorea ist optimistisch.
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Pyeongchang - ein Jahr vor Beginn der Spiele
Südkorea ist 2018 Gastgeber der Olympischen Spiele. Dabei ist das Land keine Wintersportnation. Welche Disziplin interessiert die Koreaner am meisten? Wie sehen die Sportstätten aus? Und was ist ein Wangsasre-Baum?
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Kurze Wege
Pyeongchang ist ein Landkreis im Nordosten Südkoreas. Alle Olympia-Sportstätten befinden sich im Umkreis von maximal einer Autostunde - damit haben die Organisatoren bei ihrer Bewerbung gepunktet. Fast die Hälfte der Sportarten finden in einer Anlage namens Alpensia statt - was so viel bedeutet wie die Alpen Asiens, auch wenn die Landschaft eher an den Schwarzwald erinnert.
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Neue Wettbewerbe
102 Wettbewerbe wird es geben - in sieben Wintersportarten und 15 Disziplinen. Neu ins Olympische Winterprogramm aufgenommen wurden der Teamwettbewerb für Männer und Frauen bei den alpinen Skirennen, das Mixed-Doppel im Curling, der Massenstart im Eisschnelllauf und der Big Air im Snowboarden. Der Parallelslalom im Snowboarden ist dagegen gestrichen.
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Soohorang und Bandabi
Für die einen sind es süße Glücksbringer, für andere eine reine Vermarktungsmaschinerie: Der weiße Tiger Soohorang und der Schwarzbär Bandabi, für die Paralympics sind die offziellen Maskottchen in Pyeongchang. Der Name des Tigers setzt sich aus den koreanischen Wörtern für Schutz und Tiger zusammen und soll die enge Verbindung zwischen den Spielen und der Umwelt symbolisieren.
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Umweltzerstörung
Ein knuffiger Tiger und eine neue Begriffsfindung können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen: Bei der Vorbereitung Olympischer Spiele wird immer auch die Natur in Mitleidenschaft gezogen. Für die Spiele in Pyeongchang wurden für elf alpine Skirennen im Urwald am Mount Gariwang rund 58.000 Bäume gefällt - einige davon um die 500 Jahre alt. Darunter auch der seltene Wangsasre-Baum, eine Birkenart.
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Kufenliebhaber
Südkorea hat die Winterspiele, die Bevölkerung interessiert sich aber eigentlich nur für die Kufendisziplinen, konkret Eiskunstlauf und Eisschnelllauf und da insbesondere Shorttrack. Die Disziplin ist koreanischer Nationalsport - zumindest, was den Wintersport angeht. Beim Weltcup in Pyeongchang Ende vergangenen Jahres stömten an drei Wettkampftagen 30.000 Zuschauer in die Halle.
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Nachhaltiger Eistempel
Und zwar in die kurz zuvor fertig gestellte neue Ice Arena in Gangneung. Innen birgt sie zwei Eisbahnen, ein für Wettkämpfe, die andere zum Traineren. Das Gebäude hat vier überirdische und zwei unterirdische Stockwerke. Es gibt ein umweltfreundliches Kühlungssystem für das Eis. Nach den Spielen soll die Halle von der Bevölkerung als Freizeitanlage genutzt werden.
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Nicht der Renner
Für die meisten anderen Wintersportarten haben die Südkoreaner traditionell nicht viel übrig. Nordische Kombination, Langlauf, Biathlon? Da werden wohl einige Tribünenplätze leer bleiben, wie hier beim Weltcup vor wenigen Tagen. Dabei wurde das Erholungs- und Wintersportzentrum Alpensia, wo die Wettkämpfe in den genannten Sportarten ausgetragen werden, für eine Milliarde Euro neu gebaut.
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Absturzgefahr
Ähnlich ist es beim Skispringen: Der deutsche Trainer Wolfgang Hartmann soll das heimische Team fit machen für 2018. In einer Sportart ohne Tradition, ohne viel Geld oder sonstige Unterstützung ist es auch nach Jahren ein großer Erfolg, wenn ein Südkoreaner die Qualifikation übersteht. Die einzige bedeutsame Schanze steht im Ressort Alpensia. Meist weht hier aber zu viel Wind, um zu trainieren.
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Deutscher Hoffnungskanal
Aber vielleicht können sich die Einheimischen ja für die schnellen, technikorientierten Wintersportarten begeistern wie Rodeln, Bob und Skeleton? Immerhin rasen die Sportler mit etwa 130 Kilometer die Stunde den Eiskanal herunter. In den drei Sportarten versprechen sich zumindest die deutschen Athleten die eine oder andere Goldmedaille.
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"Asiatisches Arbeitereis"
"Wir müssen uns wohl um die Qualität der Anlagen nicht viele Gedanken machen. Die Koreaner wollen alles perfekt machen und werden zu Olympia einiges auf die Beine stellen", sagt der deutsche Eissprinter Nico Ihle, der bei der WM in Südkorea ein Jahr vor den Spielen die Eislaufbahn testen kann. "Klar, es gibt noch viele Baustellen. Aber ich erwarte ein typisches asiatisches Arbeitereis".
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Wie auch immer die Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang am 9. Februar des kommenden Jahres aussehen wird, die Vorbereitungen auf das Mega-Event stellen eine willkommene Abwechslung zu dem Chaos dar, das den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro vorausgegangen war.
Laut eines Berichtes der Nachrichtenagentur AFP stehen nahezu alle zwölf Austragungsorte, auch die für die neuen Disziplinen Big Air Snowboarding, Mixed Double Curling, Mass Start Speedskating und Alpine Team Skiing, kurz vor der endgültigen Fertigstellung.
Lediglich die neue Skipiste für Downhill Events bildet da eine Ausnahme. An keinem Veranstaltungsort gibt es Berge, die hoch genug wären für den benötigten vertikalen Sprung. Doch auch die neue Anlage ist bereits zu 85 Prozent fertig.
Fehlende Skitradition
Pyeongchang ist nach den japanischen Städten Sapporo (1972) und Nagano (1998) der dritte ostasiatische Gastgeber der Olympischen Winterspiele. Bereits 2010 und 2014 bewarb sich die Stadt um die Austragung der Spiele, jedoch erfolglos.
Schnell kamen in Pyeongchang Befürchtungen auf, dass die Wintersportfans aufgrund des Austragungsortes das Interesse an den Spielen 2018 verlieren könnten. Die Veranstalter erkannten das Problem jedoch und suchten nach Lösungen.
"Es ist eine Grundsatzfrage", teilte der Geschäftsführer der Olympischen Spiele des IOC, Christophe Dubi, mit. "Wir müssen diese Spiele den Leuten schmackhaft machen. Das ist die Herausforderung die wir heute haben. Wir müssen die Spiele für die Menschen in Korea und den Rest der Welt interessant gestalten", erläuterte er. Darüber habe man mit den Veranstaltern in Pyeongchang auch offen gesprochen, ergänzte Dubi.
"Weder Euphorie noch Ablehnung"
Berichte aus Pyeongchang lassen vermuten, dass die Menschen zwar glücklich und stolz sind, Gastgeber der Spiele zu sein, doch überschwängliche Freude sucht man bei ihnen vergebens. So schreibt die Zeitung "Chosun Ilbo", dass die Einheimischen in puncto Winterspiele 2018 weder "Euphorie noch Ablehnung" empfänden.
In der Stadt selbst sind im Moment noch kaum Anhaltspunkte dafür zu finden, dass dort bald eines der größten internationalen Sportevents stattfinden wird. Ganz im Gegensatz zu dem Austragungsort der Winterspiele 2022 in China. In Peking werben schon jetzt, fünf Jahre vor Beginn, unzählige Werbetafeln an Stadien und Straßen rund um die Austragungsstätten für die Wettbewerbe.
Die Veranstalter in Südkorea versprechen den besorgten Fans sich mehr Mühe zu geben, die Spiele bald sehr viel aggressiver zu bewerben. "Ab dem 9. Februar gibt es Werbeaktionen, wir werden unser Marketing in Korea und der ganzen Welt beschleunigen", so Lee Hee-Beom, Präsident und Chef des Pyeongchang Organising Committee for the Olympic Games (POCOG).
Unterschiedliche Ticketpreise
Die Wintersportfans, die die Wettkämpfe hautnah vor Ort erleben wollen, müssen sich bei den Hauptevents auf hohe Eintrittspreise einstellen. Karten etwa für die Eröffnungszeremonie und das Eishockey-Finale der Männer werden für umgerechnet rund 1225 Euro verkauft. Demgegenüber sind die Tickets für weniger populäre Wettkämpfe wesentlich billiger zu bekommen. Sie sind schon für umgerechnet rund 16 Euro zu haben.
Wenn die Veranstalter in Pyeongchang allerdings allzu sehr auf den neuen Wintersport-Enthusiasmus in China vertrauen und auf zahlreiche Besucher aus dem Nachbarland bauen, könnten sie möglicherweise bitter enttäuscht werden. Denn die Zahl der chinesischen Touristen ist zwischen 30 und 50 Prozent gesunken, nachdem Peking seinen Unmut über die von Südkorea geplante Stationierung eines US-Raketen Abwehrsystems zum Ausdruck brachte.
Das Abwehrsystem THAAD soll als Antwort auf die Atomtests Nordkoreas installiert werden. Sollte die südkoreanische Regierung an diesen Plänen festhalten, wird befürchtet, dass die Besucherzahlen in Südkorea noch weiter zurück gehen werden. Und das würde den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang, trotz aller guten Organisationsarbeit ein Jahr vor der Eröffnung, nicht gut tun.