Vier Demonstranten in Teheran getötet
27. Dezember 2009Auf dem Enghelab-Platz und anderen Plätzen im Zentrum Teherans strömten am Sonntag (27.12.2009) nach Augenzeugenberichten mehrere tausend Menschen zusammen, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Polizisten hätten Warnschüsse in die Luft abgegeben, um die auf dem Engelab-Platz versammelte Menschenmenge aufzulösen. Außerdem seien sie mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vorgegangen.
Massiver Polizeieinsatz
Über dem Gebiet stiegen schwarze Rauchwolken auf, Sirenen von Rettungswagen waren zu hören. Polizeihubschrauber kreisten über dem Stadtteil. Mindestens drei Anhänger der Oppositionsbewegung seien bei den Zusammenstößen getötet worden, hieß es auf der dem Reformlager nahestehenden Website Rah-e-Sabs. Die oppositionelle Internetseite "Jaras" berichtete kurze Zeit später von einem weiteren Toten. Zudem hieß es dort: "Es ist eine Masse von Demonstranten auf der Straße. Ihre Zahl nimmt zu." Die Zusammenstöße zwischen Polizisten und Regierungskritikern würden stetig zunehmen und sich im ganzen Stadtzentrum ausbreiten.
Eine Bestätigung der Berichte der regierungskritischen Web-Seiten von unabhängiger Seite gibt es nicht. Die Regierung in Teheran hat es ausländischen Journalisten verboten, direkt von den Kundgebungen und Demonstrationen zu berichten.
Seit Tagen Demonstrationen
Bereits am Samstag war es in Teheran zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Gleichzeitig waren regierungstreue Aktivisten auf die Straße gegangen und hatten eine Kundgebung des zu den Reformern zählenden Ex-Präsidenten Mohammed Chatami gestört. Schon in den Tagen zuvor hatte es in Teheran und anderen iranischen Städten Demonstrationen und Zusammenstöße gegeben.
Anlass des Kräftemessens zwischen Opposition und Regierung ist zum einen die Trauer um den regierungskritischen Großajatollah Hussein Ali Montaseri, der am Samstag vor einer Woche im Alter von 87 Jahren gestorben war. Der Geistliche war eine Art Mentor der Reformbewegung und galt als einer der schärfsten Kritiker von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Seit dessen von Betrugsvorwürfen überschatteter Wiederwahl im Juni geht die Opposition immer wieder auf die Straße.
Ein weiterer Kristallisationspunkt für die Protestbewegung ist das Aschura-Fest, das an diesem Sonntag seinen Höhepunkt erreicht. Mit dem Fest erinnern die Schiiten an den Tod des Mohammed-Enkels Hussein bei der Schlacht im irakischen Kerbela im Jahre 680. Dem Imam wird mit emotional aufgeladenen Trauerprozessionen gedacht.
Autor: Michael Wehling (dpa/rtr/afp/apd)
Redaktion: Martin Schrader