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Politik

Viele Tote bei Anschlag in Afghanistan

1. Juli 2018

Während eines Besuchs von Afghanistans Präsident Ghani sind bei einem Anschlag in der Stadt Dschalalabad mindestens 19 Menschen getötet worden, darunter viele Angehörige der Sikh-Minderheit.

Selbstmordanschlag in Afghanistan, Dschalalabad
Bild: picture-alliance/dpa/S.Safi

Bei einem Selbstmordanschlag in der Hauptstadt der afghanischen Provinz Nangarhar sind mindestens 19 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Sikhs. Zudem wurden etwa 20 Menschen verletzt, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde der Provinz am Sonntag. Die meisten Opfer seien Mitglieder der kleinen Minderheit der Sikh, sagte der Sprecher. 

Dem Polizeichef der Provinz Nangarhar zufolge wurde die Explosion durch einen Selbstmordattentäter ausgelöst, der ein Fahrzeug der Sikh zum Ziel genommen habe. Die Opfer hätten den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani sehen wollen, der die Stadt besucht habe. Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Die Provinz Nangarhar ist die Hauptbasis des IS in Afghanistan.

Der Kandidat Avtar Singh, hier im Mai in Kabul, ist unter den TotenBild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Die Explosion ereignete sich auf einem Markt, nur wenige hundert Meter vom Gouverneurssitz entfernt. Nach Angaben des Sprechers der Provinzregierung waren insgesamt zehn afghanische Sikhs und Hindus unter den Toten - unter ihnen Avtar Singh, der einzige Sikh-Kandidat für die am 20. Oktober angesetzten Parlaments- und Bezirkswahlen, wie ein indischer Botschaftsmitarbeiter sagte. Ein Mitglied der Sikh-Gemeinschaft sagte, in Dschalalabad lebten etwa 30 Sikh-Familien, landesweit seien es höchstens 140.

Präsident Ghani wollte in der Stadt im Osten des Landes ein Krankenhaus eröffnen. Ein Sprecher des Präsidenten bestätigte, dass sich Ghani nach wie vor in der Provinz Nangarhar aufhalte und dass er "außer Gefahr" sei. Ghanis Abreise war für Montag geplant.

Am Samstag hatte Ghani die einseitig ausgerufene Waffenpause nach 18 Tagen für beendet erklärt. Die afghanischen Sicherheitskräfte dürften ihre Einsätze gegen die Taliban wieder aufnehmen, sagte Ghani bei einer Pressekonferenz in Kabul. Die Feuerpause habe aber gezeigt, dass auch die Aufständischen Frieden wollten. Er sei "bereit, die Waffenruhe jederzeit fortzuführen, wenn die Taliban dazu bereit sind", versicherte Ghani. Es sei nun an den Islamisten, "eine positive Antwort zu geben".

Präsident Ashraf Ghani Bild: Reuters/M. Ismail

Die Waffenruhe war einmal verlängert worden und hatte sich mit einer dreitägigen von den Taliban ausgerufenen Waffenpause während des Fastenbrechens am Ende des Ramadans überschnitten. Drei Tage ohne Kämpfe hatte es in dem bald 17 Jahre andauernden Konflikt bis dato nicht gegeben. Es kam zu spontanen Feiern.

Die Waffenruhe war von zwei Selbstmordanschlägen mit Dutzenden von Toten in der Provinz Nangarhar überschattet worden, die der IS für sich reklamierte.

Gefechte und Anschläge sind in Afghanistan an der Tagesordnung. Vergangenes Jahr wurden dabei nach UN-Angaben mehr als 10.000 Zivilisten getötet oder verletzt.

Ex-Präsident Hamid Karsai (im November 2017 bei der Deutschen Welle in Bonn)Bild: DW/F. Görner

Der frühere afghanische Präsident Hamid Karsai rät daher Deutschland davon ab, Flüchtlinge in sein Heimatland abzuschieben. "Das kann ich nicht gutheißen", sagte Karsai, der Afghanistan von 2001 bis 2014 regierte, der "Welt am Sonntag". Er wies darauf hin, dass in der Zeit seiner Präsidentschaft die radikalislamischen Taliban weniger als zehn Prozent des Staatsgebiets kontrolliert hätten. "Heute sind es fast 70 Prozent."

Mit Blick auf afghanische Flüchtlinge sagte Karsai weiter, die Deutschen dürften "bestimmen, wie viele sie reinlassen". Jedoch sei Afghanistan "definitiv kein sicheres Land". Daher habe er "Mitleid mit denen, die gewaltsam zurückgeschickt werden". Er hoffe, "dass Deutschland einen Weg findet, der beiden Seiten gerecht wird".

Deutschland hatte bis Anfang Juni wegen der kritischen Sicherheitslage in Afghanistan nur Straftäter, sogenannte Gefährder, sowie Menschen, die sich ihrer Identitätsfeststellung verweigerten, dorthin abgeschoben. Auf Grundlage eines neuen Lageberichts des Auswärtigen Amts hatte die Bundesregierung dann aber entschieden, die Beschränkungen für Abschiebungen aufzuheben.

stu/cw (afp, dpa, rtr)
 

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