1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikNahost

Viele Tote und Tausende Verletzte bei Explosionen in Beirut

5. August 2020

Zwei gewaltige Explosionen haben den Hafen der libanesischen Hauptstadt erschüttert. Bislang wurden rund 100 Tote und 4000 Verletzte gezählt. Teile Beiruts gleichen einem Trümmerfeld. Auch Israel will Hilfe leisten.

Libanon | Gewaltige Explosion in Beirut
Bild: Getty Images/AFP/M. Tahtah

Über dem gesamten Hafengebiet lag nach den zwei verheerenden Explosionen eine gewaltige Rauchwolke. Das libanesische Rote Kreuz gab die Zahl der Toten inzwischen mit rund 100 an, die der Verletzten mit mehr als 4000. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin wurden auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Beirut verletzt. Das Gebäude, in dem sich die diplomatische Vertretung befindet, sei beschädigt worden. Man habe einen Krisenstab eingerichtet. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer erklärte via Twitter: 

Ammoniumnitrat als Ursache?

Nach Einschätzung von Ministerpräsident Hassan Diab könnte eine sehr große Menge Ammoniumnitrat die Detonationen verursacht haben. Es sei "unvertretbar", dass eine Ladung von schätzungsweise 2750 Tonnen der Substanz in einer Halle am Hafen gelagert worden sei - über sechs Jahre hinweg, ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen, sagte Diab. Zuvor hatte der Regierungschef deutlich gemacht, die Verantwortlichen der Katastrophe würden zur Rechenschaft gezogen. Sie müssten "den Preis für das Desaster bezahlen". Diesen Mittwoch erklärte er zum landesweiten Tag der Trauer. 

Helfer bergen einen Verletzten Bild: Reuters/M. Azakir

Bereits zuvor hatte Sicherheitschef Abbas Ibrahim gemutmaßt, dass "vor Jahren konfisziertes Sprengmaterial" Auslöser der gewaltigen Explosionen gewesen sein könnte. Dem Vernehmen nach hatten die libanesischen Behörden 2013 einem Frachtschiff die Weiterfahrt wegen verschiedener Mängel untersagt, das von Georgien ins südafrikanische Mosambik unterwegs war. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit die Ausreise genehmigt, das Schiff blieb mit der gefährlichen Ladung zurück. 

Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen verwendet wird, kann bei höheren Temperaturen explodieren. Die Substanz dient vor allem zur Herstellung von Düngemitteln, aber auch zum Raketenantrieb.

In Panik versuchen die Menschen, sich in Sicherheit zu bringenBild: Reuters/M. Azakir

Nach der Detonation breitete sich blitzschnell eine Druckwelle vom Hafen aus, die nach Angaben des deutschen Geowissenschaftlichen Zentrums GZG die Kraft eines Erdbebens der Stärke 3,5 hatte.  

DW-Reporterin Razan Salman berichtete telefonisch aus Beirut, die Krankenhäuser seien völlig überlastet. In den Zufahrtsstraßen spielten sich katastrophale Szenen ab. Generell habe totales Chaos geherrscht. Viele Menschen seien in Panik geraten. Nach ihren Worten barsten unzählige Fensterscheiben. "Die Straßen Beiruts sind mit Glas bedeckt", sagte sie.

Die libanesische Armee half dabei, Verletzte in Krankenhäuser zu bringen. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden.

Die Feuerwehr versucht, Brände zu löschenBild: Reuters/M. Azakir

Videoaufnahmen zeigten Gebäudetrümmer und umhergeschleuderte Fahrzeuge. Der Zugang zum Hafengelände ist verwüstet. Der Libanon ist von Lebensmittelimporten abhängig, um die sechs Millionen Bürger zu versorgen. Die Behörden wiesen darauf hin, dass der im Hafen gelagerte Weizen nicht mehr genießbar sei. Der Oberste Verteidigungsrat des Landes erklärte Beirut, in dessen Großraum schätzungsweise bis zu 2,4 Millionen Menschen leben, zur "Katastrophen-Stadt". Dem Kabinett empfahl er, bei der Sitzung an diesem Mittwoch den Notstand zu verhängen.   

Die Detonationen verursachten in der nahen Umgebung eine TrümmerwüsteBild: Getty Images/AFP/A. Amro

Hilfszusagen aus aller Welt

Weltweit haben sich Regierungen erschüttert gezeigt und ihre Hilfe angeboten. Zu den ersten Ländern, die Unterstützung zusagten, gehörten die Golfstaaten. Katar will Feldlazarette zur Versorgung der tausenden Verletzten schicken. Kuwait sagte die Entsendung medizinischer Nothilfe zu. Jordaniens Außenminister Aiman Safadi erklärte, sein Land sei zu jeder Hilfe bereit, die der Libanon nun benötige.

Auch Israel, das sich formell immer noch im Krieg mit dem Nachbarn befindet, zeigte sich bereit, medizinische, humanitäre und sofortige Nothilfe auf den Weg zu bringen. Ihren Beistand boten auch die Bundesregierung und die USA an. Präsident Donald Trump sprach bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus von einem mutmaßlichen Angriff mit einer  "Art von Bombe". Auf Nachfrage verwies er auf Äußerungen seiner Generäle. 

se/ml (dw, afp, rtr, ap, dpa, kna) 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen