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Virgin Galactic plant Concorde-Nachfolger

5. August 2020

Während die Flugbranche durch die Pandemie sichtlich gebeutelt ist, schmiedet Virgin Galactic fleißig Pläne: Ein Raumflugzeug für Weltraumtouristen und ein Passagierflugzeug mit Mach 3-Geschwindigkeit sollen es sein.

Digitale Konzeptaufnahmen von Virgin Galactic
Bild: AFP/VIRGIN GALACTIC

Die Luftfahrtbranche ist wohl eine der Branchen, die die Corona-Pandemie besonders hart trifft. Video-Konferenzen statt Businesstermine vor Ort, Urlaub daheim statt Ferien fernab. Gähnende Leere in den riesigen Fliegern. Wenn sie nicht sowieso am Boden stehen. 

Um den Auswirkungen der Krise entgegenzuwirken, ist die Flugbranche dabei, sich neu zu erfinden - oder vielmehr Schadensbegrenzung zu betreiben. So verabschieden sich etwa Airbus und Boeing von ihren Jumbos, Stellenstreichungen und Produktionskürzungen gehören zum Tagesgeschäft.

Mit Überschall durch die Krise

Doch einer lässt sich davon offenbar nicht beirren: Richard Branson, gerade 70 Jahre alt geworden, britischer Milliardär, Gründer der Virgin Group, die Teilunternehmen in unterschiedlichen Bereichen, zum Beispiel im Musikgeschäft, im Mobilfunk, und in der Luftfahrt umfasst. Zu letzterem gehört Virgin Galactic

Richard Branson, Gründer von Virgin Galactic, beim Börsengang im Oktober 2019Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Drew

Das Luft- und Raumunternehmen will ein neues Überschall-Passagierflugzeug entwickeln - mit dem Triebwerkbauer Rolls-Royce als Partner.

"Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Virgin Galactic [...], um die Zukunft des nachhaltigen Hochgeschwindigkeitsflugs zu erforschen", sagte Tom Bell, Geschäftsführer von Rolls-Royce North America in einem Statement. "Rolls-Royce kann auf eine einzigartige Geschichte im Hochgeschwindigkeitsantrieb zurückblicken, die bis zur Concorde zurückreicht, und bietet technische Fähigkeiten von Weltklasse für die Entwicklung und den Einsatz der fortschrittlichen Antriebssysteme, die für kommerziell erhältliche Hochgeschwindigkeitsreisen benötigt werden."

So soll der neue Überschallflieger von Virgin Galactic aussehen Bild: AFP/VIRGIN GALACTIC

Ein erstes Konzept dafür wurde nun vorgestellt: Das futuristische Flugzeug mit Platz für neun bis 19 Passagiere soll mit dreifacher Schallgeschwindigkeit (Mach 3, etwa 3700 km/h) fliegen. Als Reisehöhe werden etwa 18.000 Meter anvisiert - das ist etwa doppelt so hoch wie bei gewöhnlichen Passagiermaschinen.

Übrigens: Das Langstrecken-Aufklärungsflugzeug Lockheed SR-71 Blackbird, das von der US Air Force zwischen 1964 und 1998 eingesetzt wurde, ist bis dato mit 3,3 Mach das schnellste Flugzeug.

Doch bevor Virgin Galactic nachzieht, müsse das Entwicklungsteam noch eine Reihe von Herausforderungen meistern - unter anderem Lärm, Emissionen, Wartung und nicht zuletzt die Frage der Wirtschaftlichkeit, so Virgin Galactic.

Bislang gab es mit der Concorde nur ein Überschall-Passagierflugzeug. Sie war mit doppelter Schallgeschwindigkeit (Mach 2) unterwegs, wegen des enormen Treibstoffverbrauchs aber nicht rentabel. Der Absturz einer Concorde in Paris vor 20 Jahren - am 25. Juli 2000 - mit 113 Toten leitete das Ende des mythischen Überschallfliegers ein. Der Betrieb wurde 2003 eingestellt.

Virgins Visionen: Mehr Schein als Sein?

Doch die visionären Ideen von Branson trügen etwas. Denn derzeit muss er um sein Luft- und Raumfahrtimperium fürchten.

Nachdem er einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte, weil er seine Mitarbeiter bat, im Zuge der Pandemie acht Wochen unbezahlten Urlaub zu nehmen und mit seinem Flehen um britische Staatshilfe abblitzte, rettete Branson seine Airline Virgin Atlantic zuletzt mithilfe eines Hedgefonds.

Als Teil des Deals muss er eigenes Geld nachschießen. Dafür muss er wahrscheinlich weitere Aktien der 2019 an die Börse gebrachten Virgin Galactic verkaufen und die Anteilsmehrheit aufgeben.

Doch mit der Virgin Group hat Branson ein regelrechtes Marken-Imperium geschaffen - mit Flug-, Tourismus- und Plattengesellschaften, aber auch Kosmetik, Erfrischungsgetränken, Radiosendern, einer Eisenbahngesellschaft, Einzelhandels-, Mobilfunk- und Finanzangeboten ist er breit aufgestellt. 2014 war die Virgin Group an 200 Unternehmen in 30 Ländern beteiligt. 

Hoch hinaus

Doch Richard Branson möchte noch höher hinaus. Mit The Spaceship Company (TSC) hat er langfristig eigentlich ein anderes - noch viel höheres - Ziel: Weltraumtourismus.

Fast zeitgleich zum Mach 3-Passagierflugzeug präsentierte das Luft- und Raumfahrtimperium nun auch erste Bilder der Passagierkabine des SpaceShipTwo, seinem Raumflugzeug für Weltraumtouristen. Die ersten Touristenflüge ins All sind im Frühjahr 2021 geplant.

Der erster Weltraumtourist soll Firmengründer Branson selbst sein. Das Unternehmen plant demnach, im Herbst mit zwei bemannten Flügen "in die nächste Phase seines Testflug-Programms" zu treten.

Von der Flug- zur Tourismusbranche - die Rettung?

Sollten die Flüge wie geplant (!) verlaufen, könnte das erste Quartal 2021 den Startschuss für kommerzielle Weltraumflüge bedeuten.

Virgin Galactic will zahlende Weltraumtouristen dann mit einer Mischung aus Rakete und Flugzeug ins All bringen. Die Touristen sollen mehrere Minuten im Weltraum verbringen und durch große Fenster die Erde von oben beobachten können, während sie die Schwerelosigkeit erleben.

So soll die Passagierkabine des SpaceShipTwo aussehen, mit der Virgin Galactic Touristen ins All befördern möchteBild: picture-alliance/AP Photo/Virgin Galactic

Bisher konnte Virgin Galactic nach eigenen Angaben Reservierungen von mehr als 600 Interessenten aus 60 Ländern verbuchen. Bei dem Projekt kam es aber immer wieder zu Verzögerungen. Ein schwerer Rückschlag war ein Unfall 2014, bei dem ein Co-Pilot ums Leben kam.

Doch mit den Weltraumtourismus-Plänen ist TSC nicht allein, viele private Anbieter, wie Blue Origin von Amazon-Chef Jeff Bezos oder SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk setzen künftig auf Mond statt Malediven

Auch wenn sicherlich noch etwas Zeit vergehen wird, bis die ersten Ferien-Rakete ins All abhebt, verkündete Virgin Galactic bzw. TSC im Mai eine vielversprechende Zusammenarbeit mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA.

Allerdings schläft die Konkurrenz nicht. Schließlich mischt SpaceX beim bemannten Raumflug ebenfalls mit und hat im Auftrag der NASA mit "Crew Dragon" bereits zwei Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS gebracht und jüngst erfolgreich wieder auf die Erde  zurück befördert. Zumindest Elon Musk twitterte, wenn "die Raumfahrt so weit verbreitet ist wie die Luftfahrt, ist die Zukunft der Zivilisation gesichert...".

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.
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