Die DDR wurde schon oft zum Filmthema gemacht. Stasi, Flucht und Verfolgung dominieren diese Geschichtsfilme nicht selten. Dass es auch anders geht, zeigt Regisseur Matti Geschonneck mit seiner satirischen Farce.
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Grandiose Literaturverfilmung: "In Zeiten des abnehmenden Lichts"
2011 erhielt Eugen Ruge für seinen Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" den Deutschen Buchpreis. Regisseur Matti Geschonneck fand für seine Leinwandadaption den richtigen Ton - und herausragende Schauspieler.
Bild: X-Verleih/H. Hubach
Phantastischer Ensemblefilm
Kurt Umnitzer (Sylvester Groth), Sohn des ehemals hohen DDR-Funktionärs Wilhelm Powileit, ist zu dessen 90. Geburtstag eingeladen. Irina, seine russische Frau, wird von der israelischen Schauspielerin Yevgeniya Dodina gespielt. Groth und Dodina sind nur zwei Namen aus dem großartigen Darstellerensemble der Romanverfilmung "In Zeiten des abnehmenden Lichts".
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Im Zentrum: Bruno Ganz
Wilhelm Powileit, ein strammer Kommunist, der auf eine jahrzehntelange Parteikarriere zurückblicken kann, wird von Bruno Ganz verkörpert. Für den berühmten Theater- und Filmschauspieler ist der Auftritt in der Romanverfilmung sicherlich eine der Höhepunkte seiner späten Karriere. Ganz brilliert in der Rolle des sturen Genossen und verleiht dem Film schauspielerische Glanzpunkte.
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Glückwünsche im Minutentakt
Regisseur Matti Geschonneck verdichtet die Handlung seiner Romanadaption auf einen Tag - den 90. Geburtstag von Wilhelm Powileit. Alle kommen, um den verdienten Funktionär zu beglückwünschen: Parteigenossen und Politfunktionäre, Freunde und Familie. Interessant ist der Zeitpunkt des Filmgeschehens: Herbst 1989, ein paar Wochen vor dem Fall der Mauer und im Umfeld der 40-Jahres-Feiern der DDR.
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Blick hinter die Kulissen
Der Hauptteil der Handlung spielt sich im Hause von Wilhelm Powileit ab. Doch immer wieder unterbricht Matti Geschonneck die Szenerie mit Sequenzen, die das Leben der anderen Personen beleuchten. Dann wird der satirisch angelegte Film auch nachdenklich und hintergründig. Auch, weil in diesen Szenen das Leben der Protagonisten außerhalb der offiziellen DDR-Realität erzählt wird.
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Konflikte in Zeiten der Krise
Die DDR steht vor dem Zusammenbruch. Das wissen die meisten Akteure in "Zeiten des abnehmenden Lichts". Auch Wilhelm Powileits Sohn Kurt Umnitzer zweifelt an den Versprechungen der DDR-Propaganda - doch kann er sich nicht lösen von seinem bisherigen Leben. Kurts Sohn Sascha wiederum (Alexander Fehling) unterrichtet den Vater von seinen Lebensplänen: Er will sich in die Bundesrepublik absetzen.
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Einiges geht zu Bruch ...
...in "Zeiten des abnehmenden Lichts" - im wahrsten Sinne des Wortes. Während die Romanvorlage von Eugen Ruge die Thematik eher ernst und nachdenklich aufarbeitet, setzt die Verfilmung auch auf Witz und Satire. Einer der Höhepunkte ist eine Szene, in der der Tisch mit dem Geburtstagsbuffet zu Bruch geht - Sinnbild für den zusammenbrechenden Staat und die sozialistischen Ideale.
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Blick zurück in die Geschichte
"In Zeiten des abnehmenden Lichts" gelingt - anders als vielen Filmen aus den vergangenen 25 Jahren mit DDR-Thematik - der schwierige Spagat zwischen Humor, Witz und ernsthafter Geschichtsdarstellung. Geschonnecks Werk ist eine hinreißende Satire auf die letzten Jahren der DDR, aber auch eine ergreifende Darstellung von Schicksalen im Sog deutsch-deutscher Historie.
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Lohnender Kinobesuch
Nach seiner Premiere bei der Berlinale kam die Romanverfilmung "In Zeiten des abnehmenden Lichts" am 1. Juni 2017 bundesweit in die Kinos. Dass der Sprung ins andere Medium gelang, lag - außer an Regie und Schauspielkunst - sicher auch an der Arbeit des Drehbuchautors Wolfgang Kohlhaase, einer der besten Filmautoren der DDR und später auch in Gesamtdeutschland.
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"Das Leben der Anderen" und "Good Bye, Lenin!", "Sonnenallee", "Helden wie wir" und "Der rote Kakadu", "NVA", "Bornholmer Straße", "Barbara" und "Der Tunnel" - man kann nicht sagen, dass sich die deutschen Regisseure nicht ausgiebig mit der Geschichte der DDR und dem Untergang des sozialistischen Teils Deutschlands beschäftigt hätten.
In den letzten Jahren gehörten außerdem einige der erfolgreichsten TV-Serien zum Themenkomplex DDR. Darunter "Weissensee", "Deutschland 83" oder zuletzt "Der gleiche Himmel", um nur drei bekannte Mehrteiler zu nennen. Filme und Serien, die zudem auch im Ausland erfolgreich waren.
Der Roman bekam 2011 den Deutschen Buchpreis
Nicht alle diese Filme sind künstlerisch gelungen. Vor allem einige Werke, die sich mit Witz und Humor dem Thema näherten, wurden oft auch kritisiert. Scherz, Satire und Ironie - das war und ist eine der schwierigsten Übungen in der Kunst, gerade auch in Film und Fernsehen. Und so waren manche Besucher der Berliner Filmfestspiele skeptisch, als im Februar die Romanverfilmung "In Zeiten des abnehmenden Lichts" angekündigt wurde. Schließlich hatte Autor Eugen Ruge die künstlerische Latte mit seinem später auch mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman hoch gelegt.
Umso erfreuter war das Publikum dann nach der Premiere in Berlin. Regisseur Matti Geschonneck war es gelungen, aus einem guten Buch einen überzeugenden Film zu machen. Das mag auch am Filmteam gelegen haben. Schließlich brachten Geschonneck und seine Mitstreiter jede Menge Erfahrung mit. Der Regisseur, selbst Sohn des legendären DDR-Schauspielers Erwin Geschonneck, dreht seit Jahren vor allem anspruchsvolle Fernsehfilme - nicht selten mit historischen Themen.
Bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzt
"In Zeiten des abnehmenden Lichts"
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Doch auch im Kino hatte der Regisseur Erfolg, zum Beispiel 2010 mit dem ebenfalls bei der Berlinale uraufgeführten "Boxhagener Platz". Einen ebenso großen Anteil am Gelingen des Films gebührt sicherlich auch Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, ein Experte in Sachen DDR-Geschichte. Gewiss sind ihm die vielen guten und auf den Punkt geschriebenen Dialoge zu verdanken.
Nicht zuletzt ist "In Zeiten des abnehmenden Lichts" auch ein grandioser Schauspielerfilm. Selten hat man in letzter Zeit einen derart hochkarätig besetzten deutschen Film gesehen - bei dem auch die kleinsten Nebenrollen perfekt gespielt sind - und der doch nicht zu einer kabarettistischen Nummernrevue verkommt.
"In Zeiten des abnehmenden Lichts" bietet keinen bloß folkloristisch-verspielten Blick auf ein sterbendes Land - wie einige vergleichbare filmische Geschichtslektionen in Kino und Fernsehen. Ob Bruno Ganz oder Hildegard Schmahl, Sylvester Groth oder Alexander Fehling, aber auch Angela Winkler oder Gabriela Maria Schmeide in kleineren Nebenrollen - der Film ist glänzend besetzt.
So ist es einer souveränen Regie, intelligenten Dialogen und großartigen Darstellern zu verdanken, dass "In Zeiten des abnehmenden Lichts" ein seltenes Kunststück gelingt: die Waage zu halten zwischen dem satirischen Blick auf die DDR und einer ernsthaften Beschäftigung mit einer komplexen historischen Thematik.
Mehr über den Film "In Zeiten des abnehmenden Lichts" in der neuen Ausgabe von KINO.