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KonflikteKosovo

Vier Tote bei neuen Spannungen im Kosovo

Veröffentlicht 24. September 2023Zuletzt aktualisiert 24. September 2023

In einem Kloster verschanzte bewaffnete Männer, ein getöteter Polizist, drei getötete Angreifer: Im Norden des Kosovo verschärfen sich Spannungen. Ministerpräsident Kurti sieht Terroristen im Auftrag Serbiens am Werk.

Kosovarische Polizisten und Soldaten der KFOR-Truppe am Tatort nordwestlich der Stadt Mitrovica
Kosovarische Polizisten und Soldaten der KFOR-Truppe am Tatort nordwestlich der Stadt MitrovicaBild: FATOS BYTYCI/REUTERS

Maskierte und schwer bewaffnete Angreifer haben im fast ausschließlich von Serben bewohnten Norden des Kosovos einen kosovarischen Polizisten erschossen. Ein weiterer Beamter erlitt bei dem Gefecht im Dorf Banjska nahe der Stadt Mitrovica Verletzungen, teilte Ministerpräsident Albin Kurti auf seiner Facebook-Seite mit. Er verurteilte den Angriff als Terroranschlag. "Das organisierte Verbrechen greift mit der politischen, finanziellen und logistischen Unterstützung des offiziellen Belgrads unseren Staat an", schrieb Kurti weiter. Auch die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani verurteilte den Vorfall als Terror-Angriff krimineller serbischer Gruppen.

Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti: "Das organisierte Verbrechen greift mit der Unterstützung des offiziellen Belgrads unseren Staat an." Bild: AFP via Getty Images

Zu dem tödlichen Zwischenfall am frühen Sonntagmorgen kam es nach Darstellung des kosovarischen Innenministeriums, nachdem Polizisten zwei Lastwagen ohne Kennzeichen gefunden hatten, die eine Brücke am Zugang zum Dorf Banjska blockierten. Als weitere Polizisten eintrafen, seien sie von den Angreifern beschossen worden. Dabei setzten diese Schnellfeuergewehre, Gewehrgranaten und Handgranaten ein.

Zwei Lastwagen versperren die Straße beim Kloster BanjskaBild: Office of the Kosovo Government

Der Trupp, der vermutlich aus dem benachbarten Serbien eingedrungen war, verfügt laut Kurti über Jeeps und ein gepanzertes Transportfahrzeug. Die Angreifer drangen später auf das Gelände eines orthodoxes Klosters vor. Mönche und Pilger schlossen sich im Inneren des Klosters ein. "Es sind mindestens 30 Mann, schwer bewaffnet, uniformiert, professionelle Militärs oder Polizisten, die im Dorf von unseren Polizeikräften umstellt sind", sagte der Regierungschef in Pristina. Nach seinen Angaben gingen die Gefechte im Tagesverlauf weiter. 

Nach Angaben der kosovarischen Polizei wurden bei den Schusswechseln drei Angreifer getötet. Die Polizei nahm einen Angreifer und mehrere mutmaßliche Helfer fest. Es handelt sich um den schwersten Zwischenfall im angespannten Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien seit Jahren.

Mitglieder der bewaffneten Gruppe im Kloster von BanjskaBild: Office of the Kosovo Government

Inzwischen beruhigte sich die Lage an dem Kloster, in dem sich stundenlang die bewaffneten Männer verschanzt hatten, nach Angaben des Innenministeriums wieder. "Wir haben dieses Gelände nach mehreren Kämpfen wieder unter Kontrolle", sagte Innenminister Xhelal Svecla am Sonntagabend vor Journalisten.

Geteiltes Echo

Das offizielle Belgrad bemühte sich, die Schuld für die Eskalation auf Kurti abzuschieben. "Wenn jemand für irgendeine Gewalt verantwortlich ist, dann ist er es", behauptete Parlamentspräsident Vladimir Orlic. Nur Kurti habe ein Interesse an der Zuspitzung des Konflikts. 

Angst vor weiterer Eskalation im Norden Kosovos

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Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Aggression aufs schärfste. "Die verantwortlichen Täter müssen der Justiz zugeführt werden", erklärte er am Sonntag in Brüssel. Der US-Botschafter in Pristina, Jeff Hovenier, schrieb auf X, vormals Twitter: "Die USA verurteilen die orchestrierten, gewalttätigen Attacken auf die kosovarische Polizei aufs entschiedenste." In Deutschland erklärte das Auswärtige Amt erklärte auf X, vormals Twitter, illegal bewaffnete Gruppen müssten damit aufhören, Leben zu gefährden. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Der Vorfall ereignete sich mehr als eine Woche, nachdem hochrangige, von der Europäischen Union vermittelte Gespräche zwischen Serbien und dem Kosovo in Brüssel über eine Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen ohne Fortschritte zu Ende gegangen waren. Die EU versucht seit Jahren den langjährigen Streit zwischen den Balkan-Nachbarn zu schlichten. Die NATO hat rund 4000 Soldaten in dem Balkan-Land stationiert, die den Frieden sichern sollen.

Widerstand gegen ethnisch-albanische Bürgermeister

Seit Monaten nehmen die Spannungen im unruhigen Norden des Kosovos wieder massiv zu. Ein Auslöser war, dass Pristina im Mai beschlossen hatte, ethnisch-albanische Bürgermeister in vier Gemeinden mit serbischer Mehrheit einzusetzen. Serbische Bewohner im Norden des Landes hatten zuvor die dortigen Kommunalwahlen boykottiert. Bei darauf folgenden Ausschreitungen wurden unter anderem mehr als 30 Soldaten der im Kosovo stationierten NATO-Friedenstruppe KFOR verletzt.

Die EU machte zuletzt die kosovarische Seite dafür verantwortlich, weil sie der von der EU und Serbien geforderten Bildung eines Verbandes der serbischen Gemeinden nicht zustimmen will. Pristina sieht darin jedoch den Versuch, die Grundlage für eine spätere Abspaltung des serbischen Nordens zu legen. Das überwiegend von Albanern bewohnte Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Zu den rund 1,8 Millionen Einwohnern des Kosovos zählen rund 120.000 Serben, die vor allem im Norden des Landes leben.

sti/se/kle/qu (afp, dpa, rtr, ap)

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