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Politik

AKK - Vertrauen auf Befehl

Maximiliane Koschyk | Peter Hille
24. Juli 2019

Seit einer Woche ist sie im Amt. Jetzt leistete Annegret Kramp-Karrenbauer vor dem Bundestag ihren Eid als frisch gebackene Verteidigungsministerin. Bei den Soldaten stößt die Neue allerdings nach wie vor auf Skepsis.

Berlin | Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen
Bild: Reuters/H. Hanschke

Ein Lob und eine Zusage - damit will die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die deutschen Soldaten für sich gewinnen: "Deutschland kann sich auf Sie verlassen", ruft sie der Truppe zu. Und schiebt hinterher: "Und Sie können sich auf mich verlassen."

In ihrem ersten "Tagesbefehl" hatte die neue Befehlshaberin diese Sätze an die Soldaten der Bundeswehr gerichtet. Und bei ihrem ersten großen Auftritt im neuen Amt vor 400 Rekruten wiederholte Kramp-Karrenbauer sie noch einmal. Die jungen Soldaten waren am 20. Juli, dem 75. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler, zur Gelöbnisfeier in Berlin angetreten.

"Schnell eingeschnappt"

Respekt und Vertrauen der Soldaten wird sich Kramp-Karrenbauer jedoch erst erarbeiten müssen. "Das wird nicht einfach für sie", sagt die Bundeswehr-Soldatin Nariman Hammouti-Reinke der DW. "Sie hat sich da den schlimmsten Job ausgesucht", sagt die Offizierin, die als "Leutnant zur See" nahe Bremen ihren Dienst tut und dem Verein "Deutscher Soldat" vorsteht, der sich unter anderem für mehr Vielfalt in der Bundeswehr einsetzt. "Die Truppe ist relativ schnell eingeschnappt. Sie muss halt aufpassen, wie sie sich äußert", sagt Hammouti-Reinke.

Hier an Land: Nariman Hammouti-ReinkeBild: picture-alliance

Die Soldaten hätten mit den Befehlshabern aus der Politik zu viele schlechte Erfahrungen gemacht. Etwa 2017, als Ursula von der Leyen ihren Offizieren ein "Haltungsproblem" im Umgang mit Rechtsextremen vorwarf. Keine vier Tage nach ihrer Ernennung distanzierte sich Kramp-Karrenbauer klar vom Vorwurf ihrer Vorgängerin. "Es gibt keinen Generalverdacht gegen unsere Soldaten", sagte die neue Verteidigungsministerin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Zuhören, Nachdenken

Als vor einer Woche bekannt wurde, dass Kramp-Karrenbauer das Amt Ursula von der Leyens übernimmt, die als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel wechselt, da hielt Hammouti-Reinke das zunächst für einen Scherz. "Das musste ich dann erst mal verarbeiten", erzählt sie. Viele Soldaten hatten sich jemanden an der Spitze gewünscht, der der Bundeswehr näher steht, etwa Staatssekretär Peter Tauber. Der ehemalige CDU-Generalsekretär hat selbst in der Bundeswehr gedient und ist Hauptmann der Reserve.

Wo geht's lang für die Bundeswehr?Bild: Imago Images/photothek/J. Schmitz

Einer Verteidigungsministerin vorzuwerfen, dass sie ungediente Zivilistin ist - das sei "völliger Unsinn", sagt dagegen Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Bundeswehr-Universität in München. "Ein Minister muss keine Erfahrung mit der Truppe haben", sagt Masala im Gespräch mit der DW. "Sie übernimmt ein Haus, das extrem viel Expertise hat. Da gilt es zuzuhören und nachzudenken."

Doppelt belastet

Kramp-Karrenbauers Worte kämen bisher positiv in der Truppe an, meint Masala. "Dem müssen dann auch Taten folgen. Ein richtiges Signal wäre, zu den Soldaten vor Ort zu gehen und zwar nicht nur für nette Fototermine, sondern für ernsthafte Gespräche." Außerdem müsse Kramp-Karrenbauer sich für funktionierendes Material und eine verbesserte Einsatzbereitschaft der Truppe einsetzen.

"Taten müssen folgen", sagt Professor Carlo MasalaBild: imago/Eibner

Und dass sie neben dem Ministeramt noch CDU-Vorsitzende ist? Eine Doppelbelastung, besonders wenn es auf den Wahlkampf 2021 zugeht? Nein, sagt Masala. Angela Merkel sei schließlich 13 Jahre parallel zur Kanzlerschaft Parteivorsitzende gewesen. "Da hat sich keiner die Frage gestellt, ob sie diese Doppelbelastung auch wuppen kann."

Schwergewicht wie Strauß

Jürgen Görlich vom Bundeswehrverband sieht die Doppelrolle sogar als großen Vorteil. "Wir haben jemanden, der ein Schwergewicht in der Politik ist", sagt der Vizevorsitzende des 200.000-Mitglieder starken Verbandes im DW-Gespräch. Das habe es seit Franz-Josef Strauß, in den 1960er Jahren CSU-Chef und gleichzeitig Verteidigungsminister, nicht gegeben. "So ein politisches Schwergewicht hat auch eine gewisse Durchschlagskraft im Kabinett. Und das erwarten wir jetzt eigentlich auch für die Bundeswehr."

Diese Rechnung könnte aufgehen. Die Bundeswehr genieße ab sofort "höchste politische Priorität", hat Kramp-Karrenbauer bereits angekündigt. Sie fordert mehr Geld für die Bundeswehr. Was genau sie damit vorhat, kann die neue Verteidigungsministerin an diesem Mittwoch den Abgeordneten des Bundestages erläutern. Vor Ihnen leistet sie zunächst ihren Amtseid ab und hat dann 15 Minuten Zeit für eine Regierungserklärung. Titel: "In Verantwortung für die Zukunft Deutschlands. Für eine starke Bundeswehr in einer Welt im Wandel." Dafür werden die Abgeordneten des Bundestages aus der Urlaubspause zurück nach Berlin geholt. Und dafür wird im Foyer des Paul-Löbe-Hauses neben dem Reichstag ein provisorischer Parlamentssaal eingerichtet. Der eigentliche Plenarsaal wird derzeit renoviert.

Erstmal abarbeiten

Politik-Professor Masala erwartet, dass Kramp-Karrenbauer in ihrer Regierungserklärung drei Schwerpunkte setzt: erstens ein Bekenntnis zum Verteidigungsbündnis NATO, zweitens zur Fortsetzung der Reformen ihrer Vorgängerin. Und drittens: " Ich glaube, sie wird und sie sollte wiederholen, dass sie auch die Verteidigungsministerin der Soldaten ist. Sie sollte nochmal ein deutliches Signal an die Truppe senden, dass hier eine Ministerin reinkommt, die sich vor allem den Belangen der Soldatinnen und Soldaten widmen wird." Neue Reformideen sollte man von ihr dagegen nicht erwarten, meint Masala. Dafür gebe es zu viele angestoßene Projekte, die zu einem guten Ende geführt werden müssten.

Hammouti-Reinke wünscht sich, dass die neue Verteidigungsministerin für eine bessere Personal- und Materialausstattung der Bundeswehr sorgt und damit fortführt, was Ursula von der Leyen angestoßen habe. "Ich bin Offizier mit Leib und Seele, und ich werde ihr jetzt eine Chance geben". Was sie allerdings nicht wolle: dass die Verteidigungsministerin die Bundeswehr als politische Bühne nutzt, um Punkte auf dem Weg zur Kanzlerschaft zu sammeln. Denn Kramp-Karrenbauers Ambitionen dürften über das Verteidigungsministerium hinausgehen.

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