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Drosten warnt vor epidemiologischer Lage

17. März 2021

Durch die Variante B.1.1.7 sei das Coronavirus nicht nur ansteckender, sondern auch gefährlicher geworden, warnt Charité-Virologe Christian Drosten. Die Impfungen auch mit AstraZeneca würden gerade jetzt gebraucht.

Den Virologe Christian Dorsten sitzt vor einem blauen Hintergrund und gestikuliert
Den Virologen Christian Dorsten beunruhigt die aktuelle epidemiologische Lage in DeutschlandBild: Imago Images/photothek

Der Virologe Christian Drosten von der Universitätsklink Charité in Berlin bedauert die Entwicklungen um AstraZeneca mit ausgesetzten Impfungen und knapperen Liefermengen. Angesichts der beginnenden dritten Corona-Welle in Deutschland solle man momentan vor allem daran denken, "dass wir diese Impfung brauchen", betonte der Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe des NRD-Podcasts "Coronavirus-Update".

Mutante wird Pandemie-Verlauf "drastisch erschweren"

Die epidemiologische Lage sei momentan nicht gut in Deutschland, warnte Drosten. Die ansteckendere Virusvariante B.1.1.7 nehme immer mehr Überhand, ihr Anteil betrage inzwischen drei Viertel. "Wir werden kurz nach Ostern eine Situation haben wie um Weihnachten herum", sagte der Virologe, auch mit Blick auf düstere Prognosen des Robert Koch-Instituts (RKI) von vor einigen Tagen zu einem befürchteten starken Anstieg der Neuinfektionszahlen.

Die Situation werde sich dann im weiteren Verlauf "drastisch erschweren" wegen der Mutante, erwartet Drosten. Besonders "brenzlig" werde es für die weitestgehend noch ungeimpften Jahrgänge ab 50 Jahre. Für sie wiederholte Drosten eine bereits zuvor geäußerte Warnung.

Vor einigen Tagen hatte AstraZeneca eine drastische Kürzung seiner Lieferungen in die Europäische Union angekündigt. Man beabsichtige, im ersten Halbjahr 100 Millionen Dosen in die EU-Staaten zu liefern, hieß es. Zuletzt war der Konzern noch von 220 Millionen Dosen bis zur Jahresmitte ausgegangen.

Häufung von Thrombosen statistisches Problem?

Am Montag hatte dann das für die Impfstoff-Sicherheit zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Aussetzung der Impfungen mit AstraZeneca empfohlen. Nach Angaben aus dem Gesundheitsministerium wurden in Deutschland bis Dienstagabend insgesamt acht Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet. Die Zahl der Fälle ist demnach statistisch signifikant höher als in der Bevölkerung ohne Impfung. Laut PEI waren die Betroffenen vor allem Frauen. Ob ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfung und Thrombose besteht, wird derzeit untersucht. 

Die Häufung der seltenen Thrombosen innerhalb kurzer Zeit müsse man "natürlich ernst nehmen und anschauen", sagte Drosten. Dazu gehöre unter anderem auch die Suche nach möglichen anderen Ursachen. Er wolle die Entscheidung nicht bewerten und habe auch keine Hintergrundinformationen, so der Virologe. Er gab aber zu bedenken, dass es sich möglicherweise auch um ein statistisches Problem handeln könnte.

So seien in Deutschland Menschen unter 65 Jahre mit AstraZeneca geimpft worden, weil es zunächst keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Ältere gegeben hatte. In England hingegen seien bevorzugt Ältere damit geimpft worden; trotz einer höheren Zahl an Impfungen sei dort keine solche Thrombosen-Häufung beobachtet worden. Drosten verwies auf einen wohl hohen Frauenanteil beim medizinischen Personal und Pflegepersonal, das das Mittel in Deutschland erhielt. Er fragte: "Könnte es sein, dass das die Statistik färbt?" Für Frauen sei die Gefahr von Thrombosen generell höher. 

B.1.1.7 - übertragbarer und gefährlicher

Zu mehreren Studien über die in Großbritannien entdeckte Variante B.1.1.7 zog Drosten die Bilanz, dass das Virus nicht nur übertragbarer, sondern auch gefährlicher geworden sei. "Und das ist keine gute Botschaft, gerade in diesen Zeiten und in dieser jetzigen Nachrichtenlage." Die Studien lieferten weitere Hinweise, dass die Variante tödlicher sei.

Neuinfektionen nehmen weiter zu

Die Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) 13.435 Neuinfektionen gemeldet. Das sind 4289 Fälle mehr als am Mittwoch vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt im Vergleich zum Vortag von 83,7 auf 86,2, vor einer Woche lag sie bei 65,4. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Vor vier Wochen, am 17. Februar, hatte die Inzidenz noch bei 57,0 gelegen. Die Zahl der neuen Ansteckungen in Deutschland war im Januar und Februar über Wochen deutlich zurückgegangen. Zuletzt stieg sie jedoch wieder an, was auch an der Verbreitung ansteckenderer Varianten liegen dürfte.

Hilfe in der Corona-Krise? Fehlanzeige!

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249 weitere Menschen sind in Verbindung mit COVID-19 gestorben. Vor genau einer Woche waren 300 neue Todesfälle gemeldet worden. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf nunmehr 73.905. Insgesamt wurden bislang mehr als 2,94 Millionen Menschen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 2.383.600 an.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut Lagebericht vom Dienstagabend bei 1,06 (Vortag 1,15). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 106 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor acht bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Liegt er anhaltend darüber, breiten sich die Infektionen weiter aus.

ww/cw/kle (dpa/NDR)

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