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Politik

Tschad: Viele Tote bei Protesten gegen Junta

20. Oktober 2022

Es traf in der Hauptstadt N'Djamena Demonstranten wie auch Sicherheitskräfte. Der Protest richtete sich gegen die Entscheidung der tschadischen Militärs, ihre "Übergangsregierung" um weitere 24 Monate zu verlängern.

Brennende Reifen auf einer wichtigen Straße in der Hauptstadt N'Djamena
Brennende Reifen auf einer wichtigen Straße in der Hauptstadt N'DjamenaBild: Le Visionnaire/REUTERS

Bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten im Tschad sind Regierungsangaben zufolge rund 50 Menschen getötet und etwa 100 verletzt worden. Unter den Toten waren demnach auch mehrere Sicherheitskräfte. Wie Reporter berichteten, hatten sich hunderte Protestierende nach einem Aufruf der Opposition in der Hauptstadt N'Djamena versammelt. Später waren regelmäßig Tränengassalven zu hören. In mehreren Stadtteilen waren Barrikaden aufgestellt, auf einigen Hauptstraßen wurden Reifen angezündet, um den Verkehr aufzuhalten. Wie DW-Korrespondent Blaise Dariusstone berichtet, sind Telefon und Internet gestört. Es herrscht eine nächtliche Ausgangssperre.

Demonstranten skandieren gegen die tschadische Militärjunta gerichtete SlogansBild: AFP

Im Bezirk des 6. Arrondissements von N'Djamena, einer Hochburg der tschadischen Opposition, waren die Straßen tagsüber menschenleer. Reifen, Baumstämme und Ziegelsteine lagen auf den Straßen. Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Demonstrationen waren von den Behörden verboten worden. Sie richten sich gegen die Verlängerung der von der regierenden Militärjunta festgelegten Übergangszeit bis zu demokratischen Wahlen. Eigentlich hätte diese an diesem Donnerstag enden sollen.

Gegen "dynastische Nachfolge" an der Staatsspitze

Der Tschad wird von einer Militärjunta regiert. Juntachef Mahamat Idriss Déby Itno hatte die Macht im April 2021 von seinem Vater, dem langjährigen Staatschef Idriss Déby Itno, übernommen. Der 38 Jahre alte Fünf-Sterne-General versprach einen nationalen Dialog und "freie und demokratische Wahlen" innerhalb von 18 Monaten.

Der Unmut der Demonstranten in N'Djamena ist groß: Hier dient ein brennendes Auto als Straßensperre Bild: Le Visionnaire/REUTERS

Dieses Versprechen kassierte das "Forum des Nationalen Souveränen Inklusiven Dialogs" in diesem Monat und verkündete, Déby Itno solle während einer verlängerten zweijährigen Übergangszeit bis zur Abhaltung von Wahlen im Amt bleiben. Es bestätigte zudem das Recht Débys, nach der Übergangsphase für das Präsidentenamt zu kandidieren. Die im August eröffneten Gespräche waren von großen Teilen der Opposition und Teilen der Zivilgesellschaft sowie einigen mächtigen Rebellengruppen abgelehnt worden, die gegen eine "dynastische Nachfolge" an der Staatsspitze sind.

Der Fünf-Sterne-General Mahamat Idriss Déby Itno ist derzeit der starke Mann im TschadBild: DENIS SASSOU GUEIPEUR/AFP/Getty Images

Die Proteste in N'Djamena richteten sich offenbar auch gegen die Zentrale der Partei Nationale Union für Demokratie und Erneuerung (UNDR) von Ministerpräsident Saleh Kebzabo. Sie sei von Demonstranten angegriffen und teilweise niedergebrannt worden, teilte UNDR-Vizechef Célestin Topona mit. Kebzabo, ein früherer Gegner von Idriss Déby Itno, war kürzlich der von dessen Sohn ernannten Regierung beigetreten und wurde am 12. Oktober zum Regierungschef ernannt.

Appell an die internationale Staatengemeinschaft

Politische Beobachter zeigten sich schockiert vom brutalen Vorgehen der Sicherheitskräfte und riefen zu klaren Reaktionen der internationalen Staatengemeinschaft auf. Laurent Duarte etwa von der panafrikanischen Nichtregierungsorganisation "Tournons la page" appellierte an die Afrikanische Union, sich genauer mit dem Tschad zu befassen. "Wir fordern eine unabhängige Untersuchung der Repressionen und vor allem eine politische Lösung, damit der Tschad nicht in einen neuen Zyklus der Gewalt gerät", so Duarte im Gespräch mit der Deutschen Welle. Auch Frankreich, ein wichtiger Partner des Tschad, und die Europäische Union müssten aktiv werden. 

Der Tschad in Zentralafrika ist eines der ärmsten Länder der Welt. Nach UN-Angaben brauchten dort im vergangenen Jahr 5,5 Millionen Menschen und damit mehr als ein Drittel der Bevölkerung dringend humanitäre Hilfe.

sti/uh (afp, rtr)