Wer ist der neue UN-Hochkommissar für Menschenrechte?
17. Oktober 2022Den Meisten dürfte der Name Volker Türk wenig sagen - in der Öffentlichkeit ist der 57-jährige Österreicher bislang kaum bekannt. Seine Ernennung zum UN-Hochkommissar für Menschenrechte mag deshalb überraschend erscheinen, zuvor haben den Posten meist hochrangige internationale Persönlichkeiten wie ehemalige Staatschefs übernommen. Türks Vorgängerin Michelle Bachelet etwa war zuvor Präsidentin Chiles.
Ein UN-Gewächs
Doch innerhalb der Vereinten Nationen (UN) ist Türk kein unbeschriebenes Blatt, sondern hatte schon wichtige Posten inne. Der Jurist ist dort seit 30 Jahren tätig, darunter beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, wo er zuletzt von 2015 bis 2019 das Amt eines stellvertretenden Hochkommissars bekleidete. Danach wechselte der promovierte Völkerrechtler in das Büro von UN-Generalsekretär António Guterres in New York, er gilt als dessen enger Vertrauter.
Im Rahmen seiner neuen Position geht es für Türk nun nach Europa, zum zweiten Hauptsitz der Vereinten Nationen in Genf. Dass er Bachelets Nachfolger wird, steht seit Anfang September fest, nachdem er von Guterres für den Posten nominiert und von der UN-Vollversammlung bestätigt worden war. Er ist der neunte Menschenrechtskommissar, seit das Amt 1993 geschaffen wurde.
Vielfältige Aufgaben
Der Hochkommissar für Menschenrechte ist der wichtigste Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen. Er steht dem "Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte" (OHCHR) vor und ist für alle Aktivitäten des OHCHR und für dessen Verwaltung verantwortlich.
Der Hochkommissar ist direkt dem Generalsekretär unterstellt. Er berät diesen über die Politik der UN im Bereich der Menschenrechte, vertritt ihn bei Sitzungen der Menschenrechtsorgane und bei anderen Menschenrechtsveranstaltungen und führt auf dessen Beschluss Sonderaufgaben aus. Er muss sicherstellen, dass die Projekte, Aktivitäten, Organe und Gremien des Menschenrechtsprogramms unterstützt werden.
"Wir brauchen Alle mit an Bord"
Bei seinem Amtsantritt sagte Volker Türk, er hoffe, "dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen können, um die Menschenrechte aller Menschen zu fördern". Er habe viele Jahre damit verbracht, "die Rechte einiger der verletzlichsten Menschen auf der Welt zu verteidigen - Flüchtlinge, Staatenlose, Binnenvertriebene - aber auch Menschen, die in Konflikten und fragilen Situationen gefangen sind". Es sei in der heutigen zersplitterten Welt wichtig, dass es "eine unverwechselbare Stimme des Gewissens, der Vernunft und der Weisheit gibt. Der Hohe Kommissar für Menschenrechte muss diese Stimme sein".
In einem auf Twitter geteilten Video erklärte Türk, dass die Universalität der Menschenrechte wiederhergestellt werden müsse. Er betonte zudem, vor allem mit jungen Leuten in Kontakt treten und sie für das Thema Menschenrechte begeistern zu wollen. "Wenn es um die Menschenrechte geht, braucht die Welt in diesem Stadium Alle mit an Bord!"
An Krisen mangelt es nicht
Auf konkrete Herausforderungen in Sachen Menschenrechte ging Türk dagegen nicht ein - etwa den russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder die durch den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini ausgelösten Proteste im Iran. Auch die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang dürften den neuen Hochkommissar für Menschenrechte während seiner vierjährigen Amtszeit begleiten.
Denn dazu hatte seine Vorgängerin Michelle Bachelet nur wenige Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit Ende August einen lang erwarteten Bericht veröffentlicht, China wies die Anschuldigungen zurück. Türk bleibt nun die schwierige Aufgabe der Nachbereitung. Menschenrechtsgruppen fordern, der nächste UN-Menschenrechtskommissar solle den Mut haben, sich mit den mächtigsten Ländern anzulegen und Verstöße anzuprangern.
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, hatte im September zur Ernennung Türks als Hochkommissar gesagt: "Er muss sofort dazu beitragen, eine wirksame Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Verfolgung von Millionen von Uiguren durch China und viel zu viele vergessene Krisen vom Jemen über die Demokratische Republik Kongo bis nach Myanmar und darüber hinaus zu gestalten und Rechenschaft abzulegen. Auf seiner Agenda sollte auch die Stärkung der Menschenrechte im Hinblick auf den Klimawandel und die zunehmende Ungleichheit stehen."