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Politik

Vestager schließt Corona-Bonds nicht aus

4. April 2020

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager hat sich im Streit um sogenannte Corona-Bonds für eine Diskussion ohne Tabus ausgesprochen. Die EU stehe wegen der Pandemie vor einer nie da gewesenen Wirtschaftskrise, sagte sie.

EU-Kommission untersagt Bahnfusion von Siemens und Alstom - Margrethe Vestager
EU-Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager hat sich in die Diskussion um Corona-Bonds eingemischtBild: Reuters/Y. Herman

Jedes Unternehmen sei auf die eine oder andere Weise von den Folgen von Corona betroffen, sagte die EU-Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager der "Wirtschaftswoche" und anderen europäischen Medien. "Es ist wahrscheinlich, dass alte Lösungen nicht funktionieren werden", sagte sie weiter. Eine Vergemeinschaftung von Schulden schloss sie daher nicht explizit aus.

"Wir brauchen ein europäisches Konjunkturprogramm"

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni äußerte sich dagegen konkreter. Er sprach sich In der Debatte über europäische Corona-Bonds zur Bewältigung der finanziellen Folgen der Corona-Krise für gemeinsame Anleihen der EU-Mitglieder aus. “Wir brauchen ein europäisches Konjunkturprogramm und das sollte durch die Ausgabe von Anleihen finanziert werden“, sagte Gentiloni der Zeitung “Die Welt“. Die Ausgabe von Anleihen solle zweckgebunden sein und eine einmalige Maßnahme in außergewöhnlichen andere nordeuropäische Länder können das akzeptieren“, so Gentiloni weiter.

Auch EU-Außenbeauftragter Josep Borrell wirbt für eine europäische LösungBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Auch der aus Spanien stammende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warb für diese Lösung. Europa habe die Mittel, um solidarisch zu handeln, schrieb Borrell in einem Beitrag für die französische Zeitung “Le Monde“. “Und dafür müssen wir Kreativität und Pragmatismus beweisen, sonst werden sich die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen fragen, wofür Europa steht, wenn es nicht in der Lage ist, Antworten auf ihre lebenswichtigen Anliegen zu geben, mahnte Borrell.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Mitgliedstaaten am Freitag im Streit um Finanzhilfen in der Corona-Krise zur Einigung aufgerufen. Es müssten jetzt all die Instrumente auf den Tisch gelegt werden, "die wirksam sind, die wir schnell einsetzen können und die Europa einen und nicht spalten", sagte sie im ZDF. Die Finanzminister der Eurogruppe wollen am Dienstag über die Lage in der Corona-Krise beraten.

Auch Italiens Regierungschef Guiseppe Conte ist für die Einführung der Corona-BondsBild: Getty Images/S. Gallup

Italien, Frankreich und mehrere weitere Länder wollen, dass die EU-Mitgliedstaaten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gemeinsam tragen und die Euro-Staaten gemeinsame Anleihen herausgeben. Diese sogenannten Corona-Bonds würden die Zinslast für hoch verschuldete Staaten wie Italien senken und sie vor Spekulanten schützen. Deutschland und die Niederlande lehnen dies wie schon in den vergangenen Jahren kategorisch als eine Vergemeinschaftung von Schulden ab. Die Bundesregierung setzt auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Bundestagspräsident Schäuble gegen und Altkanzler Schröder für Eurobonds

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagte "Zeit Online", Corona-Bonds seien keine Lösung. "Sie helfen bei keinem einzigen Problem, das nicht auch mit bestehenden Instrumenten gelöst werden könnte", sagte er. Die notwendige Debatte auf ein Instrument zu reduzieren, sei "wenig zielführend, vor allem wenn da nur aus Rechthaberei ein alter Streit wiederbelebt werden sollte". Auch in der Krise müsse derjenige, der Entscheidungen treffe, für die möglichen Folgen aufkommen. "Das wäre bei gemeinschaftlichen Schulden nicht mehr der Fall. Durch Corona-Bonds würde Europa nicht stärker, sondern schwächer", sagte der ehemalige Bundesfinanzminister, der als Mitinitiator des ESM während der Eurokrise gilt.

Die Ablehnung von Corona-Bonds sei überdies kein Zeichen fehlender Solidarität. "Wir müssen in Europa das Menschenmögliche an Solidarität leisten." Nur so könne Europa diese Krise überstehen. Nun gehe es darum, "dass die betroffenen EU-Länder alle notwendigen Finanzmittel zur Bekämpfung der Krise zu möglichst gleichen und niedrigen Zinsen zur Verfügung haben", sagte Schäuble. So sollten das bestehende Volumen des ESM aufgestockt und die Europäische Investitionsbank und Europäische Zentralbank in die Pflicht genommen werden.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder sprach sich derweil klar für die Einführung von Eurobonds aus. Deutschland sei in dieser Frage zu zurückhaltend, sagte der SPD-Politiker der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Deutschland sei die stärkste und größte Volkswirtschaft der EU. "Und wir brauchen die Märkte im Süden der EU, deshalb ist es auch unser Interesse, dass die Länder wieder auf die Beine kommen." Deshalb sei er "für Euro-Bonds, möglicherweise zunächst einmal beschränkt auf die Corona-Krise".

hf/as (afp, dpa)

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