1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikSpanien

Viele Spanier demonstrieren gegen Amnestie für Separatisten

12. November 2023

Bei landesweiten Demonstrationen in ganz Spanien haben weit mehr als 100.000 Menschen gegen die geplante Amnestie für katalanische Separatisten demonstriert. Einige warfen Regierungschef Pedro Sánchez Verrat vor.

Protest gegen Amnestiegestz in Spanien
Menschenmassen sind im Zentrum Madrids auf die Straßen gegangenBild: Joan Mateu Parra/AP Photo/picture alliance

Teilnehmer der größten Kundgebung in Madrid trugen Schilder mit Aufschriften wie "Nein zur Amnestie, Ja zur Verfassung" oder "Sánchez Verräter", wie im staatlichen TV-Sender RTVE zu sehen war. Sprecher der größten Oppositionspartei, der konservativen Volkspartei PP, warnten vor einer Gefährdung der Demokratie in Spanien. PP-Chef Alberto Núñez Feijóo sagte, die Proteste würden fortgesetzt, bis es eine Neuwahl gebe. Isabel Díaz Ayuso, die einflussreiche PP-Regierungschefin der Region Madrid, hatte sogar von einer "Diktatur durch die Hintertür" gesprochen.

Stein des Anstoßes ist eine Vereinbarung der geschäftsführend amtierenden Regierung mit der katalanischen Separatistenpartei Junts von Carles Puigdemont. Diese sieht die Verabschiedung eines Amnestie-Gesetzes für rund 1400 Separatisten vor, die wegen des Versuchs der Abspaltung Kataloniens von Spanien im Jahr 2017 verurteilt worden waren. Das Gesetz soll nach Angaben des sozialistischen Verhandlungsführers Santos Cerdán Ereignisse betreffen, die bis ins Jahr 2012 zurückgehen. Somit könnte auch Puigdemont selbst nach Jahren im Exil nach Spanien zurückzukehren.

Umstrittener Deal mit Unabhängigkeitsbefürwortern

Im Gegenzug will die Separatistenpartei dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez zu einer Wiederwahl im Parlament verhelfen. Zusammen mit dem linken Bündnis Sumar, den baskischen und katalanischen Regionalparteien und einer kleinen Gruppierung von den Kanaren kann Sánchez nun mit 179 Stimmen im Parlament rechnen. Die absolute Mehrheit liegt bei 176.

Einige Demonstranten sehen in Spanien die Demokratie in GefahrBild: Jesús Hellín/EUROPA PRESS/dpa/picture alliance

Die Organisatoren gaben die Zahl der Teilnehmer allein in Madrid mit 500.000 an, die Regierung sprach von 80.000. In Barcelona demonstrierten nach Angaben der örtlichen Polizei etwa 6000 Menschen, in Granada waren es nach Angaben der Behörden 30.000 und in Sevilla 50.000. Weitere Proteste fanden in Städten wie Malaga, Palma und Valencia statt. Zu den Kundgebungen in den Hauptstädten aller Provinzen des Landes hatte die Volkspartei aufgerufen. Angeschlossen hatten sich die rechtspopulistische Vox und die kleine liberale Partei Ciudadanos.

Wahlversprechen gebrochen

Konservative sehen Konzessionen an die Separatisten generell skeptisch, die rechtspopulistische Vox will solche Parteien direkt verbieten. Aber auch manche Wähler der sozialistischen Partei PSOE sind verärgert, weil Sánchez bis zur Wahl am 23. Juli nicht nur ein Referendum über die Abspaltung Kataloniens von Spanien wie 2017, sondern auch eine Amnestie für Separatisten ausgeschlossen hatte.

Als das Wahlergebnis vorlag und klar wurde, dass er nur mit Hilfe separatistischer Parteien regieren könne, zeigte er sich doch offen für eine Amnestie. Sánchez setzt darauf, den Katalonienkonflikt durch Dialog und Kompromisse zu entschärfen. Die Strategie ist riskant, weil sie ihn im Rest des Landes viele Stimmen kosten könnte.

Feijóo hatte bei der Wahl am 23. Juli zwar die meisten Stimmen bekommen, konnte aber keine Mehrheit im Parlament schmieden, vor allem, weil außer der PP andere Parteien nicht mit Vox koalieren wollten.

kle/qu (dpa, rtr, afp)