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Technik

Verkehrsexperte: "Wir müssen uns der Zukunft stellen"

Hanna Pütz
13. Oktober 2016

Der Bundesrat hat im September das Aus für Benzin- und Dieselautos empfohlen. Was das für Wirtschaft und Politik bedeuten würde und warum China ein Vorbild sein sollte, erklärt der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Symbolbild Auspuff Abgas VW Volkswagen Skandal Diesel AU Abgassonderuntersuchung
Bild: picture-alliance/dpa/Jan Woitas

Deutsche Welle: Am Wochenende hat eine Empfehlung des Bundesrats für Aufsehen gesorgt. Darin spricht sich die Länderkammer für ein Verbot von Benzin- und Dieselautos ab 2030 aus. Heißt das, dass alle Autobesitzer ihren alten Wagen zum Schrottplatz fahren müssen, wenn es soweit ist?

Ferdinand Dudenhöffer: Nein, Autobesitzer müssen ihren Wagen nicht abgeben. Aber wenn sie sich einen neuen Wagen kaufen wollen, dann müssen sie eben auf Elektroautos zurückgreifen. Auch jetzt gibt es schon Elektro-Fahrzeuge, die Reichweiten von über 350 Kilometern haben. Das wird bis dahin der Standard sein. Für die Kunden bedeutet das dann, dass in Zukunft genauso gut mit diesen Fahrzeugen fahren können wie mit den heutigen - nur dass es für Umwelt und Gesundheit besser und schöner ist. Das gilt auch für die Städte, die dadurch dann deutlich lebenswerter werden.

Fast alle im Bundesrat vertretenen Kräfte haben dem zugestimmt, auch SPD und Union. Kann der Vorschlag somit nun einfach umgesetzt werden?

Der Beschluss hat keine gesetzgeberische Wirkung, aber wir sind gut beraten, die Empfehlung des Bundesrats aufzunehmen und Schritte in diese Richtung zu gehen. Wir können es schaffen. Wenn nicht, werden wir ein Problem haben. Deutschland wird um 2030 rund zwei Prozent aller verkauften Fahrzeuge stellen. Das ist auf dem Weltmarkt nahezu unbedeutend.

Der wichtigste Markt ist China. Die Chinesen sind schon heute mit 25 Prozent dabei. Die fahren mit Vollgas in die Elektromobilität herein. Wer dort Autos verkaufen will, muss auf Elektroautos setzen. Für die, die das nicht machen, wird es schlecht aussehen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lehnt das Verbot ab. Ein komplettes Aus von Verbrennungsmotoren ab 2030 sei "vollkommen unrealistisch". Hat er recht?

Nein, das ist falsch. Die CDU/CSU und auch die SPD bekämpfen dieses Verbot aus einer falsch verstandenen Sympathie für die Automobilhersteller, den ADAC und die IG Metall, die sich natürlich gegen das Verbot aussprechen. Außerdem sind Politiker in ihren Entscheidungen oft rückwärts gewandt, weil sie glauben, die Wähler damit zu sichern, nach dem Motto: was in der Vergangenheit funktioniert hat, wird auch wieder klappen. Aber wenn das den technischen Fortschritt aufhält, tut sich damit niemand einen Gefallen.

Im Bundestag haben aber fast alle Kräfte zugestimmt - das von den Grünen regierte Baden-Württemberg hingegen hat sich gegen das Votum ausgesprochen.

Das zeigt nur, dass oft mit zwei Stimmen gesprochen wird. Jetzt stimmen alle irgendwo zu, aber wenn man die Wahl gewinnen will und der Konflikt zu groß wird, dann redet man sich raus.

Der Automobilclub ADAC stellt sich gegen den Ländervorstoß. Einseitige Verbote bestimmter Technologien auf nationaler Ebene seien keine realistische Option. Andere kritisieren, ein Verbot von Verbrennungsmotoren würde Tausende Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie in Gefahr bringen würde. Was sagen Sie dazu?

Dazu sage ich: Das Gegenteil wird passieren, wenn Deutschland das Verbot nicht durchsetzt. Dann gehen Hundertrausende Arbeitsplätze verloren. Die Deutschen gehören zu den wenigen, die nichts für die Umstellung tun. Wenn das so bleibt, wird der deutsche Automarkt in 20 oder 30 Jahren so unwichtig sein wie heute der Automarkt von Chile. Wir können also überlegen, ob wir mit dem ADAC auf einer einsamen Insel sitzen bleiben wollen oder ob wir uns der Zukunft stellen und neue, spannende Arbeitsplätze schaffen wollen.

Welche Anreize müsste die Politik schaffen, damit das Verbot sich durchsetzen lässt?

Zuerst müsste die Dieselsteuer so angepasst werden, dass sie wie beim Benziner ist und er Kraftstoff nicht künstlich mit 18 Cent Steuern subventioniert wird. Das gibt dem Autofahrer permanent das falsche Signal, dass Diesel billig ist.

Ist China in der Hinsicht ein Vorbild für Deutschland?

Ja sicher. Vielerorts sind Zweitaktmotoren dort schon seit Jahren verboten, viele bewegen sich mit Elektrorollen. 2050 ist die Luft dort besser als hier im Ruhrgebiet, wenn es so weitergeht. Die Chinesen sind unendlich schnell bei der Umsetzung von Innovationen - das sollte sich Deutschland zum Vorbild nehmen.

Was für ein Auto fahren Sie denn?

Noch fahre ich einen Diesel. Den werde ich verkaufen und mir im kommenden Jahr einen Tesla zulegen. Das Elektroauto kostet um die 35.000 Euro und ist vergleichbar mit Mercedes, aber deutlich umweltfreundlicher.

Ferdinand Dudenhöffer ist Automobilexperte der Universität Duisburg-Essen.

Das Interview führte Hanna Pütz.

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