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USA und Russland im Stimmungstief

Gero Schließ, Washington D.C.9. August 2013

Vielleicht könnte ein klärendes Gespräch helfen. Doch genau das haben Obama und Putin nicht vor. Der Moskau-Besuch ist storniert, die Stimmung im Keller. Beobachter fühlen sich schon an ganz eisige Zeiten erinnert.

Barack Obama (Foto: Jim Watson/AFP/Getty Images)
Bild: Jim Watson/AFP/Getty Images

Die Verstimmung ist tiefgehend im Weißen Haus. So tiefgehend, dass Präsident Obama mit seiner beispiellosen Absage des für Anfang September geplanten Treffens in Moskau mit Russlands Präsident Wladimir Putin eine weitere Eskalation riskiert. Dabei ist das Verhältnis zwischen beiden Ländern ohnehin angespannt. Ist Obamas Entscheidung politisch klug? Oder hat er seiner persönlichen Verärgerung freien Lauf gelassen und innenpolitischem Druck nachgegeben?

Obamas Begründung: Er beklagt mangelnde Fortschritte in fast allen wichtigen Politikfeldern. Von der Abrüstung über die Handel- und Wirtschaftsbeziehungen bis hin zu globalen Sicherheitsfragen und den Menschenrechten gehe es nicht voran. Die Entscheidung der russischen Behörden, dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter und Wikileaks-Informanten Edward Snowden Asyl zu gewähren, erwähnte Obama zuletzt. Sie war wohl der letzte Auslöser für seine Absage.

Experte: Besuchsabsage ist ein Fehler

Matthew Rojanski vom Washingtoner Kennan-Institute hält Obamas Absage für falsch: "Es ist vor allem ein Fehler, die Absage zu verkünden, bevor das sogenannte 'Zwei plus Zwei'-Treffen der beiden Verteidigungs- und Außenminister an diesem Freitag stattfindet." Somit sind von den in Washington stattfindenden Gesprächen keine fruchtbaren Impulse zu erwarten. Die einzige "gute" Nachricht in diesem Zusammenhang: Obama wird zumindest am G-20 Gipfel in St. Petersburg teilnehmen.

Folgt man Rojanski, dann basiert Obamas Gesprächsabsage auf einer groben Fehleinschätzung der russischen Mentalität: "Es funktioniert nicht, wenn man die Russen bestraft und dann erwartet, dass sie ihren Fehler bemerken und einsehen. Das ist nicht die Dynamik dieser Beziehungen. Eine Vernachlässigung der Russen aus Ärger und Enttäuschung wirkt sich destruktiv aus."

Selbst im kältesten Krieg wurde gesprochen: 1963 installierten USA und Sowjetunion das berühmte "Rote Telefon"Bild: Fotolia/NinaMalyna

Russland fühlt sich nicht als gleichberechtigter Partner

Russlands Reaktion scheint Rojanski recht zu geben. Putins außenpolitischer Berater Yuri Ushakov äußerte umgehend Bedauern und sagte laut der Agentur Reuters, dass man sich seitens der USA nicht als "gleichberechtigter Partner" behandelt fühle.

Auf der anderen Seite hat sich der Ton der Amerikaner verschärft. Senator Chuck Schumer, Mitglied der Demokratischen Partei, sagte am Mittwoch (07.08.2013) dem Fernsehsender CNN, Putin versuche Russland wieder zu einer "großen Macht" zu machen. Es mache keinen Sinn, ihm mittels bilateraler Gespräche "Respekt zu zollen". Bereits am Tag vor der Bekanntgabe seiner Gesprächsabsage hatte Obama den Russen in einem Fernsehinterview vorgehalten, sie seien teilweise wieder angelangt in der "Denkweise und der Mentalität des kalten Krieges".

Welche Rolle spielte innenpolitischer Druck?

Nach Meinung von Beobachtern war Obama nicht frei in seiner Entscheidung: Nachdem der nach Moskau geflohene Edward Snowden von den russischen Behörden eine zeitlich befristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten hatte, forderten einige Senatoren den Boykott der Olympischen Spiele in Sotschi 2014 und die Verlegung des kommenden G 20-Gipfels von St. Petersburg in ein anderes Land. Und von der New York Times bis hin zum Wall Street Journal wurde immer wieder Obamas vermeintliche Nachgiebigkeit gegenüber Russland kritisiert.

Empörung und Enttäuschung sind im Spiel, wenn in Washington über Russland gesprochen wird. Der Fall Snowden hat den Frustrationspegel bei Präsident und Kongress auf seltene Höhen getrieben. Immerhin hat man bereits mit enttäuschten Erwartungen bei der Bewältigung des syrischen Bürgerkriegs und des Irankonflikts zu kämpfen. Der Fall Snowden ist also symptomatisch für eine schwierige Beziehung, die der frisch gewählte Präsident Obama im Jahre 2009 auf "Neuanfang" stellen wollte.

1980 boykottierten die USA die Olympischen Spiele in Moskau - nun wollen US-Politiker, dass ihr Land den Winterspielen 2014 in Sotschi fernbleibtBild: Getty Images

Gegenseitige Abhängigkeit

Auch wenn der "return" bisher mager ausgefallen ist - Matthew Rojanski rät von radikalen Reaktionen ab: "Die Tatsache, dass Russland nicht nach den Erwartungen des Weißen Hauses kooperiert, ist nicht das Gleiche wie zu sagen: Es gibt keine Hoffnung auf Zusammenarbeit, Russland ist unser Gegner. Das sind extreme Schlussfolgerungen aus einer Zeit, als es eine sehr schwierige Beziehung war."

Vermutlich wird man sich in Washington schon auf die Zeit nach Putin vorbereiten. Bis dahin allerdings heißt es, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. Auch mit der Konsequenz, dass Russland als Partner für die USA an Bedeutung verliert. "Das ist eine Beziehung, die von sekundärer Bedeutung sein wird", sagt Rojanski der Deutschen Welle. Aber "zweitrangig für alle wichtigen nationalen Interessen der Amerikaner" heißt für ihn immer noch: Die USA können es sich nicht leisten, die Russen links liegen lassen. "Russland sitzt überall mit am Tisch und unser Problem wird sein, dass die Russen sich jetzt immer stärker als Gegenspieler profilieren werden. Es bringt nichts, Feuer mit Feuer zu bekämpfen."

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