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Vernissage auf Video

6. Juli 2009

Sie interessieren sich für Kunst? Bleiben aber am liebsten zuhause? Kein Problem. Denn die Kunst kommt kostenlos ins Wohnzimmer. Die Macher des Video-Blogs Vernissage.tv zeigen viel und sagen wenig.

Eine Dame mit Spezialbrille sitzt vor einem Fernseher (Foto: dpa)
Diese Dame geht schon lange nicht mehr auf AusstellungseröffnungenBild: picture-alliance / akg-images

Ich war noch nie auf der Biennale in Venedig. Ich war überhaupt noch nicht in Venedig. Meine Mutter hat mich damals nicht mitgenommen. Und damit wären wir auch gleich direkt beim Thema: "Was du liebst, bringt dich auch zum Weinen." So heißt die aktuellen Arbeit des deutschen Künstlers Tobias Rehberger auf der Biennale.


50.000 Downloads


Rehberger hat schwarze Ellipsen auf Boden und Wände gemalt, eine Frau die sich ein bisschen im Kreis dreht, dazugestellt und dafür gleich am Anfang der Biennale 2009 eine kleine goldene Löwen-Trophäe eingeheimst. Gesehen habe ich die Ellipsen, die Frau und die gesamte - natürlich weitaus komplexere - Rauminstallation in einem kleinen Video im Kunstblog Vernissage.tv.


Vernissage.tv gibt es seit September 2005. Inzwischen gibt es mehr als 1100 Videos auf der Seite und ungefähr 50.000 Downloads pro Tag. "Mittlerweile ist das echt groß", sagt Heinrich Schmidt, der Vernissage.tv mit zwei Kollegen und zahlreichen freien Korrespondenten in verschiedenen Städten betreibt. Angefangen hat die Sache - wie die meisten guten Sachen - per Zufall. Für einen befreundeten Architekten sollte Schmidt eine Website basteln und eine Ausstellung dokumentieren, inklusive Video.

Diamanten-Pepsi

"Wir haben schnell gemerkt, dass das echt viel Spaß macht, nicht nur die Arbeiten im Museum zu zeigen, sondern auch die Leute, die die Arbeiten anschauen", erzählt Schmidt, und erklärt damit ein Grundkonzept der so genannten No-Comment-Videos: "Die normale Berichterstattung im Fernsehen hat ja immer einen Kommentator. Da wird alles kurz und bündig zusammengefasst und aufbereitet. Das wollen wir eben gerade nicht", sagt Schmidt.



Bild: www.vernissage.tv

Auf Vernissage.tv gibt es Videos mit Originalton. Nur mit Originalton. "Wir wollen die Leute möglichst authentisch auf eine Ausstellung mitnehmen", so Schmidt. Denn Kunstkritik, die gebe es ja bereits anderswo. Hinzu kommen Interview-Videos mit Künstlern, Galeristen, Kunstkennern oder eben auch mal mit dem Pop-Produzenten Pharell Williams. Der erzählt, wie es war mit dem japanischen Künstler Takashi Murakami eine Pepsi-Dose mit Tausenden von Diamanten zu bekleben.

Ohne Businessplan

Die kleinen Video-Dokumentationen der internationalen Kunstszene sind kurzweilig, nett und informativ - eine gute Ergänzung: zum Kunstmagazin-Abo, zum täglichen Feuilleton oder dem Museumsbesuch am Wochenende. "Der Anspruch ist, das zu machen, was uns gefällt", sagt Schmidt. Einen richtigen Businessplan gibt es auch im Jahr vier nach Gründung von Vernissage.tv nicht. Das Projekt trägt sich inzwischen trotzdem langsam selbst - dank Werbung und Kooperationen.

Autor: Marcus Bösch
Redaktion: Elena Singer