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Vietnam, 30 Jahre nach dem Krieg

6. Mai 2005

Die meisten Vietnamesen haben den Krieg nicht erlebt: weder die verzweifelten Versuche der Amerikaner, ihn zu gewinnen noch die diktatorische Herrschaft der vietnamesischen Kommunisten nach dem Sieg. Bilder von heute.

Mit optimistischem Blick in die ZukunftBild: AP


Ho Chi Minh ist immer noch präsent, ansonsten hat das Leben in den Städten westeuropäisches TempoBild: AP

Als Ho-Tschi-Minh-Stadt noch Saigon hieß

Der letzte amerikanische Hubschrauber verlässt Saigon (30. April 1975)Bild: AP

"In der Stadt gab es fast nichts außer Bettlern, Slums, engen Straßen und ein paar Fahrzeugen", erinnert sich Dinh Van Tuan, der als 21-Jähriger mit seinen Genossen in Saigon einmarschierte. Die Stille war gespenstisch, als am Morgen jenes Tages 1975 die Panzer aus russischer Waffenschmiede durch die Stadt rollten. Es gab so gut wie keinen Widerstand mehr. Die Bilder, wie die letzten Amerikaner panikartig vom Dach der US-Botschaft flüchteten, waren bereits um die Welt gegangen. Für das geschundene Land endeten in diesen Stunden drei Jahrzehnte Krieg - erst gegen die Kolonialmacht Frankreich und dann gegen die USA. Zwischen zwei und vier Millionen Menschen, die Schätzungen gehen auseinander, kamen dabei ums Leben.

Wie im Westen?

Irgendwie deplaziert: ehemalige Sowjet-Flaggen mit Hammer und SichelBild: AP

Drei Jahrzehnte später gleichen manche Straßenzüge in jener Stadt, die sich nach Partisanen- und Revolutionsführer Ho Tschi Minh benannte, eher der Glitzermetropole Singapur als irgendeiner Kommunistenhochburg. Die roten Flaggen mit dem gelben Stern scheinen seltsam deplatziert. Selbst in der Hauptstadt Hanoi, dem politischen Herzen des Landes, grüßt Besucher vor dem internationalen Flughafen ein dichter Wald aus Reklametafeln.

Nike lässt Sportschuhe in Vietnam produzierenBild: AP

Der schöne Schein der Fassaden trügt

Von Glamour keine Spur: Harte Arbeit im Hinterland auf den ReisfeldernBild: Hartert

Abseits der Großstädte sieht vieles anders aus und noch ist einiges so, wie es unter KP-Regie schon immer war. Zwar habe die Regierung die Armut "drastisch" reduziert, berichtet ein Fachmann des UN-Entwicklungsprogramms UNDP in Hanoi. Allerdings müsse noch immer etwa ein Viertel der rund 80 Millionen Vietnamesen von weniger als einem US-Dollar am Tag leben. Und viele, die in den vergangenen Jahren dank des Booms den Sprung über die Armutsgrenze schafften, seien bei weitem noch nicht in sicherer Entfernung zu ihr.

Baumboom in HanoiBild: AP

Boomland

Näherinnen in VietnamBild: AP

Satte 7,5 Prozent Wachstum erwartet die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) jeweils für die kommenden drei Jahre - genährt von wachsenden Exporten und steigender Inlandsnachfrage. Schon jetzt knattern durch Hanoi und Ho-Tschi-Minh-Stadt endlose Schwärme neuer Mopeds. Die Jugend trägt Jeans, und wer es sich leisten kann, hat auch ein Handy. Im Jahr 2000 war Privatleuten plötzlich erlaubt worden, eigene Betriebe zu gründen. Inzwischen gibt es nach offiziellen Statistiken etwa 120.000 private Firmen mit einem registrierten Kapital von zusammen neun Milliarden US-Dollar. Politisch hat die KP jedoch weiterhin alles fest im Griff, Abweichler müssen weiterhin mit drastischen Strafen rechnen.

Hier werden sie wohnen, die Neureichen, die es sich leisten könnenBild: AP

Krieg aus den Köpfen kriegen

Der Krieg ist lange schon vorbeiBild: AP

Für viele Vietnamesen ist der Krieg - in unzähligen Büchern und Filmen verewigt - kaum mehr Thema. Rund ein Drittel der Menschen ist jünger als 15 Jahre. Und selbst jene, die dabei waren, blicken scheinbar mit Gelassenheit zurück. "Der Krieg ist vorbei, wir sollten das vergessen", sagt General Pham Xuan An (77), der bis zur Wiedervereinigung Nord- und Südvietnams nicht nur für westliche Medien arbeitete, sondern auch Spion der Kommunisten war. "Um die Geschichte kommt man nicht herum, aber man muss sich der Zukunft zuwenden. Was aber zählt, ist sich jetzt um eine bessere Zukunft zu bemühen und sich nicht von der Vergangenheit vergiften zu lassen."

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