Es wird ernst
1. Dezember 2011Die Europäische Union zieht die Daumenschrauben an gegenüber dem Iran und Syrien. Bei ihrer Zusammenkunft am Donnerstag (01.12.2011) in Brüssel beschlossen die 27 Außenminister, dass weitere zwölf syrische Führungspersonen nicht mehr in die EU einreisen dürfen, elf weitere Unternehmen wurden von Geschäften mit der Union ausgenommen. Auch der Finanzsektor ist betroffen. Damit will die EU den syrischen Staatschef Baschar al-Assad zu einem Ende der blutigen Unterdrückung der Opposition bewegen.
Mit Blick auf den Iran stehen jetzt noch weitere 180 Personen und Unternehmen auf der schwarzen Liste der EU. Die Außenminister reagieren damit auf einen Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde, demzufolge der Iran dabei ist, Atombomben zu bauen.
Empörung über Stürmung der britischen Botschaft
Die Außenminister legen Wert darauf, ihren Beschluss von der Reaktion auf die Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran zu trennen. In der gemeinsamen Erklärung heißt es unter anderem: "Der Rat sieht dieses Vorgehen gegen das Vereinigte Königreich als Vorgehen gegen die Europäische Union als Ganze." Die EU will auf nicht näher beschriebene Weise darauf reagieren. Großbritannien hat inzwischen seine Botschaft in Teheran geschlossen. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle sagte in Brüssel, er habe Großbritannien angeboten, den konsularischen Schutz seiner Staatsangehörigen im Iran zu übernehmen. Gleichzeitig verurteilte er die Art, wie die iranischen Behörden mit dem Vorfall umgegangen sind. "Die Angelegenheit abzutun auf ein paar demonstrierende Studenten geht in der Sache fehl, denn ein Staat hat die Verpflichtung, den Schutz der diplomatischen Vertretungen, die er im eigenen Lande beherbergt, sicherzustellen."
Zufrieden über die Reaktion seiner Amtskollegen zeigte sich der britische Außenminister William Hague. "Ich bin sehr beeindruckt von der nachdrücklichen Unterstützung der übrigen EU in dieser Sache und angesichts des schweren Bruchs des Wiener Übereinkommens", einer Konvention von 1961, die unter anderem den Schutz von ausländischen Vertretungen regelt.
Erst ein Ende der Öl- und Finanzgeschäfte würde wirklich wehtun
Neben den beschlossenen Maßnahmen bereitet die EU noch weitere Sanktionen vor allem auf dem Energie- und im Finanzsektor vor. Westerwelle sagte, es bestünden hier "noch immer Verbindungen auch in Richtung Europa, die aus unserer Sicht gekappt werden sollten". Es gelte, "die Quellen für das iranische Atomprogramm auszutrocknen". Sanktionen im Energie- und Finanzbereich dürften den Iran tatsächlich sehr viel härter treffen als die bisherigen Maßnahmen. Es dürfte auch kein Zufall sein, dass die britische Botschaft gestürmt wurde, nachdem London finanzielle Sanktionen verhängt hatte.
Ein Ölembargo würde allerdings auch Staaten der Europäischen Union treffen. Italien und Griechenland decken einen großen Teil ihres Ölbedarfs aus dem Iran. Ausfälle könnten nach Meinung des französischen Außenministers Alain Juppé aber durch andere Lieferländer ausgeglichen werden. Beschlüsse zu einem Öl- und Finanzembargo könnten bei einem Ministerrat im Januar fallen.
Irans "ideologischer Imperialismus"
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zog eine Verbindung zwischen den Vorgängen im Iran und der Niederschlagung der Opposition in dessen befreundetem Nachbarland Syrien. "Es könnte ja sein, dass ein neues Regime in Syrien nicht mehr so Iran-treu ist. Ich hoffe nur, dass der iranische ideologische Imperialismus gebremst werden kann." Im Falle der Syrien-Sanktionen haben die EU und die Arabische Liga zusammengearbeitet. Nabil el-Arabi, der Generalsekretär der Liga, war auch bei den Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel dabei. Die Liga hatte am vergangenen Wochenende weitreichende Handelssanktionen beschlossen.
Für Westerwelle ist das eine sehr ermutigende Entwicklung. "Die Tatsache, dass die Europäische Union und die Arabische Liga sich austauschen und gemeinsam besprechen, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Repression in Syrien zu beenden, das ist schon ein ganz besonderer Vorgang".
Im Fall Libyens hatte ein Zusammenwirken der NATO und der Arabischen Liga sowie die Rückendeckung durch den Weltsicherheitsrat die Militärintervention gegen Staatschef Muammar al-Gaddafi möglich gemacht. Etwas Ähnliches ist allerdings in Syrien bisher nicht zu erwarten.
Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Tamas Szabo/ Susanne Eickenfonder