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Politik

Viele Europäer wollen keine Muslime

9. Februar 2017

In zehn europäischen Ländern ist die Mehrheit der Bürger gegen weitere muslimische Einwanderung, hat eine Umfrage ergeben. In keinem einzigen Land liegen die Befürworter muslimischer Migration vorn.

Berlin Aufmarsch rechter Gruppierungen
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

"Dieses Dekret richtet sich gegen alles, woran wir in Amerika glauben", hat Chuck Schumer, der demokratische Fraktionschef im Senat, zu Präsident Donald Trumps Einreiseverbot für Muslime gesagt. Von den vielen umstrittenen Präsidentenerlassen, die Trump in seiner kurzen Amtszeit herausgegeben hat, hat dieser im In- und Ausland wohl den größten Wirbel ausgelöst. Trump hat verfügt, dass für 90 Tage Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern die Einreise verwehrt wird, Flüchtlinge aus aller Welt bleiben für 120 Tage ausgesperrt, darunter Syrer sogar auf unbestimmte Zeit.

In den USA führte das zu heftigen Protesten, aber nicht nur dort. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, das Dekret widerspreche dem "Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe" und stelle einen "Generalverdacht" gegen Muslime dar. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan hat sich gegen den geplanten Staatsbesuch Trumps in Großbritannien gewandt, "solange dieses Verbot besteht".

Aber Trump hat mindestens ebenso viel Lob bekommen. In den USA jubeln seine Anhänger. Und in Europa klatschen sämtliche Rechtspopulisten von Marine Le Pen in Frankreich über Geert Wilders in den Niederlanden bis Alexander Gauland von der AfD in Deutschland Beifall. Gauland sagte: "Trump macht es richtig, er macht es uns vor."

Geht es um Sicherheit oder doch um Religion?

Trump hat sich mit dem Argument verteidigt: "Es geht nicht um Religion, sondern um Terror und die Wahrung der Sicherheit unseres Landes." Aber stimmt das? Geht es vielleicht doch darum, die Einwanderung von Muslimen zu verhindern? Eine Untersuchung der Londoner Denkfabrik Chatham House in zehn europäischen Ländern lässt genau diesen Schluss für Europa zu. Chatham House befragte - vor Trumps Dekret - 10.000 Menschen aus zehn europäischen Ländern, was sie über die folgende Aussage denken: "Jede weitere Migration aus vorwiegend muslimischen Ländern sollte gestoppt werden." Im Durchschnitt stimmten dem 55 Prozent der Befragten zu.

Neben viel Kritik an Trumps Dekret gibt es auch Zustimmung zum EinreisestoppBild: Reuters/S. Keith

Von den einzelnen Ländern Belgien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Großbritannien, Ungarn und Polen haben einige größere muslimische Minderheiten, etwa Frankreich, Belgien oder Großbritannien, andere, wie Polen oder Ungarn, praktisch gar keine. Das wirkt sich aber kaum auf die Einstellung zu Muslimen aus: Am stärksten war die Ablehnung in Polen (71 Prozent), Österreich, Ungarn, Belgien und Frankreich, obwohl diese Länder sehr unterschiedlich große muslimische Minderheiten haben. Auffällig ist aber: Mit Ausnahme Polens standen die Spitzenreiter unter den "Ablehnern" alle entweder im Mittelpunkt der jüngsten Flüchtlingskrise oder waren in den vergangenen Jahren Ziele schwerer islamistischer Anschläge. Ebenfalls bedeutsam scheint, dass in jedem dieser Länder Rechtsparteien stark sind und zum Teil bereits regieren. Am freundlichsten gegenüber muslimischen Einwanderern waren noch die Spanier mit "nur" 41 Prozent Ablehnern.

Die Flüchtlingswelle und Terrorakte steigern die Ablehnung

Auch nach Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss und Wohnort hat Chatham House gefragt - mit teils erwartbaren, teils auch überraschenden Ergebnissen. Was oft behauptet wird, bestätigt sich auch hier: Ältere Menschen neigen offenbar eher zur Ablehnung von Fremden als junge. Die Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren stimmt mit nur 44 Prozent (in allen befragten Ländern) einem Einreisestopp für Muslime zu, Befragte von 60 Jahren und älter dagegen mit 63 Prozent. Auch der Bildungsabschluss wirkt sich aus, allerdings weniger deutlich als das Alter: 59 Prozent der Menschen mit einfachem Schulabschluss wollen die Einwanderung von Muslimen stoppen gegenüber 48 Prozent der Menschen mit Hochschulabschluss. Immerhin, selbst unter Leuten mit dem höchsten Bildungsniveau will fast jeder Zweite keine Muslime mehr einreisen lassen.

Kaum Auswirkungen haben dagegen das Geschlecht und der Wohnort der Befragten: Mit 57 gegenüber 52 Prozent waren Männer etwas abweisender als Frauen. Und Großstadtbewohner waren mit 52 Prozent nur wenig aufgeschlossener gegenüber muslimischen Einwanderern als Bewohner von Kleinstädten (55 Prozent) und von  ländlicher Gegenden (52 Prozent).   

Der Anteil der Muslime wird deutlich überschätzt

Die jüngsten Ergebnisse von Chatham House stehen nicht isoliert da. Eine Umfrage des Instituts Pew vom Sommer 2016 kam zu ähnlichen Resultaten, allerdings lagen sie in einzelnen Ländern viel weiter auseinander: Die Befragten in fünf Ländern hatten damals überwiegend eine schlechte Meinung über Muslime (Ungarn: 72 Prozent, Italien: 69, Polen: 66, Griechenland: 65 und Spanien: 50), in Großbritannien und Deutschland dagegen waren es mit 28 bzw. 29 Prozent wesentlich weniger. Aus der Pew-Umfrage ging ebenfalls hervor, dass 59 Prozent der Befragten im Durchschnitt aller Länder befürchten, der jüngste Flüchtlingszuzug werde zu mehr Terrorismus führen. Umfragen in den USA ergaben ein ähnliches Bild.

Die Angst vor Terrorismus scheint auch dazu zu führen, dass viele Europäer den Anteil der muslimischen Bevölkerung weit überschätzen. Im Herbst vergangenen Jahres bat das Institut IpsosMORI Menschen in verschiedenen europäischen Ländern, den muslimischen Anteil an ihrer jeweiligen Gesamtbevölkerung zu schätzen. Die Franzosen schätzten diesen Anteil viermal höher ein, als er tatsächlich ist, die Briten dreimal höher. 

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