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Vietnam: Kompromissbereit bei Handelsabkommen mit den USA

Tommy Walker aus Hanoi
1. Juli 2025

Im Juli läuft die Aussetzung der hohen US-Zölle auf Importe aus Vietnam aus, die Exportwirtschaft steht unter Druck. Kann ein Handelsdeal mit Washington die Wende bringen?

Vietnam Hanoi | Geschäfte im historischen Altstadtviertel Old Quarter
Altstadt von HanoiBild: Tommy Walker/DW

Die Altstadt von Hanoi ist voller Geschäfte, die Designerwaren, Markenkleidung und Elektronikartikel verkaufen. Rustikale französische Kolonialgebäude prägen hier das Stadtbild. Überall an den Verkaufsständen werden Schilder "Hergestellt in Vietnam" aufgestellt. Das soll mehr Anreiz für die Touristen bieten, preiswerte Souvenirs zu kaufen.

Das aufsteigende Schwellenland Vietnam braucht Touristen und Investitionen aus dem Ausland. Der von US-Präsident Donald Trump angekündigte Importzoll von 46 Prozent würde das vietnamesische Exportgeschäft schwer belasten. Noch gilt seit April der Grundzollsatz von 10 Prozent. Das südostasiatische Land ist aufgrund der gut ausgebildeten Arbeitskräfte und der niedrigen Lohnkosten bei US-Investoren sehr beliebt. Diese sind aber verunsichert. Die Weltbank rechnet im Jahr 2025 derzeit noch mit einem Wachstum vom 6,8 Prozent.

Getränkehändler um die Ecke in der Mitte von HanoiBild: Tommy Walker/DW

Um dieses Wachstum zu erreichen, muss Vietnam aber mehr exportieren. Die Regierung in Hanoi verhandelt jetzt mit Washington über ein Handelsabkommen. Am Mittwoch (25.06.25) kündigte Premierminister Pham Minh Chinh an, dass noch vor dem Inkrafttreten hoher Zollsätze im Juli eine Übereinkunft erzielt werden könne. "Sie werden schon sehen, dass das Ergebnis spätestens in zwei Wochen vorliegen wird", sagte Pham, "Vietnam und die USA haben ein weitreichendes Verständnis über die Zölle. Ich hoffe, dass sich für uns alles zum Guten wenden wird."

Hohe Defizite, hohe Strafzölle

Viele US-Konzerne wie Apple und Nike haben in Vietnam investiert. Die in Vietnam hergestellten Produkte werden dann zu günstigen Konditionen wieder an die US-Konsumenten verkauft. Nach vorläufigen Statistiken des US-Handelsbeauftragten belief sich der Import in 2024 aus Vietnam auf 136,6 Milliarden US-Dollar, während die US-Firmen Waren im Wert von 13,1 Milliarden Dollar exportierten. Der Importüberschuss betrug damit 123,5 Milliarden.

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"Ohne Zollbefreiungen wird Vietnam seine ehrgeizigen Wachstumsziele nicht erreichen können", sagt Zachary Abuza, Professor am National War College in Washington, "der US-Markt ist für Vietnam einfach zu wichtig."

US-Präsident Trump hat Vietnam mit hohen Zöllen belegt, unter anderem auch aus Sorge, dass China Vietnam als Zwischenhändler für seine Billigwaren missbrauchen könnte. Chinesische Firmen hatten beim US-Zoll erklärt, dass sie in Vietnam die Endverarbeitungen durchführen lassen würden. So würde aus "Made in China" ein Produkt "Made in Vietnam".

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Illegale Transitgeschäfte aus China

"Derzeit kommen viele chinesische Cargoflüge nach Vietnam", sagt Nguyen Tuong Phan, Geschäftsführer von Aviation Solution Services, einem Frachtunternehmen in Hanoi und fügt an, dass auch "die Kapazität für Luftcargo von Vietnam in die USA um etwa 80 Prozent gestiegen ist."

Hanoi hat angekündigt, seine Bemühungen zur Bekämpfung solcher illegaler Transitgeschäfte zu verstärken. Die US-Regierung verdächtige weiterhin Unternehmen in Vietnam, chinesische Produkte einzukaufen und sie an die USA zu verkaufen, sagt Eric Nguyen, CEO von Grando Premium Aluminium Vietnam im DW-Interview. Der Aluminiumhersteller ist international aktiv. "Tatsache ist jedoch, dass meine Firma keine chinesischen Materialien verwendet, sondern zu 100 Prozent in Vietnam produziert", sagt Nguyen. Die US-Zölle würden sein Unternehmen zwingen, sich auf andere Märkte zu konzentrieren.

"Wir versuchen, mehr nach Europa, Japan und Korea zu exportieren, damit wir nicht ausschließlich vom US-Markt abhängig und deswegen weniger anfällig infolge zollpolitischer Veränderungen durch die US-Regierung sind", sagt Nguyen.

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Balanceakt zwischen China und USA

Die beiden kommunistischen Länder Vietnam und China unterhalten sowohl politisch als auch wirtschaftlich enge Beziehungen. Peking ist der größte Handelspartner Hanois. "Eine Reduzierung oder der Stopp der Rohstoffimporte aus China würde der vietnamesischen Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen", sagt Hanh Nguyen, Forscherin am japanischen Yokosuka Council on Asia Pacific Studies (YCAPS), im DW-Interview.

Sie wies darauf hin, dass Vietnams Fertigungssektor, insbesondere die Elektronik- und Textilindustrie, "von importierten Rohstoffen aus China abhängig ist. Wenn Vietnam den Forderungen der USA nachkommt, wird dies auch die Beziehungen zu China einschränken. China würde diesen Schritt als geopolitisches Signal verstehen, dass Vietnam zur von den USA angeführten Anti-China-Koalition gehören würde", fügt Nguyen hinzu. Die Folgen wären fatal.

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan