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Verliert die US-Wirtschaft den Anschluss?

Uta Steinwehr (Washington)23. April 2016

In Hannover startet die weltgrößte Industriemesse. Partnerland sind die USA, auch Präsident Obama kommt vorbei. Die US-Industrie hat viel von ihrer einstigen Stärke eingebüßt. Uta Steinwehr aus Washington.

USA Fracking Vorteile für die Industrie Chemiefabrik in Geismar Louisiana
Bild: Reuters

Der Zukunft voraus – Forschung in den USA

03:58

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"Besser als so lala, aber mäßig", "ungefähr so gut wie man erhoffen konnte" oder "Das Glas ist halb voll - oder halb leer". So antworten Experten von führenden US-Denkfabriken auf die Frage, wie es der US-Wirtschaft geht. Ein Faktor, den sie positiv bewerten, ist die Arbeitslosenquote. Die liegt momentan bei fünf Prozent und damit fast auf dem Niveau von vor der Finanzkrise. Gerade für gut ausgebildete Menschen ist der Arbeitsmarkt weniger angespannt, es gibt also viele freie Stellen. "Es ist aber immer noch ziemlich schwierig für jemanden, der keinen Highschool-Abschluss hat", sagt Mark Calabria vom marktliberalen Cato-Institut.

Calabria warnt, dass die vermeintlich gute Arbeitslosenquote trügerisch sein kann, wenn man nicht den Trend zu Teilzeitjobs beachtet. Die Arbeitgeber hätten in den vergangenen Jahren dazu tendiert, ihre Beschäftigten weniger Stunden arbeiten zu lassen. "Wenn eine Person 40 Stunden pro Woche arbeitet und man stellt ihr zwei Personen gegenüber, die je 20 Stunden arbeiten, dann ergeben letztere zwar zwei Jobs, aber es bedeutet immer noch 40 Stunden Arbeit pro Woche." Dies sei eine versteckte Unterbeschäftigung.

Schwachstelle Produktivität

Ein zentraler Punkt lässt die Experten verhalten auf die US-Wirtschaft blicken: Das Produktivitätswachstum hält mit dem Anstieg der Löhne nicht mit. Kein Ökonom hat etwas gegen steigende Löhne, solange die Produktivität, also der Output pro eingesetzter Einheit an Kapital oder Arbeit schneller steigt als das Lohnniveau. Steigen jedoch die Löhne schneller als das Produktivitätswachstum, verliert die Volkswirtschaft im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit.

Produktivität ist eng verknüpft mit Innovationen, neuen Technologien, die Arbeitsprozesse verändern. Bobby Bosworth von der links ausgerichteten Brookings Institution zufolge waren die USA in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich darin, neue Technologien einzusetzen, die ersten auf vielen Gebieten zu sein. Aber: "Es sieht so aus, als wenn der Hochtechnologie-Sektor in den USA stagniert." Zwar habe es viele kleine Innovationen gegeben, vieles davon werde aber letztlich außerhalb der USA umgesetzt. Andere Länder wie China hätten aufgeholt, die USA stünden in dem Punkt längst nicht mehr alleine an der Spitze.

Bosworth sieht zwar einen Vorteil in dem fehlenden Produktivitätswachstum: "Man kann viele Jobs schaffen, denn nur sehr wenige Menschen werden überflüssig."Gleichzeitig bedeute es aber, dass sich der Lebensstandard nicht verbessert. Letztlich könne man von außen aber nicht viel ändern, um Produktivität zu steigern. "Produktivität ist eines der Dinge, das sehr im privaten Sektor liegen", so Bosworth. "Die Politik kann das nicht wirklich direkt beeinflussen. Und Ökonomen sind nicht sehr gut darin, eine Änderung der Produktivität vorherzusehen.“

Schwachstellen Bildung und Infrastruktur

Dass die Politik nichts machen kann, dem würde Joseph Gagnon vom als neutral angesehenen Peterson Institut widersprechen. Er sieht es als sehr wichtige Aufgabe des Staates an, für gut ausgebildete Arbeitskräfte zu sorgen. "Die am besten gebildeten US-Amerikaner sind die besten in der Welt. Aber wenn man nicht zur Universität geht, liegt man weit darunter. Wir haben mehr Ungleichheit in der Bildung als andere Länder. Das müssen wir beheben." Diese Kluft in der Bildung trage entscheidend zur Ungleichheit im Einkommen bei. Denn auch höhere Bildung führe zu einer steigenden Produktivität und somit zu höheren Löhnen, so die Ökonomen.

Ein weiteres langfristiges strukturelles Problem für die US-Wirtschaft wird laut Gagnon die Infrastruktur werden. "Vor 30 Jahren hatten wir die beste Infrastruktur der Welt. Aber seitdem haben wir sie nicht gewartet." Die Vorfälle häufen sich: bleiverseuchtes Trinkwasser in Flint, Michigan. U-Bahn-Systeme in Washington, D.C. und New York, die schlecht Instand gehalten wurden, sodass man sich von Störung zu Störung schleppt. Straßen und Brücken müssten erneuert, der öffentliche Nahverkehr erweitert werden. "Wir fallen hinter dem Rest der Welt zurück. Und das liegt offensichtlich im Arbeitsbereich der Regierung“, so Gagnon.

Kommt bald die Wende?

Der starke Dollar macht es seit zwei Jahren schwierig, us-amerikanische Waren zu exportieren. Sie sind auf dem Weltmarkt einfach zu teuer. Gleichzeitig sind die Importe aber hoch. Bobby Bosworth vom Brookings Institut sagt: "Das kann nicht lange so weiter gehen, denn ein wachsendes Handelsdefizit bremst die Wirtschaft. Auch politisch spaltet das Thema." Er denkt aber auch, dass Teile der Ursachen außerhalb der USA liegen, dass sich die globale Wirtschaft verschlechtert, was nicht direkt von der US-Wirtschaftspolitik beeinflusst werden kann.

Mark Calabria vom Cato Institut glaubt, dass das Maximum fast erreicht ist: "Die Wirtschaft wird dieses Jahr noch ziemlich gut laufen, aber es könnte gut und gerne das letzte anständige Jahr sein." Er prognostiziert den Wendepunkt für Ende 2017, Anfang 2018. Wenn die Menschen nicht produktiver werden, durch Investitionen in Bildung und Ausrüstung, dann könnten auch die Ausgaben der Konsumenten und Anlagen nicht weiter wachsen, sagt der Ökonom.

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