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Volksabstimmung gegen die Atomenergie

27. März 2011

Für die Bundesregierung bedeutet das Ergebnis der beiden Landtagswahlen einen empfindlichen Dämpfer. Sie kann danach nicht mehr zu Tagesordnung übergehen. Hoffnunglos ist die Lage trotzdem nicht, meint Peter Stützle.

Bild: DW

Das habe er noch nie erlebt, berichtete ein örtlicher Wahlleiter wenige Tage vor der Wahl: Mehrere Wähler, die ihre Stimme bereits per Briefwahl abgegeben hatten, hätten sich an ihn gewandt, sie wollten jetzt anders wählen. Natürlich ging das nicht. Aber die Geschichte zeigt, wie ein Thema im letzten Moment die Wahlentscheidung beeinflusst hat: Die Diskussion über die Atomkraft in Deutschland in Folge des Reaktorunglücks in Japan.

Wende in der Energiepolitik notwendig

Für Bundeskanzlerin Merkel liegt darin, so desaströs das Wahlergebnis für ihre Koalition auch ist, ein Hoffnungsschimmer. Wenn ihr eine glaubhafte Wende in der Energiepolitik gelingt, weg von der Kernkraft und hin zu erneuerbaren Energien, könnte sie heil durch die Turbulenzen kommen, in die sie mit diesem Wahltag geraten ist. Noch am Wahlabend versuchten Politiker der Berliner Regierungsparteien, den Ball ins Feld der Oppositionsparteien SPD uns Grüne zu spielen. Sie sollten in den Bundesländern, in denen sie regieren, nun die Voraussetzungen für eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien zu schaffen. Also Staudämme für Pumpspeicher-Kraftwerke bauen, neue Stromtrassen genehmigen und Ähnliches.

Peter Stützle, DW-HauptstadtstudioBild: DW

Solche Finessen veranschaulichen, worin die größte Bedeutung dieses Wahltags liegt. Es war, wie der sozialdemokratische Parteichef Sigmar Gabriel ganz richtig feststellte, eine Volksabstimmung gegen die Atomenergie. Wer in den Regierungsparteien noch gehofft haben mag, die angekündigte Überprüfung der Kernkraftwerke mit dem Ergebnis abschließen zu können, dass alles so bleiben kann wie es ist, der muss diese Hoffnung nun begraben.

CDU stehen Diskussionen bevor

So ganz widerspruchslos wird diese Energiewende freilich in den Regierungsparteien nicht hingenommen werden. Angela Merkel wird sich hier noch auf heftige innerparteiliche Diskussionen einstellen müssen. Allerdings hat sie es bisher immer noch geschafft, ihre Christdemokraten hinter sich zu bringen, selbst bei einschneidenden Kursänderungen wie der Aussetzung der Wehrpflicht. Jemand, der gegen sie Position beziehen könnte mit der ernsthaften Aussicht, sich gegen die Parteichefin durchzusetzen, ist in der CDU nicht in Sicht.

Ähnlich ist es bei den Liberalen, was vorerst Parteichef Guido Westerwelle den Kopf retten dürfte. Die einen potentiellen Nachfolger, wie FDP-Generalsekretär Lindner oder Gesundheitsminister Rösler, gelten noch als zu jung und unerfahren, um die Partei jetzt, mitten in der Krise, zu übernehmen. Der andere, der alterfahrene Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, muss derzeit akut um seinen eigenen Kopf fürchten. Denn die von ihm geführte rheinland-pfälzische FDP ist gerade aus dem Landesparlament gewählt worden, und eine ihm zugeschriebene und nur halb dementierte Äußerung dürfte einigen Anteil daran gehabt haben: Dass die jüngsten Regierungsentscheidungen zur Atomkraft nur dem Wahlkampf geschuldet seien.

So wird also die Regierung Merkel-Westerwelle weitermachen. Allerdings unter erschwerten Bedingungen.

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Frank Wörner