1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wie weit ist die Energiewende in Deutschland?

9. September 2025

Solar, Wind und andere erneuerbare Energien erzeugen schon 63 Prozent des Stroms im deutschen Netz. Das Ziel ist die Klimaneutralität bis 2045. Wie weit ist die Transformation in verschiedenen Sektoren?

Windräder stehen auf einer Anhöhe, und ragen über den Nebel am Boden hinaus. Im Hintergrund sieht man Rauch von einem Braunkohlekraftwerk aufsteigen (Bergheim 2022, Luftaufnahme per Drohne)
Moderne Windkraftanlagen sind höher und erzeugen mehr Strom - damit sinken auch die StrompreiseBild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Dafür ist eine weitgreifende Transformation nötig. Doch nicht überall geht es gleich schnell voran. 

Stromwende auf Kurs mit Wind und Solar 

Die Stromerzeugung in Deutschland wurde in den letzten 15 Jahren radikal verändert. Heute kommen 63 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien, 2010 waren es nur 19 Prozent. 

Windkraft macht inzwischen 27 Prozent Strommix aus (2010: 7%), Photovoltaik 21% (2010: 2%).

Vor 15 Jahren waren Kohle (43%), Atomkraft (25%) und Erdgas (12%) noch die wichtigsten Energieträger.

Der Anteil von Kohlestrom wurde halbiert und liegt heute bei 22 Prozent. Gaskraftwerke liefern weiter zwölf Prozent des Stroms, während Atomkraftwerke komplett vom Netz genommen wurden.

Dadurch ist der CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung um ein Drittel gesunken. Und Deutschland hat seine gesetzten Klimaziele für 2024 laut Expertenbericht formal erreicht. Insgesamt sei "die Hälfte des Weges zur Klimaneutralität geschafft" heißt es in der aktuellen Analyse von Agora Energiewende.

Solar und Wind effizienter und kostengünstiger 

Dabei spielen stark gesunkene Preise und effizientere Technik eine wichtige Rolle. Solarmodule kosten nur noch ein Zehntel im Vergleich zu 2010.

Immer mehr Hauseigentümer lassen auf ihren Dächern Solarpaneele installieren, um zu sparenBild: imago/photothek

Die Erzeugung von Solarstrom auf dem eigenen Dach ist inzwischen ein Drittel günstiger als Strom aus dem Netz, sie kostet rund neun Eurocent pro Kilowattstunde (kWh), mit einem Batteriespeichern rund zwölf Eurocent pro kWh. 

Große Solarkraftwerke in Deutschland mit Batteriespeichern erzeugen Strom inzwischen für rund sieben Cent/kWh, das ist drei Mal günstiger als mit neuen Erdgaskraftwerken.

Durch höhere Windkraftanlagen mit längeren Flügeln haben sich die Kosten für Windstrom in den letzten 15 Jahren halbiert. Mit Onshore-Anlagen an Land kostet die Windstrom-Erzeugung heute rund sieben Cent/kWh, bei Offshore-Anlagen im Meer sind es rund acht Cent pro kWh.

Für ein klimaneutrales Energiesystem werden in Deutschland laut Studien Solarkraftwerke mit einer Gesamtleistung von rund 400 Gigawatt, dazu werden 230 GW Windkraft gebraucht. 

Bisher sind davon erst  111 GW Photovoltaikanlagen  und 75 GW Windkraft installiert. 

Ein schneller Ausbau ist nötig, denn der Strombedarf wird künftig wegen der zunehmende Elektrifizierung und steigendem Bedarf für Rechenzentren schnell wachsen. 2024 wurden deutschlandweit 466 Terrawattstunden Strom verbraucht, bis 2030 werden laut  Prognosen der Bundesregierungrund 750 TWh benötigt.

Wo hakt es noch beim Umbau des Energiesystems?

Zwar kam der Netzausbau in Deutschland in den letzten drei Jahren voran, doch er hängt den gesetzten Zielen noch hinterher. 

Bei viel Wind und Sonnenschein ist der dadurch erzeugte Strom im Handel sehr günstig. Bei wenig Wind und Sonnenschein produzieren zusätzlich Gaskraftwerke Strom, und die Kosten im Netz steigen. Mit einem stärkeren Ausbau von Wind- und Photovoltaik, der Ausweitung des europäischen Stromnetzes und mehr Batteriespeichern können Kosten insgesamt weiter gesenkt werden. 

Dazu braucht es zum einen große Batteriespeicher im Netz, ebenso wie Speicher in Gebäuden, Industrie und E-Fahrzeugen. Viele Unternehmen wollen große Batterieparks installieren, die Kosten dafür sind deutlich gesunken. Hier fehlt es allerdings noch an einem "klaren Fahrplan" Speicher systematisch zu integrieren, sagt Geschäftsführer Carsten Körnig vom Bundesverband der Solarwirtschaft. 

Laut Szenarienrechnungen werden in Deutschland bis 2030 Stromspeicher mit einer Kapazität von 100 Gigawattstunden (GWh) gebraucht, und bis 2045 etwa 180 GWh. Installiert sind bisher  22 GWh Batteriespeicher und 10 GWh Pumpspeicher.

Speicheranlage mit Batteriecontainern bei Kiel: Die Anlage speichert Strom für mehr als 170.000 Haushalte, wenn morgens und abends der Bedarf besonders hoch istBild: Axel Heimken/AFP/Getty Images

Außerdem helfen sogenannte dynamische Stromtarife. Zu Tageszeiten wenn besonders viel Sonnen- und Windstrom erzeugt wird, ist der Strom im Netz günstiger. Verbraucher und Rechenzentren sparen, wenn sie Strom vor allem in günstigen Zeiten nutzen.

Für die zeitgenaue Erfassung der Strommengen müssen jedoch viel mehr intelligente Stromzähler (Smart Meter) eingebaut werden. Nur etwa drei Prozent der deutschen Stromkunden haben bisher smarte Stromzähler,In anderen EU Ländern wie etwa Frankreich und Spanien sind es schon über 90 Prozent. 

Wie sieht es aus mit Wärmepumpen? 

2025 ist die Wärmepumpe erstmals die meistverkaufte Heiztechnik in Deutschland, so der Branchenverband. Bis Ende des Jahres werden demnach vorausichtlich mehr als 260.000 neue Wärmepumpen eingebaut. Allerdings müssen laut Plänen der Bundesregierung mindestens 500.000 pro Jahr installiert werden, damit Deutschland sein Klimaziel im Gebäudesektor erfüllt. 

Insgesamt gibt es in Deutschland laut dem Bundesverband Wärmepumpe inzwischen etwa 1,9 Millionen Heizwärmepumpen, das sind rund acht Prozent der Heizsysteme. Zu über 90 Prozent wird jedoch noch mit Gas und Öl geheizt. 

Die nordeuropäischen Länder sind da schon sehr viel weiter. Mit Öl und Gas wird dort kaum noch geheizt, stattdessen vor allem elektrisch, mit Wärmepumpen und Biomasse. 

Hausbesitzer mit Wärmepumpe sparen in Deutschland heute rund ein Drittel Energiekosten im Vergleich zur Erdgas-Heizung. Allerdings sind Wärmepumpen bei der Anschaffung noch deutlich teurer als Erdgasbrenner. 

Ohne die derzeitigen Zuschüsse der Regierung würden die Klimaziele im Gebäudebereich verfehlt. Experten fordern darum zusätzliche Förderung für Wärmepumpen, und den Ausbau von Wärmenetzen mit Großwärmepumpen und Geothermie.

Verkehrswende braucht viel mehr Tempo 

Im Verkehrssektor hinkt Deutschland seinen Klimazielen weit hinterher. Derzeit fahren nur vier Prozent der knapp 50 Millionen PKW rein elektrisch, zusammen mit den Hybridmodellen sind es sieben Prozent. 

Aber immerhin gib es den Trend zu immer mehr E-Autos. Im August 2025 war fast jeder fünfte (19%) neu zugelassene PKW rein elektrisch und zusammen mit den Hybridmodellen waren es mehr als die Hälfte (59%).  

Auch E-LKW können schnell geladen werden - E-Fahrzeuge haben geringere EnergiekostenBild: Peter Schatz/picture alliance

Der Anteil bei der Zulassung neuer Verbrenner-PKW lag im August bei 41 Prozent, im Vorjahr waren es noch 51 Prozent. 

Doch E-Autos sind in Deutschland immer noch teurer als Verbrenner, es gibt nur wenige E-Neuwagen unter 20.000 Euro. China ist da schon sehr viel weiter. Dort kosten E-PKW weniger als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und die Modelle sind viel günstiger als in Deutschland. 

Auch die Zahl der E-LKWs in Deutschland steigt langsam. Von den rund 3,8 Millionen Fahrzeugen fahren inzwischen etwa 90.000 (2%) elektrisch. 

Ab wann gibt es genug klimaneutralen Wasserstoff?

Klimafreundlicher Strom ist aber nicht für alle Sektoren ausreichend. Vor allem die Stahl- und Chemieindustrie, die Schifffahrt und der Flugverkehr brauchen zusätzlich Wasserstoff als Energieträger. 

Die deutsche Regierung will bis 2030 eine Elektrolysekapazität zur Wasserstoffproduktion von zehn Gigawatt (GW) aufbauen. Um den Wasserstoffbedarf bis 2045 komplett klimaneutral zu decken, werden laut Prognosen rund 400 GW benötigt. 

Dafür soll bis 2032 ein Wasserstoffnetz mit 9.000 Kilometer ausgebaut werden.

Experten betonen, dass die Umsetzung eine Chance für Deutschlands Industrie sei, eine Führungsrolle hier zu übernehmen. Doch dafür ist noch viel zu tun.

Der neue deutsche Umweltminister Carsten Schneider (SPD) zeigt sich optimistisch. "Wir können viel gewinnen, wenn wir hier im Exportland Deutschland zeigen, wie die Modernisierung der Industrie gelingen kann. Denn erfolgreicher Klimaschutz bedeutet auch, unsere Wirtschaft so fit zu machen, dass sie auf den Märkten der Zukunft bestehen kann." 

Deutschlands Batterie-Gigant startet durch

03:43

This browser does not support the video element.

Der Beitrag wurde an 9.9.2025 mit den neuesten Zahlen zu Wärmepumpen aktualisiert. 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen