"Shape of Water" gewinnt vier Oscars
5. März 2018Die Oscar-Akademie hatte gut und breit verteilt. Eigentlich bekamen alle Filme, die zuvor mit mehreren Nominierungen bedacht worden waren, etwas ab. Vier Oscars gab es für del Toros fantasievolles Historienmärchen "Shape of Water", darunter den wichtigsten Oscar für den besten Film. Zwar hatte "Shape of Water" zuvor 13 Nominierungen erhalten, doch dass der Film dann tatsächlich auch so viele Oscars gewinnen würde, war nicht anzunehmen. Zu stark war die Konkurrenz, zu viele gute Filme hatten sich in diesem Jahr um den begehrten Hollywood-Preis beworben. So war im Vorfeld damit gerechnet worden, dass die Oscar-Akademie ihre Auszeichnungen breit verteilen würden.
Darstellerpreise ohne Überraschungen
Und so kam es dann auch. Bei den Darstellern gewannen die Favoriten: Frances McDormand erhielt den Preis für ihre Rolle einer frustrierten und rachsüchtigen Mutter, deren Tochter vergewaltigt und ermordet wurde ("Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"); Gary Oldman für die Verkörperung des britischen Politikers Winston Churchill in "Darkest Hour". "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri", neben "Shape of Water" der große Favorit des Abends, bekam auch den Oscar in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" (Sam Rockwell). Zur besten Nebendarstellerin wurde Allison Janney gekürt - für ihre Rolle in "I, Tonya".
Drei Oscars gewann die internationale Co-Produktion "Dunkirk", der technisch meisterhaft die waghalsige Rückholaktion der britischen Soldaten nach England im Jahre 1940 schildert. Zwei Oscars, die für Kamera und visuelle Effekte, konnte "Blade Runner 2049" abräumen. Ein wenig Glanz fiel dabei auch auf einen Deutschen: Gerd Nefzer war einer von vier Trickspezialisten, die für die visuellen Effekte in dem Sciece-Fiction-Film verantwortlich waren.
Auslandsoscar ging nach Chile
Nicht überraschend war auch der Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film: Die chilenische Produktion "Eine fantastische Frau" war im Vorfeld vielfach als Favorit in dieser Kategorie gehandelt worden. Auch die Dokumentation "Icarus" über russisches Staats-Doping sowie der Animationsfilm "Coco" gehörten zum Favoritenkreis - sie alle konnten sich durchsetzen und gewannen Oscars in ihren Kategorien. Interessant die Preise bei den Drehbüchern: Jordan Peele, der das Buch für seinen Horrorfilm "Get Out" geschrieben hatte und dafür nun ausgezeichnet wurde, ist der erste Afro-Amerikaner, der einen Oscar für ein Originaldrehbuch gewann. Und der 89-jährige Regieveteran James Ivory bekam völlig zu Recht die Auszeichnung in der Kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch" für die sensible Jugendstudie "Call Me by Your Name". Schließlich war auch der Oscar für die besten Kostüme für den Film "Phantom Thread" keine wirkliche Überraschung - schließlich geht es in Paul Thomas Andersons Melodram um die Geschichte eines Couturiers.
Und dann war da noch das Thema des Abends: der Missbrauchskandal um den Produzenten Harvey Weinstein und die Folgen. Viele hatten wohl noch mit einer größeren Symbolik am Abend gerechnet - schließlich waren bei der Golden Globe-Verleihung vor kurzem viele weibliche Stars in schwarzen Kostümen erschienen - als Zeichen des Protests gegen sexuelle Belästigung und Benachteiligung von Frauen im Filmgeschäft. Doch bei der 90. Oscar-Gala hielt man sich zurück. Die Damenwelt erschien zu großen Teilen in prachtvollen bunten Roben.
McDormands Oscar wurde entwendet
Bei der Moderation und bei einigen Reden auf der Bühne gab es dann aber doch Anspielungen und Kommentare zu dem Thema, das Hollywood seit Monaten in Atem hält. Moderator Jimmy Kimmel hatte die bissigste Bemerkung im Köcher: "Oscar ist derzeit der beliebteste und am meisten respektierte Mann", bemerkte Kimmel und ergänzte: "Er hält seine Hände dort, wo man sie sehen kann." Er sei nie unflätig und man sehe keinen Penis: "Das ist ein Mann, von dem wir mehr in dieser Stadt brauchen."
Schließlich war es die Oscargewinnerin Frances McDormand, die mit einer Geste auf die Benachteiligung von Frauen im Filmgeschäft aufmerksam machte. Sie forderte alle nominierten Frauen im Saal auf, aufzustehen. Das machte dann das Missverhältnis schlagartig deutlich - weil eben nur relativ wenige Frauen für einen Oscar nominiert waren. McDormands Oscar übrigens wurde im Anschluss an die Oscarverleihung während einer Party gestohlen. Der Täter konnte allerdings gestellt und die Trophäe zurückgegeben werden.
Die Gewinner im Überblick:
Bester Film: "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
Beste Regie: Guillermo del Toro für "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
Bester Hauptdarsteller: Gary Oldman für "Die dunkelste Stunde"
Beste Hauptdarstellerin: Frances McDormand für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Beste Nebendarstellerin: Allison Janney für "I, Tonya"
Bester Nebendarsteller: Sam Rockwell für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Bester nicht-englischsprachiger Film: "Eine fantastische Frau" von Sebastián Lelio
Beste Kamera: Roger A. Deakins für "Blade Runner 2049"
Bestes Original-Drehbuch: Jordan Peele für "Get Out"
Bestes adaptiertes Drehbuch: James Ivory für "Call Me by Your Name"
Bester Schnitt: Lee Smith für "Dunkirk"
Beste Filmmusik: Alexandre Desplat für "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
Bester Filmsong: "Remember Me" aus dem Film "Coco"
Bestes Produktionsdesign: Paul Denham Austerberry (Production Design); Shane Vieau und Jeffrey A. Melvin (Set Decoration) für "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
Bester Tonschnitt: Richard King und Alex Gibson für "Dunkirk"
Beste Tonmischung: Gregg Landaker, Gary A. Rizzo und Mark Weingarten für "Dunkirk"
Beste visuelle Effekte: Gerd Nefzer, John Nelson, Paul Lambert und Richard R. Hoover für "Blade Runner 2049"
Bester Animationsfilm: "Coco" von Lee Unkrich
Bester Animations-Kurzfilm: "Dear Basketball" von Glen Keane
Bester Dokumentarfilm: "Icarus" von Bryan Fogel
Bester Dokumentar-Kurzfilm: "Heaven Is a Traffic Jam on the 405" von Frank Stiefel
Bestes Make-up/beste Frisur: Kazuhiro Tsuji, David Malinowski und Lucy Sibbick für "Die dunkelste Stunde"
Bestes Kostümdesign: Mark Bridges für "Der seidene Faden"
Bester Kurzfilm: "Silent Child" von Chris Overton