1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Virtuelle Kriminalität

Jens Krepela4. Dezember 2003

Größere Gewinne als mit Drogenhandel und Schäden in Milliardenhöhe - Für Kriminelle ist das Internet zu einer bevorzugten Spielwiese geworden. Die Strafverfolgung dagegen ist schwer, wie die Herbsttagung des BKA zeigt.

Ein Wurm geht um die Welt: Hacker-Attacken sorgen für MilliardenschädenBild: dpa

Das weltweite Computernetz hat viele Vorzüge, aber auch einige Tücken. Ganze Länder, Wirtschaftsunternehmen, aber auch Einzelpersonen sind durch die Digitalisierung verwundbar geworden. Fast jeder Computer-Nutzer hat schon eigene Erfahrung mit Computer-Kriminalität gesammelt. Sei es durch einen Virus der den PC lahmlegt, oder ein 0190-Dialer-Programm, das sich im verborgenen auf der Festplatte installiert und anschließend die Telefonkosten in exorbitante Höhen treibt. Dem Kampf gegen diese "Informations- und Kommunikationskriminalität" hat das Bundeskriminalamt (BKA) in diesem Jahr seine traditionelle Herbsttagung (2.12. bis 4.12.2003) gewidmet. Rund 350 Vertreter von Polizei, Justiz, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik trafen sich in Wiesbaden, um sich über Computer-Straftaten zu informieren und Erfahrungen auszutauschen.

Große Dunkelziffer

Laut der offiziellen Kriminalstatistik machten Computer-Delikte in Deutschland mit 57.490 Fällen im Jahr 2002 zwar nur 0,88 Prozent an der Gesamtkriminalität aus, doch die Experten des BKA vermuten eine enorme Dunkelziffer. Dabei ist der Mißbrauch durch "Dialer"-Programme noch das harmloseste Szenario. Richtig teuer wird es bei Angriffen auf zentrale Einrichtungen. So hatte ein Computer-Wurm im Oktober 2002 zeitweise große Teile des erdumspannenden Netzes lahm gelegt. Der Schaden weltweit: rund eine Milliarde US-Dollar. Der Fall zeigt zudem Gefahren der Computerkriminalität auf, die nichts mit dem Ziel von Verbrechern zu tun haben, an anderer Leute Geld zu kommen. Hacker, die voller Stolz Viren schaffen, Terroristen, Spione oder feindliche Staaten könnten wichtige Infrastrukturen mit einem Angriff auf elektronische Systeme lahm legen, warnten mehrere Experten.

Unklare Rechtslage

Ansatz für Strafverfolgung im Internet ist in der Regel die so genannte IP-Adresse, also die Zahlenkombination, mit der ein an das Internet angeschlossener Rechner identifiziert werden kann. Bisher speicherten Provider die Verbindungsdaten nur ein bis zwei Monate lang für ihre eigene Abrechnung. Die Strafverfolgung erfordere jedoch einen Zeitraum von sechs oder sogar zwölf Monaten. Dazu müssten die Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden. Genau darin sehen die Experten das Hauptproblem in Deutschland.

Die unübersichtliche, unklare und teils widersprüchliche Rechtslage behindere Behörden und Internet-Anbieter im Kampf gegen die Computer-Kriminalität. "Wir haben da in vielen Bereichen eine Rechtsunsicherheit", sagte Thomas Königshofen, Experte für Datensicherheit der Deutschen Telekom. Einerseits seien die Unternehmen strengen Datenschutzrichtlinien unterworfen, andererseits verlangen die Strafverfolgungsbehörden die Herausgabe von Kundeninformationen zu Fahndungszwecken. Ein Dilemma ohne Ausweg.

Internationale Zusammenarbeit Basis für Erfolg

Eine wirklich wirkungsvolle Bekämpfung der Informations- und Kommunikationskriminalität kann nur auf internationaler Ebene erfolgreich sein, darüber waren sich die Experten in Wiesbaden einig. Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Ulrich Kersten, forderte deshalb eine Harmonisierung des internationalen Rechts. Unterschiedliche Standards in den einzelnen Ländern verhinderten oder erschwerten Ermittlungen über Grenzen hinweg, sagte er. Gleichzeitig sei jedoch Kriminalität im Internet in vielen Fällen international, weil der Täter verbotene Inhalte in einem anderen Land auf einem Webserver ablegt und die Nutzer wiederum in anderen Staaten sitzen.

Schily: Initiative im Europarat

Bundesinnenminister Otto Schily betonte bei dem Treffen wie wichtig internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Computer-Kriminalität sei. "Eine örtliche Nähe des Täters zu seiner Tat ist unter Ausnutzung der neuen Technologien nicht mehr zwingend notwendig." sagte er. " Die Arbeiten des Europarats und auf der G-8 Ebene im Kampf gegen Computerkriminalität und Kinderpornografie gehen deswegen in die richtige Richtung." Man müsse alles tun, um die Entstehung von sicheren Häfen für Hochtechnologie-Kriminelle zu vermeiden, so Schily weiter.

Die G-8 Staaten haben bereits 1998 eine Arbeitsgruppe mit dem Titel "High-Tech Crime" eingesetzt die die Strafverfolgung von Computerkriminellen international koordinieren soll. Auch die oberste europäische Polizeibehörde EUROPOL und ihr weltweites Pendant INTERPOL haben spezielle Abteilungen für die Bekämpfung von IT-Kriminalität gegründet.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen