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Vertreibungs-Pläne befeuern Debatte um AfD

12. Januar 2024

AfD-Politiker und Neonazis sollen über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland gesprochen haben. Die wichtigsten Fakten und mögliche Folgen.

Haus mit einem Stahlgittertor davor
In diesem Gästehaus in Potsdam soll das Treffen im November stattgefunden habenBild: Jens Kalaene/dpa/picture alliance

Das Netzwerk "Correctiv" hatte am 10.Januar über ein Treffen von Politikern der in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) mit Neonazis berichtet. Sie sollen dabei Vertreibungspläne für Millionen Menschen geschmiedet haben.

"Masterplan Remigration" - um was es bei dem Treffen ging

Im Zentrum des Treffens in Potsdam stand ein Thema, dass die Teilnehmer als "Remigration" bezeichnen. Der Begriff steht für die Rückkehr von Einwanderern in ihr Herkunftsland und stammt eigentlich aus den Sozialwissenschaften. 

Rechtspopulistische und rechtsextreme Kreise meinen mit "Remigration" Massenabschiebungen und Vertreibungen. Im Einladungsbrief zu dem Treffen war laut "Correctiv" von einem "Gesamtkonzept, im Sinne eines Masterplans" die Rede.

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Dabei geht es zum einen darum, dass Nicht-Deutsche, etwa Asylsuchende und Menschen, die bereits Aufenthaltsrecht genießen, Deutschland verlassen müssen. Auf dem Treffen in Potsdam wurde jedoch auch die Vertreibung von deutschen Staatsbürgern mit Migrationsgeschichte besprochen, wenn sich diese nicht der Mehrheitsgesellschaft anpassten.

Warum die Abschiebefantasien für Empörung sorgen

Dies würde gegen die in der deutschen Verfassung festgelegten Grundrechte verstoßen. Dazu gehört, dass niemand wegen seiner Abstammung, Rasse, Sprache, oder seiner Heimat und Herkunft benachteiligt werden darf.

Die Berichte über das Potsdamer Treffen sorgten deshalb bei Vertretern politischer Parteien von der Linken bis zur konservativ-bürgerlichen CDU/CSU für Empörung. "Die Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte", schrieb der Fraktionsvorsitzende der liberalen FDP, Christian Dürr. Von 1933 bis 1945 vertrieben und ermordeten die Nationalsozialisten Millionen von Menschen, vor allem Juden.

Dass nun, wenn auch empört, über "Remigration" und damit über Vertreibungen diskutiert wird, dürften rechtsextreme Kreise als Erfolg verbuchen. Ihr Ziel ist oftmals, die gesellschaftliche Debatte so zu verschieben, dass auch bisher Undenkbares wieder möglich erscheint.

Wer an dem Treffen teilgenommen hat

Laut Correctiv hat der rechtsextreme ehemalige Zahnarzt Gernot Mörig das Treffen organisiert, das am 25.November 2023 im "Landhaus Adlon" stattfand. Er und der Unternehmer Hans-Christian Limmer hätten in ihrem Einladungsschreiben um eine Mindestspende von 5.000 Euro für die Teilnahme gebeten. 

Von Seiten der AfD sei unter anderem Roland Hartwig, Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel, der Einladung gefolgt, sowie die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy und der Co-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund. Auch einige Parteimitglieder der konservativen CDU sollen teilgenommen haben. Ihnen drohte Generalsekretär Carsten Linnemann nun mit "hartem Durchgreifen".

AfD-Chefin Alice Weidel und ihr Berater Roland HartwigBild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

Wichtigster Gast dürfte jedoch Martin Sellner gewesen sein. Der Österreicher gilt als Vordenker der "Neuen Rechten" sowie der rechtsextremen "Identitären Bewegung" und verfügt über eine hohe mediale Reichweite. In Potsdam sollte er seine Vorstellungen von "Remigration" darlegen.

Der rechtsextreme Martin Sellner - hier am 4.Mai 2023 wegen des Verdachtes der Verhetzung vor Gericht in WienBild: GEORG HOCHMUTH/APA/picture alliance

Diese hat Sellner bereits in Aufsätzen veröffentlicht. Dabei schrieb er nicht nur, dass primär "Asylbetrüger" und "Nichtstaatsbürger, die eine kulturelle, wirtschaftliche und kriminologische Belastung darstellen", abgeschoben werden müssten. Er schloss auch "nichtassimilierte Eingebürgerte" mit ein.

Wie die AfD zu Abschiebung und Vertreibungen steht

"Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben" - das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz von der sozialdemokratischen SPD im vergangenen Herbst in einem Interview mit dem "Spiegel". Diese Einschätzung teilen viele Politiker der Ampel-Regierung wie auch der oppositionellen CDU/CSU.

Die Forderungen der AfD reichen weiter: Bereits seit Jahren sprechen AfD-Politiker von "massenhaften", "millionenfachen" Abschiebungen. Die AfD hat sich dabei auch den Begriff "Remigration" zu eigen gemacht. Doch nicht immer ist klar – oder es wird bewusst unklar gelassen – wen genau dies genau betreffen würde.

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Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb am 11.Januar auf dem Kurznachrichtendienst X, offensichtlich als Reaktion auf die Diskussion der Vertreibungspläne: "Wir laden Deutsche mit Migrationsgeschichte ein, zusammen die Wende zum Guten zu schaffen."

Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 hatte die Partei eine "Remigrationsagenda" aufgestellt. Am 10.Januar schrieb die AfD auf X von "konsequenter und unbeirrbarer Remigrationspolitik" und forderte "Passentzug für Kriminelle und Remigration". 

Auch die CDU will Straftätern leichter den deutschen Pass entziehen können. Doch das ist rechtlich schwer möglich. Eine Entlassung aus der Staatsbürgerschaft in die Staatenlosigkeit etwa ist nicht erlaubt. Auch anerkannte Flüchtlinge dürfen laut Gesetz nur aus Gründen der "nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" abgeschoben werden. 

Hohe Hürden - warum ein Verbot der AfD umstritten ist

Seit Bekanntwerden der in Potsdam diskutierten Vertreibungspläne sind Stimmen lauter geworden, die ein Verbot der AfD fordern. Laut Umfragen spricht sich etwa die Hälfte der Deutschen für ein Verbotsverfahren aus.

Es gebe gute Gründe, dass der Verfassungsschutz die AfD beobachte, sagte Thomas Strobl, CDU-Innenminister im Bundesland Baden-Württemberg. "Wenn der Verfassungsschutz und die Sicherheitsbehörden hier ausreichend Erkenntnisse für ein Verbotsverfahren sehen, dann ist die Frage eines Verbots der Partei zu beantworten", so Strobl im Gespräch mit dem Südwestrundfunk. 

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Nur das Bundesverfassungsgericht kann in Deutschland eine politische Partei verbieten. Zuletzt ist dies im Jahr 1956 geschehen, als die kommunistische KPD verboten wurde. Das Grundgesetz legt fest, dass eine Partei nur dann als verfassungsfeindlich gilt, wenn sie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder versucht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

"Wir müssen die AfD mit politischen Mitteln bekämpfen und nicht juristisch", sagte CDU-Chef Friedrich Merz am 12.Januar der "Rhein-Neckar-Zeitung". Man solle der AfD nicht dabei helfen, sich im Rahmen eines Verbotsverfahrens auch noch als Opfer zu gerieren. Die AfD ist derzeit die zweitstärkste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag. Bei Neuwahlen könnte sie laut Umfragen mit mehr als 20 Prozent der Stimmen rechnen.

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