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Volkswagen unter Strom

12. März 2019

Der Volkswagen-Konzern verdient trotz diverser Probleme gut: Im abgelaufenen Geschäftsjahr blieben zwölf Milliarden Euro übrig. Das wirkt sich auch auf die Geldbörse des VW-Chefs aus.

Volkswagen
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Der Wolfsburger Volkswagen-Konzern hat mit vielen Baustellen zu kämpfen: Die Auswirkungen der Dieselkrise ist nur eine davon, wohl aber eine der größten. In Deutschland stehen noch bedeutende Gerichtsprozesse aus, außerdem hat der Konzern nicht nur einen Kulturwandel beschlossen, sondern auch einen strategischen Wandel: Bis 2050 - so das Ziel - will man das Auto dekarbonisieren, die CO2-Bilanz der Fahrzeugflotte soll bis dahin auf Null sinken. Das betrifft auch die Fertigung einiger Modelle: So soll zum Beispiel das neue Elektroauto ID, das Ende 2019 in Serie gehen wird, klimaneutral hergestellt werden.

Diesen Umstieg Richtung Elektromobilität forciert der Konzern nun: Wie Volkswagen am Dienstag bei der Vorlage des Geschäftsberichts ankündigte, will man binnen zehn Jahren 22 Millionen batteriegetriebene Fahrzeuge auf der eigens dafür entwickelten Elektroplattform bauen - sieben Millionen mehr als bisher geplant. Auch sollen mehr elektrische Modelle von den Bändern rollen: Nicht 50, sondern 70. Mit dieser Offensive will der Konzern die Dieselkrise endgültig hinter sich lassen und zum Weltmarktführer für elektrisch angetriebene Autos werden.

VW-Chef Herbert Diess bei der Vorstellung des Geschäftsberichts in WolfsburgBild: Reuters/F. Bimmer

Investitionen und Strafzahlungen

Das kostet: Der Konzern nimmt dafür in den kommenden fünf Jahren mehr als 30 Milliarden Euro in die Hand. Rechnet man noch die Ausgaben für die Digitalisierung, neue Mobilitätsdienste und autonomes Fahren hinzu, summiert sich das auf 44 Milliarden Euro. Und das, obwohl der Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr weitere 3,2 Milliarden Euro in die Vergangenheit investieren musste, sprich: die weitere Aufarbeitung des Dieselskandals. Damit klettern dessen Kosten auf insgesamt 29 Milliarden Euro.

Dem stehen 12,1 Milliarden Euro Gewinn nach Steuern gegenüber, die der Konzern im vergangenen Jahr erwirtschaftet hat, sechs Prozent mehr als im Jahr davor. "Wir haben uns trotz starken Gegenwindes ordentlich geschlagen und ein erfolgreiches Jahr hingelegt", sagte Konzernchef Herbert Diess in Wolfsburg. Weltweit wurden 10,8 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert, ein neuer Rekordwert. Auch der Umsatz legte zu, um über sechs Milliarden Euro auf 235,8 Milliarden.

Druck im Kessel

Aber VW wäre nicht VW, wenn bei diesen Zahlen alles eitel Sonnenschein wäre. Denn der radikale Schwenk hin zur Elektromobilität bedeutet auch weniger Arbeitsplätze, weil beim Bau von E-Autos schlicht weniger Arbeit anfällt. Bis 2020 werden über 14.000 Stellen wegfallen, das ist bereits mit den Gewerkschaften vereinbart. Jetzt soll offenbar noch mehr eingespart werden; beim Umbau der Werke in Emden und Hannover zu Elektrostandorten sollen weitere 7000 Jobs wegfallen und noch einmal zwischen 5000 und 7000 in der Verwaltung.

Der mächtige Betriebsrat-Chef Bernd Osterloh warf dem Management schwere Fehler bei der Umstellung auf das neue Abgasprüfsystem WLTP vor - nach Medienberichten haben die dem Konzern im vergangenen Jahr bis zu 3,6 Milliarden Euro gekostet. VW-Chef Diess widersprach dem und bezifferte die Kosten mit einer Milliarde Euro.

Und als sei das alles nicht genug, hatte Miteigner Wolfgang Porsche noch Öl ins Feuer gegossen und die Gewerkschaften mitverantwortlich gemacht für "Verkrustungen" bei VW und Audi. Porsche, der Sprecher der Eigentümerfamilien, hatte vergangene Woche auf dem Genfer Autosalon gesagt, es gelte, die "schwerfälligen Strukturen" aufzubrechen. Und in Richtung Betriebsrat: "Die Arbeitnehmervertreter haben bekanntlich ein großes Netzwerk, und wir müssen schauen, wie man das aufbrechen kann." 

Hoffnungsträger: Fahrzeuge der neuen Elektrobaureihe IDBild: Volkswagen AG

8,5 Millionen für den Chef

Osterloh schlug daraufhin zurück: Das WLTP-Problem habe zu größeren Lieferausfällen geführt, in Wolfsburg gebe es Probleme bei der Einführung des neuen VW Golf VIII, in Zwickau bei der Vorbereitung der Serienproduktion des ID. "Alles Management-Themen, die nichts mit der Belegschaft zu tun haben", zitiert die Süddeutsche Zeitung den Betriebsratschef.

Konzernchef Diess jedenfalls ließ bei der Vorlage des Geschäftsbericht keine Zweifel aufkommen: Nach wie vor gebe es in Sachen Profitabilität einen großen Nachholbedarf, man werde durch die Elektromobilität weniger Arbeitskräfte benötigen. "Es wird schwer, das nur mit Fluktuation und Altersteilzeit zu schaffen."

Da klingt es für die möglicherweise betroffenen Mitarbeiter wie eine schlechte Nachricht, dass ihr Konzernchef, der vor einem Jahr vom Chef der Marke VW zum Chef des Gesamtkonzerns aufgestiegen war, eine satte Gehaltssteigerung bekommen hat: Von 5,2 Millionen auf knapp 8,5 Millionen Euro. Zum Trost: Gemessen an dem, was der frühere VW-Chef Martin Winterkorn verdiente, ist das wenig: Der kam auf ein Rekordgehalt von über 17 Millionen Euro. Mittlerweile hat der Konzern die Höhe der Vorstandsgehälter aber gedeckelt, mehr als zehn Millionen für den Konzernchef sind nicht drin.

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