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Vizekanzler Gabriel lobt Marokko

Jens Thurau, z.Z. Marokko 19. April 2016

In keinem Land laufe die Energiewende so effizient wie in Marokko, sagt Sigmar Gabriel. Für seine lobenden Äußerungen in Nordafrika erntet er in Berlin auch Kritik, berichtet Jens Thurau, der den SPD-Chef begleitet.

Sigmar Gabriel in Marokko (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Das musste ja kommen: Sigmar Gabriel, SPD-Chef und Vizekanzler, ist endlich einmal weg aus Berlin und steht jetzt vor den Pyramiden von Gizeh vor den Stadttoren von Kairo. Eindrucksvolle Kulisse, beste Stimmung. Frage der Journalisten aus Berlin, die den Wirtschaftsminister hierher begleitet haben: Was kann denn die SPD lernen von den Pyramiden? Gabriel tut so, als würde ihn diese Frage nicht ärgern. "Die Pyramiden zeigen uns, wie man Wind und Wetter widerstehen kann", fällt ihm ein. Schlagfertig ist er - das war er immer.

Was soll er auch machen? Die SPD ist zuletzt in einer Umfrage unter 20 Prozent gerutscht und hat bei zwei der drei letzten Landtagswahlen die rechtspopulistische AfD an sich vorbeiziehen sehen. Nicht wenige in der SPD geben dem Parteichef eine Mitschuld an dieser Misere. Zu sprunghaft sei er, zu wenig seriös, zu wenig eine Vertrauensfigur. Und was ist die SPD unter Gabriel? Anwalt der kleinen Leute, Partei der Mitte? Alles irgendwie unentschieden. Und wenn etwas klappt in der Regierung, profitiert die Kanzlerin, wenn nicht, bekommt der kleine Koalitionspartner, die SPD, die Schuld. Und ihr Chef.

Marokko als Hort der Stabilität

Gut also, mal weg zu sein. Während der 36 Stunden in Kairo ist Gabriel in erster Linie Staatsmann. Deutschland sorgt sich um die Stabilität Ägyptens, der Vizekanzler spricht der Militärregierung Mut zu, trotz der Berichte über haarsträubende Menschenrechtsverletzungen. Und er nennt den Machthaber, Ex-General Abdel Fattah al-Sisi, einen "beeindruckenden" Präsidenten. Das irritiert viele, zuhause in Berlin empört sich Grünen-Chef Cem Özdemir: "Was hat Gabriel denn beeindruckt? Die Verhaftung zehntausender Kritiker?" Gabriel versucht zu erklären: Al-Sisi habe ihm wenigstens zugehört, anders als etwa die Chinesen, wenn es um die Menschenrechte gehe. Das Gespräch habe länger gedauert als geplant. Und: Aussuchen könne man sich die Gesprächspartner doch sowieso nicht. Aber Deutschland muss Ägypten stützen: "Wenn dieses Land ins Chaos rutscht, ist die Flüchtlingswelle, die wir bisher erlebt haben, ein laues Lüftchen." Gabriel fühlt sich sichtlich wohl als Wahrer elementarer deutscher Interessen. Es kümmert ihn nicht, wenn er dabei hier und da etwas drastisch formuliert.

Sigmar Gabriel wurde für seine lobenden Worte für Abdel Fattah al-Sisi kritisiertBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Das geht auch in Marokko so weiter, der zweiten Station der Reise Gabriels. Ein Hort der Stabilität sei das hier, das Land sei eines der wenigen in der Region, das durch den "Arabischen Frühling" und die Zeit der Repression und des Terrors danach nicht verunsichert worden sei. Höchstes Lob erntet dann die Energiepolitik des Landes, in dem große Wind- und Solaranlagen entstehen, das aber immer noch mit einem hohen Anteil von Importstrom aus Europa kämpft. Zuspruch und vor allem Investitionen tun den Regierenden hier gut. "Ich kenne kein Land in der Region, in dem die Energiewende so effizient läuft wie hier in Marokko. Ganz so planvoll hat die Energiewende auch in Deutschland nicht begonnen." Wirklich? Es sind diese leicht überzogenen Sätze, hier und in Ägypten, die Gabriel manchmal unnötig in Schwierigkeiten bringen.

Gabriel redet über SPD wie ein Außenstehender

Apropos Marokko: Anfang des Jahres hat Gabriel dem Land und dem Nachbarn Tunesien noch mit einer Kürzung der Entwicklungshilfe gedroht, wenn sie abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland nicht zurücknehmen. Jetzt heißt es aus Kreisen der deutschen Regierung, eine baldige Rückführung scheitere bislang vor allem daran, dass die meisten der marokkanischen Flüchtlinge in Deutschland gar nicht registriert seien. Gut, dass hier niemand Gabriel auf seine Sätze vom Januar anspricht.

Und zum Schluss nochmal die SPD. Im kleinen Kreis redet Gabriel über seine Partei wie ein Außenstehender. 19,5 Prozent, schon klar, das sei dann wie im Fußball: Nach vielen Niederlagen werde eben über einen Trainerwechsel debattiert. Zufrieden sei seine SPD sowieso nie. "Allein das Willy-Brandt-Haus in Berlin: Wenn Sie da reinkommen, das ist doch ein Gebäude für eine 40-Prozent-Partei." Und solche Erwartungen haben die Genossen eben, soll das wohl heißen. Es wirkt ein bisschen fatalistisch. Sigmar Gabriel wird wohl erst einmal genauso weitermachen wie bisher. Das hat er nämlich mit seiner Chefin Angela Merkel, der Kanzlerin von der CDU, gemeinsam: Auch in seiner Partei ist niemand da, der als eine Alternative in Frage käme, trotz aller schlechten Nachrichten.

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