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Politik

Viele Tote bei Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan

13. September 2022

Beide Kaukasusrepubliken geben einander die Schuld an dem jüngsten Gewaltausbruch. Diesmal war nicht das umstrittene Gebiet Berg-Karabach betroffen. Die EU bietet ihre Vermittlung an.

Schwere Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien
Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan (Mitte) mit einem Offizier der Armee im Grenzgebiet (Archivbild)Bild: Tigran Mehrabyan/PAN/AP/dpa/picture alliance

Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan sind erneut schwere Kämpfe ausgebrochen. "Der Feind versucht vorzustoßen", erklärte das Verteidigungsministerium in Eriwan. Die aserbaidschanische Armee setze Artillerie und Drohnen gegen militärische und zivile Ziele nahe der Grenze ein.

Zuvor hatte das Ministerium erklärt, Aserbaidschan habe Stellungen nahe den Städten Goris, Sotk und Dschermuk mit Artillerie und großkalibrigen Waffen angegriffen. Aserbaidschan warf Armenien hingegen "großangelegte subversive Handlungen" in Grenznähe und Beschuss seines Militärs vor. Nach jüngsten Angaben aus Baku wurden dabei 50 aserbaidschanische Soldaten getötet.

Feuerpause - auf dem Papier

Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan sagte, 49 Angehörige der eigenen Streitkräfte seien gefallen. In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprach Paschinjan von einem aserbaidschanischen Angriff, auf den es eine internationale Reaktion geben müsse.

Der Konflikt schwelt seit Jahrzehnten - hier ausgebrannte Panzer in einer Aufnahme vom November 2020Bild: AFP/Getty Images

Russland forderte beide Seiten auf, die Feindseligkeiten einzustellen. Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau wurde unter russischer Vermittlung eine Feuerpause vereinbart, die um 6.00 Uhr (MESZ) in Kraft trat. Meldungen aus dem Konfliktgebiet legen jedoch nahe, dass die Waffenruhe gebrochen wurde.

USA rufen zu Ende der Kämpfe auf

US-Außenminister Antony Blinken forderte nach eigenen Angaben in Telefongesprächen mit Vertretern in Baku und Eriwan beide Staaten auf, zu Gesprächen über einen "dauerhaften Frieden" zurückzukehren. Blinken zeigte sich auch offen für eine Vermittlung Russlands. Wenn Moskau seinen Einfluss nutzen könne, um "die Lage zu beruhigen", sei das "eine positive Sache".

UN-Generalsekretär António Guterres forderte ebenfalls Entspannung. Beide Seiten sollten maximale Zurückhaltung zu üben und alle noch offenen Probleme durch Dialog und innerhalb bestehender Formate lösen, sagte ein UN-Sprecher in New York. Guterres sei "äußerst besorgt" über die Entwicklung.

Auch der iranische Präsident Ebrahim Raisi rief zur Deeskalation auf. Die Region könne keinen weiteren Krieg ertragen, sagte Raisi nach einem Telefonat mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldet. Raisi forderte von den Konfliktparteien die Einhaltung des 2020 vereinbarten Waffenstillstands, der von Russland, der Schutzmacht der christlichen Armenier, überwacht wird. Für die islamische Republik Iran - Nachbarland beider Staaten - sei die Sicherheit im Kaukasus wichtig.

EU bietet Vermittlung an

Auch die Europäische Union forderte die Konfliktparteien zu Verhandlungen auf. Die Streitkräfte beider Seiten sollten auf die Stellungen zurückkehren, die sie zuvor eingenommen hätten, und die vereinbarte Feuerpause einhalten, betonte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. Er bot die Vermittlung der Europäischen Union in dem Konflikt an. EU-Ratspräsident Charles Michel nehme Kontakt mit den Regierungschefs beider Länder auf. Er selbst, Borrell, werde mit den jeweiligen Außenministern sprechen. Weiter kündigte er eine Reise des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus, Toivo Klaar, in beide Länder an. Der estnische Diplomat soll demnach auf eine Deeskalation hinwirken.

Warnung des Auswärtigen Amts

Das Auswärtige Amt in Berlin mahnte Deutsche in der Region zur Vorsicht, eine Ausweitung der Kämpfe sei nicht ausgeschlossen. Wer sich an einem Ort aufhalte, der von Kampfhandlungen betroffenen sei, solle so lange Schutz suchen, bis man ihn sicher verlassen könne. Gerade Dschermuk, wo sich ein bekanntes Mineralbad befindet, ist als Reiseziel bei ausländischen Touristen beliebt.

Eine aserbaidschanische Armee-Einheit steht in der Stadt Lachin bereit (Archivbild)Bild: Resul Rehimov /AA/picture alliance

Die früheren Sowjetrepubliken bekriegen einander seit Jahrzehnten wegen des Gebiets Berg-Karabach. Es wird von Armeniern bewohnt, gehört aber zu Aserbaidschan. Nach dem Zerfall der Sowjetunion sicherten sich armenische Kräfte in einem Krieg von 1992 bis 1994 die Kontrolle über das Gebiet und besetzten weite Teile Aserbaidschans. 2020 gewann Aserbaidschan seine Territorien zurück und eroberte strategisch wichtige Gebiete in Berg-Karabach. Bei den Gefechten wurden mehr als 6000 Menschen getötet.

Proteste nach Gebietsverzicht

Im Rahmen eines nach vier Monaten vereinbarten Waffenstillstands erklärte Armenien den Verzicht auf großflächige Gebiete, weshalb die Regierung innenpolitisch stark unter Druck steht. Auch die Europäische Union versuchte zeitweise, in dem Konflikt zu vermitteln. Bereits Anfang August war die Gewalt zwischen den Kaukasusrepubliken erneut aufgeflammt.

jj/as/uh/kle (dpa, afp, ap)