Viel Rummel um Margaret Atwoods "Zeuginnen"
6. September 2019Nachdem ihr Roman "Der Report der Magd" im Jahr 1985 erschienen ist, wurde die heute 79-jährige Schriftstellerin Margaret Atwood als "Meisterin der Dystopie" beschrieben, weil sie in ihrem Buch auf düstere und kühle Art über Totalitarismus schreibt. Auch wenn es sich um ein fiktives Werk handelt, hat die kanadische Autorin dafür viele bedrückende Fakten über die Unterdrückung von Frauen weltweit zusammengetragen. Das Buch wurde ein Bestseller. 50 Millionen Mal hat sich "Der Report der Magd" weltweit verkauft.
"Report der Magd" beruht auf historischen Begebenheiten
"Es gibt für alles, was ich in dem Buch beschreibe, historische Vorlagen. Alles, was ich erzähle, ist irgendwo schon mal passiert", sagte Atwood in einem Interview mit der Zeitschrift "People" im Jahr 2017. Tatsächlich muss man nicht weit in die Geschichte zurückgehen, um Parallelen in Nazi-Deutschland, in Chile während der Diktatur Pinochets oder in den Wirren der iranischen Revolution zu finden, um nur einige Beispiele zu nennen.
Aber es ist nicht die Vergangenheit, die die Leser an Atwoods Prosa schätzen; ihre Fans bewundern ihre Weitsicht, in der sich beunruhigende Parallelen zur Gegenwart auftun. "Ich mag es nicht, Recht zu haben, denn Recht zu haben bedeutet, dass wir dort sind, wo wir sind. Und das ist kein lustiger Ort", sagte Atwood wenige Monate nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump.
Bestehende Frauenrechte wurden unter Trump in den USA wieder beschnitten, etwa durch die Ernennung von Richtern an den Obersten Gerichtshof, die Abtreibungen einschränken wollen. Atwood erklärte, dass das Buch, das sie als Zukunftsvision für das Jahr 2005 geschrieben habe, sowie die darauf basierende TV-Serie, für so viel Aufmerksamkeit gesorgt hätten, dass sie sich entschieden habe, eine Fortsetzung zu schreiben.
Frauenbewegung trägt rot
Die Serie, verfilmt vom Streamingdienst Hulu im Jahr 2017, war eine zeitgemäße Adaption des 30 Jahre alten Romans. Die Vereinigten Staaten verwandeln sich im "Report der Magd" in einen theokratisch-totalitären Staat. Über Nacht machte die Serie Atwoods Geschichte über eine Sexsklavin namens Desfred, die in der Republik Gilead lebt, populär. Die Bevölkerung ist unfruchtbar, nur wenige Frauen können gebären. Die traurige Aufgabe der Protagonistin besteht darin, diese gebärfähigen und rechtlosen Mädchen an tyrannische männliche Führer zu übergeben. Von ihnen werden sie wie Fortpflanzungsmaschinen geschwängert und tragen die Kinder für ihre Ehefrauen aus.
Diese Welt als frauenfeindlich zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung; einige Szenen der Fernsehserie können leicht mit den schlimmsten Bildern konkurrieren, die wir von der Schreckensherrschaft des "Islamischen Staates" im Irak oder Syrien kennen.
Vom Fernsehen auf die Straße
Die scharlachroten Kutten und die dazu gehörenden schneeweißen Mützen, die von Desfred und den Dienstmädchen in der Serie getragen werden, macht sich die Frauenbewegung inzwischen zu eigen. Aktivistinnen tragen sie in Anlehnung an die Gilead-Mädchen aus der Serie. "Wir leben noch nicht in Gilead, aber es gibt Entwicklungen wie in Gilead", sagte Atwood zum Start der TV-Serie. "Es gibt Dinge, die in unserem Land geschehen, die die Rechte der Frauen extrem einschränken und die mir das Gefühl geben, dass dieses Buch in die Realität übergeht", fügte die Schauspielerin und Emmy-Gewinnerin Elisabeth Moss hinzu, die die Hauptrolle spielt. Aber Atwoods Roman ist nicht nur düster, es gibt auch Momente der Hoffnung, die Frauen und Minderheiten Mut machen sollen, für ihre Rechte zu kämpfen.
Auch "Die Zeuginnen" soll verfilmt werden
Für die Fortsetzung wird nun schon seit Monaten kräftig die Werbetrommel gerührt. Auch die Jury des Booker-Preises 2019 vergab Vorschusslorbeeren und setzte den Roman "Die Zeuginnen" bereits eine Woche vor der Veröffentlichung auf die Shortlist. MGM Studios und die Streaming-Plattform Hulu bestätigten der Nachrichtenagentur Agence France-Presse, dass sie bereits an einer Adaption des neuen Romans arbeiteten - und auch die vierte Staffel von "Report der Magd" befindet sich bereits in der Vorproduktion.
Sie schreibe diese Bücher, damit sie nicht wahr werden, sagte Atwood über ihre Motivation. Der neue Band spielt 15 Jahre nach den Ereignissen von "Report der Magd" und wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Viel mehr ist bislang nicht bekannt. Doch das wird sich schon bald ändern: Londons Buchhandlungen werden am 10. September um Mitternacht ihre Türen öffnen, um Fans hereinzulassen, die eine Erstausgabe ergattern wollen.