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Politik

Viele Tote bei Anschlag in Afghanistan

6. März 2020

Hochrangige Politiker trafen sich in der afghanischen Hauptstadt zu einer Gedenkveranstaltung. Mit dabei war auch der Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah. Dann eröffnen plötzlich Angreifer das Feuer.

Afghanistan Kabul | Anschlag auf schiitische Gedenkfeier
Sicherheitskräfte riegeln den Anschlagsort im Westen Kabuls abBild: Reuters/O. Sobhani

Bei einer Gedenkveranstaltung für einen schiitischen politischen Anführer im Westen der afghanischen Hauptstadt Kabul sind mindestens 29 Menschen getötet worden. Wie der afghanische Sender "Tolo News" unter Berufung auf das Innenministerium berichtete, wurden zudem mehr als 50 Menschen verletzt. Der Nachrichtensender veröffentlichte Videos von Menschen, die in Panik Schutz vor einem Kugelhagel suchten. Kämpfer schossen von einem im Bau befindlichen Nachbargebäude in die Menge. Auch eine Rakete schlug in der Nähe des Versammlungsortes ein.

Der Anschlag richtete sich gegen eine Versammlung von hochrangigen Oppositionspolitikern. Nach Angaben des Innenministeriums nahmen auch der Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, der frühere Präsident Hamid Karsai und der Chef des Friedensrates, Mohammed Karim Khalili, an der Veranstaltung für den prominenten Anführer der schiitischen Hasara-Gemeinschaft, Abdul Ali Masari, teil. "Das Ziel des Angriffs war nicht klar, aber Abdullah ist jetzt an einem sicheren Ort", sagte ein Sprecher von Präsident Aschraf Ghani. "Der Angriff ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die nationale Einheit Afghanistans", twitterte Ghani selbst. Außerdem habe er sich bei Abdullah und Chalili in einem Telefongespräch über deren Gesundheitszustand erkundigt, schrieb er weiter.

Inzwischen reklamierte die Terrormiliz "Islamischer Staat" über ihr Internet-Sprachrohr Amaq die Tat für sich. Sie veröffentlichte ein - allerdings nicht verifizierbares - Foto der beiden mutmaßlichen Attentäter vor einer Flagge des IS in den sozialen Netzwerken.

Brüchiges Abkommen

Die Explosion erfolgte wenige Tage nach dem historischen Friedensschluss zwischen den USA und den radikal-islamischen Taliban in Katars Hauptstadt Doha. Ein Taliban-Sprecher dementierte auf Twitter umgehend, für den Angriff verantwortlich zu sein. Schon 2018 und 2019 hatte es einen Anschlag während der damaligen Gedenk-Veranstaltung zu Ehren von Abdul Ali Masari gegeben, bei dem zahlreiche Menschen starben. Dazu hatten sich militante Islamisten des sogenannten Islamischen Staats (IS) bekannt. In der Gegend, in der der Anschlag verübt wurde, wohnen mehrheitlich Angehörige der schiitischen Minderheit. Die IS-Terrormiliz, die sich in Afghanistan "Daesh" nennt, hat schon mehrfach schiitische Moscheen, Feste und Versammlungen angegriffen.

Das Militär sichert mit einem großen Aufgebot den Anschlagsort abBild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Die Bundesregierung verurteilte den tödlichen Anschlag scharf. Die Tat sei darauf angelegt, Verhandlungen über eine Friedenslösung zu verhindern, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. "Deutschland wird im Kampf gegen Terrorismus weiter an der Seite Afghanistans stehen", sagte er weiter. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums betonte, die im Norden Afghanistans stationierte Bundeswehr sei so aufgestellt, dass sie flexibel reagieren könne. 

Der Friedensschluss zwischen den USA und den Taliban ist brüchig. Kurz nach der Vertragsunterzeichnung verübten die Taliban wieder Anschläge, und die US-Truppen bombardierten Stellungen der radikal-islamischen Rebellen. Das Abkommen sieht einen schrittweisen Abzug von US-Truppen aus Afghanistan vor. Gleichzeitig soll es den Weg für innerafghanische Friedensgespräche ebnen. Die afghanische Regierung war nicht an den Verhandlungen beteiligt. Die geplante Aufnahme von Gesprächen zwischen den Taliban und der Regierung scheiterte bislang. Denn Präsident Ghani verweigert die geforderte Freilassung von 5.000 inhaftierten Taliban. Am Montag steht seine Vereidigung für eine zweite Amtszeit bevor. Sein Kontrahent Abdullah erkennt seine Niederlage bei der Präsidentenwahl im September nicht an und plant die Bildung einer Parallelregierung. 

sam/se (afp, dpa, epd, rtr)

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