1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Orbáns Bürgermeister auf Einkaufstour

26. Oktober 2017

Lőrinc Mészáros ist kein gewöhnlicher Bürgermeister. Mittlerweile besitzt er Verlage, Hotels, Banken und investiert in Kernenergie. Viele Ungarn glauben, dass Premierminister Viktor Orbán ihm die Einkaufsliste schreibt.

Ungarn Wahlplakat der Jobbik Partei zeigt Viktor Orban und Lorinc Meszaros
Lőrinc Mészáros und Viktor Orbán auf einem Wahlplakat der rechtsnationalen Jobbik-Partei. Darauf steht: "Ihr arbeitet, sie stehlen - deshalb sind die Löhne niedrig"Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/P. Gorondi

Der Aktienkurs von Opimus Global Nyrt. - der Eigentümergesellschaft von Ungarns größtem Medienimperium - steigt und steigt. Während eine Aktie im vergangenen Dezember noch bei 40 Forints lag, ist sie mit 330 Forints nun knapp achtmal so viel wert. Das Unternehmen dahinter gehört Lőrinc Mészáros, dem wohl wichtigsten Strohmann der Fidez-Führungsspitze, der Partei des ungarischen Premierministers Viktor Orbán - seit 2010 an der Macht.

"Gott, Glück und Viktor Orbán"

Die Aktienkurse zogen vor allem an, nachdem bekannt wurde, dass Mészáros der neue Eigentümer wird. Sein Name steht in Ungarn für Erfolg. Journalisten und Entscheidungsträger aus Ungarn, die anonym bleiben wollen, sind sich weitestgehend einig: Einen Teil oder sogar alle seine Investitionen sind langfristig für den Premierminister und seine Familie gedacht. Denn der Regierungschef darf offiziell keiner Wirtschaftstätigkeit nachgehen.

So liegt der Verdacht nahe, dass Mészáros seinen Erfolg vor allem den guten staatlichen Konditionen zu verdanken hat. Auch gab es bereits Fälle, in denen Immobilien zwischen Mészáros und der Familie Orbáns den Besitzer wechselten.

Mészáros verdankt seinen Aufstieg dem Bruch zwischen dem Premierminister und seinem alten Jugendfreund Lajos Simicska. Der einstige Kassenwart der Fidesz-Partei zählte zu den erfolgreichsten Geschäftsmännern Ungarns. Sein Erfolg gründete vor allem darauf, in den Jahren 2010 bis 2015 öffentliche Aufträge an Land zu ziehen - bis er bei Orbán in Ungnade fiel. Seitdem verzeichnen Mészáros Firmen ein rasantes Wachstum. Angesprochen auf sein Erfolgsgeheimnis, listet Mészáros drei Punkte auf: "Gott, Glück und Viktor Orbán."

Einer der reichsten Ungarn

Mészáros ist Bürgermeister von Felscút, dem Dorf, in dem auch Viktor Orbán aufwuchs. Viele Jahre war er Gasinstallateur. Im Jahr 2006 war das einzige Unternehmen, das er zu diesem Zeitpunkt besaß, weniger als 33.000 Euro wert. Im vergangenen Jahr wurde es auf 7,8 Millionen geschätzt. Zuvor hatte eine bekannte Zeitschrift ihn unter den reichsten Ungarn aufgelistet und sein Vermögen auf 390 Millionen Euro taxiert. Das war, bevor die Aktien seines Unternehmens rasant anstiegen.

Doch die größte Quelle seines Vermögens ist der staatliche Haushalt. Er zählt zu den Nutznießern öffentlicher Ausschreibungen. Sei es für Infrastrukturprojekte oder bei der Lieferung von Mineralwasser an Staatsunternehmen. Im vergangenen Jahr gewannen Firmen, die in Verbindung zu Mészáros stehen, Ausschreibungen in  Höhe von 740 Millionen Euro.

Medien, Hotels und Atomkraft

Seine älteste Firma, die Mészáros es Mészáros Kft., die vor allem auf Gasinstallationen spezialisiert war, ist aufgestiegen zu einem quasi-dauerhaften Vertragspartner bei EU-geförderten Investitionsprojekten: Mészáros Firma baut eine Donaubrücke, die Ungarn mit der Slowakei verbindet - für 92 Millionen Euro. Dasselbe Unternehmen war auch beauftragt, das Fußballstadion in Felscút zu bauen - interessanterweise direkt neben dem Ferienhaus von Viktor Orbán.

Das Stadion in Felscút - davor das Ferienhaus von Viktor OrbanBild: DW/T. Rasz

Nach dem Erfolg in der Bauwirtschaft, ist Mészáros nun auch in der Welt der Medien angekommen. Seine Firma Opimus hat das Medienunternehmen Mediaworks gekauft. Das wiederum ist die Firma, die auch an der Schließung der Oppositionszeitung "Nepszabadsag" beteiligt war. Die meisten der Regionalzeitungen in Ungarn liegen nun in Mészáros Hand. Auch hat er einem anderen Alliierten Viktor Orbáns, Gábor Széles, den Fernsehsender Echo TV abgekauft.

Auch in der Hotelbranche ist Mészáros tätig. So ist im vergangenen Jahr die Hunguest in seinen Besitz übergegangen. Die Kette verfügt über einen Großteil der Campingplätze rund um den Balaton; zwei Skiresorts in der Nähe der österreichischen Stadt Murau und das kroatische Fußballteam NK Osijek.

Als ob das alles nicht ausreichte, haben seine börslich notierten Unternehmen auch die  Mehrheit bei der ungarischen Tochter des tschechischen Atomenergie-Unternehmens Kralovopolska Ria erworben. Das ist einer der internationalen Partner des staatlich betriebenen russischen Energiegiganten Rosatom, der in Ungarn das Atomkraftwerk Paks II bauen soll. Mit dieser Beteiligung könnte Mészáros einer der Nutznießer des bis heute größten ungarischen Infrastrukturprojekts werden. Einen Kredit von zehn Milliarden Euro hat der russische Staat dafür bereits in Aussicht gestellt.

Hand in Hand mit den Banken

Nicht nur öffentliche Ausschreibungen haben Mészáros rasantes Wachstum ermöglicht. Auch etliche staatliche oder halbstaatliche Banken machen gerne Geschäfte mit ihm. Dazu zählen: Eximbank, Granit Bank, die ehemals staatliche MKB, B3 Takarek und die NHB. Die letzte gehört Támas Szemerey, dem Cousin des Präsidenten der ungarischen Zentralbank.

Bauarbeiten in Felscút Bild: DW/T. Rasz

All diese Geldhäuser haben ihn mit sehr guten Konditionen beglückt und ihm so die massiven Investitionen seiner Firmen ermöglicht. Seine Unternehmen haben Mészáros im Gegenzug schnelle Gewinne beschert. So hat beispielsweise seine Mineralwasser-Firma Vivienviz schon im ersten Jahr einen staatlichen Auftrag bekommen, der bereits den Kaufwert der Firma überstieg.

Auch hat Mészáros die MKB gekauft - die viertgrößte Bank in Ungarn. 2014 ging die MKB in den Staatsbesitz über, nachdem der vorherige Eigentümer - die Bayrische Landesbank - das Geldhaus im Rahmen der Bankenkrise verkaufen musste. Nach der Übernahme der MKB stabilisierte der ungarische Staat die von der Krise getroffene Bank, indem sie die faulen Anleihen an Investmentfonds verkaufte. Diese Fonds haben seitdem ihre Anteile weiterverkauft. So gehören nun 45 Prozent der Bank zu Mészáros Imperium, während weitere 30 Prozent im Besitz von Támas Szemerey und dem ehemaligen Vizepräsidenten der Zentralbank liegen. Die MKB zählt zu den Hauptkreditgebern von Mészáros Investitionen. Die ungarischen Regulierungen verhindern dabei nicht, dass der Nutznießer von Krediten auch Eigentümer der Banken werden kann, die Kredite vergeben.

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen