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Viel Lärm um die Maut

Kay-Alexander Scholz8. September 2014

Deutschlands Straßen sind teils recht marode. Die Bundesregierung sucht deshalb trotz Schuldenbremse nach Reparatur-Geld. Der Weg über eine PKW-Maut war nie beliebt - und erlebt derzeit ein neues Hoch der Ablehnung.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die parlamentarische Sommerpause ist beendet, in dieser Woche tagt der Bundestag wieder. Ein richtiges innenpolitisches Streitthema - wie sonst häufig - gab es in diesem Sommer nicht. Schließlich beherrschen die internationalen Konflikte im Nahen Osten, in der Ukraine und im Irak auch in Deutschland die politischen Schlagzeilen. Doch das wird nun gerade nachgeholt.

Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hatte sich im vergangenen Jahr in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, dass es eine PKW-Maut geben soll. Die Christsozialen (CSU) hatten diese zu einem ihrer zentralen Wahlversprechen gemacht. Im Juli, noch vor der Sommerpause, hatte CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (Artikelbild) ein Eckpunktepapier für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt. Gleichzeitig erging die Bitte an das Innen- und Verkehrsministerium, sich schriftlich dazu zu äußern. Dies geschah dann Anfang August - in einer "vorläufigen Stellungnahme", wie Sprecherinnen der Ministerien in Berlin nun betonten. Denn so richtig miteinander ins Gespräch kommen die Ministerien erst, wenn ein wirklicher Gesetzesentwurf vorliegt, dann findet die sogenannte Ressortabstimmung statt.

Auszüge dieser Stellungnahmen vom August sind nun an die Presse gelangt und sorgen für Aufregung. Denn die PKW-Maut ist einfach gedacht, aber nicht einfach umzusetzen.

Der Teufel steckt im Detail

Alle sollen sich an den Kosten für die Straßen beteiligen, egal welcher Nationalität, erklärte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums noch einmal das Konzept. Aber durchfahrende Ausländer machten das noch nicht. Mit einer Vignette - sie soll im Schnitt weniger als 100 Euro im Jahr kosten - soll sich das nun ändern. Insgesamt erhofft sich die Politik damit Einnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro. Ob die Summe wirklich zusammen komme, darüber gibt es Presseberichten zufolge Zweifel von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Ein Grund dafür seien die wahrscheinlich hohen Bürokratie-Kosten. Denn zunächst sollen auch alle deutschen Autofahrer die Maut-Gebühr, gestaffelt nach Jahres, Monats- oder Tagesbeiträgen, zahlen und dieses Geld dann aber zurückbekommen, weil ihre ohnehin anfallende PKW-Steuer günstiger werden soll.

Auch in anderen Ländern Europas müssen Autofahrer Maut-Gebühren zahlen: zum Beispiel in NorwegenBild: picture-alliance/dpa

Als sei dies nicht schon kompliziert genug, ist auch noch immer nicht eindeutig geklärt, ob so ein Vorgehen, also eine Benachteiligung von Ausländern innerhalb der EU, überhaupt europarechtskonform wäre.

Dann ist auch noch die Rede von Maut-Lücken. Denn als PKW gelten Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen Gewicht. Ab 7,5 Tonnen spricht man von Lastkraftwagen, die bisher schon eine Maut für das Fahren auf Autobahnen zahlen müssen. Doch was ist mit sogenannten Kleinlastern, also Fahrzeugen mit einem Gewicht, das zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen liegt? Eine Antwort dazu soll der Gesetzesentwurf geben, der nun "umgehend" vorgestellt werden soll, damit das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann.

Und dann gibt es da noch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Von dort kamen Einwände aus der CDU, die PKW-Maut würde den heimischen Tourismus abwürgen. Denn der Dobrindt-Entwurf sprach plötzlich nicht mehr nur von einer Maut für Autobahnen, sondern auch für alle anderen Straßen. Um Ausweicheffekte zu vermeiden - schließlich habe Deutschland ein sehr dichtes und nicht so klar hierarchisch unterteiltes Straßennetz, heißt es aus dem Ministerium. Wer zum Beispiel aus Holland mal schnell zum Einkaufen nach Deutschland wolle, müsse dann Maut zahlen. Andererseits müssen deutsche Autofahrer in vielen Nachbarländern ja auch eine Gebühr zahlen.

"Schlaglöcher stopfen"

Die öffentliche Debatte hat dazu geführt, dass sich Dobrindts Parteichef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer nun öffentlich beschwerte und sich weitere Kritik verbat. "Einmal sind es die Grenzregionen, einmal ist es der Verwaltungsaufwand, dann ist es wieder das Europarecht", schimpfte Seehofer in einem Presse-Interview. All das erhärte seine Vermutung, dass der Finanzminister alles tun wolle, um die PKW-Maut zu verhindern. Schäuble hatte zuvor mehr private Investitionen, aber auch echte Mehrkosten auch für deutsche Autofahrer ins Gespräch gebracht.

Die Nutzung der Autobahnen steigtBild: picture-alliance/Andreas Frank

Der Hintergrund für den Maut-Streit ist, dass die Unterhaltung der Autobahnen und Straßen in Deutschland immer teurer wird. Weil die Nutzung steigt, aber auch weil in manchen Bundesländern dafür vorgesehene Investitionsmittel in andere Bereiche umgeleitet wurden. Auch möchte Deutschland im kommenden Jahr keine neuen Schulden mehr machen, da muss auch in den Investitionshaushalten mit dem Geld sorgsam umgegangen werden. Ein Vergleich zeigt, dass die erhofften 600 Millionen Euro Maut-Einnahmen gar nicht so wenig sind. 2015 sind im Haushaltsgesetz für Investitionen bei Autobahnen 5,18 Milliarden vorgesehen. "Damit können wir das eine oder andere Schlagloch stopfen", sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Maut sei Teil eines Fünf-Punkte-Plans, um die teils maroden Straßen in Deutschland wieder zu reparieren. Eine Debatte darüber, wie das zu bewerkstelligen sein könnte, sei gut, auch weil es ja einen Systemwandel gebe von der allgemeinen Haushalts- hin zu einer stärkeren Nutzerfinanzierung des Straßennetzes.

Sicherlich wird das Thema PKW-Maut während dieser Woche im Plenum des Bundestags angesprochen werden, denn es ist Haushaltswoche, in der alle einzelnen Etats debattiert werden. Und gestritten wird zwischen CDU und CSU sowieso gern. Wobei noch zu erwähnen wäre, dass sich der eigentlich kritische Koalitionspartner - die SPD - bisher treu an den Plan einer PKW-Maut hält. Und was sagt die Kanzlerin zur PKW-Maut? "Das Projekt wird umgesetzt", sagte Angela Merkel am Montag. Dass es Diskussionen gebe, sei natürlich.

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