Deutscher Buchpreis 2010
1. Oktober 2010Kathrin Schmidt galt eigentlich als Außenseiterin im Rennen um den Deutschen Buchpreis 2009. Umso größer war die Freude der Autorin und studierten Psychologin über ihre Auszeichnung für den Roman "Du stirbst nicht". "Freuen Sie sich jetzt über den Preis?- Ja, sehr", antwortete Schmidt nach der Bekanntgabe. "Schließlich bedeutet er auch erst einmal eine gewisse finanzielle Sorglosigkeit, die ich bis jetzt nicht kannte."
Der mit 25.000 Euro dotierte Deutsche Buchpreis wird erst seit 2005 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben. In kürzester Zeit ist er zu einem der wichtigsten Literaturpreise weltweit avanciert. Als Vorbilder fungierten bei seiner Schaffung der altehrwürdige englische Man Booker Prize und der französische Prix Goncourt, der seit 1903 jeweils im Spätherbst von der Académie Goncourt für das beste erzählerische Werk eines Jahres in französischer Sprache vergeben wird. Keine schlechten Hausmarken.
Bunter Mix an Themen
Doch wer schafft es alljährlich auf die Shortlist des Börsenvereins? Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz können sich mit je zwei deutschsprachigen Romanen aus dem aktuellen oder geplanten Programm in einem bestimmten, vorgegebenen Zeitraum bewerben. Und so bunt und verschiedenartig, wie die Herkunftsländer sind, so vielseitig ist auch der literarische Stoff, der aus ihnen kommt. Im Jahr 2009 handelte es sich um ein autobiographisch geprägtes Werk. "Du stirbst nicht" von Kathrin Schmidt handelt von einer Frau, die sich nach einer Hirnblutung kaum wieder erkennt. Auch in diesem Jahr sorgte die Shortlist für Überraschungen: ein Mix an Büchern von in der Mehrzahl noch nicht so etablierten Schriftstellern wie der Debütantin Judith Zander, der 1986 in Serbien geborenen und heute in der Schweiz lebenden Melinda Nadj Aboni oder dem Wiener Doron Rabinovici wurden nominiert.
Das beste Buch des Jahres
Schaut man auf das Heer von internationalen Buchpreisen, die bereits auf eine lange Tradition zurückblicken können wie der Pulitzer-Preis oder der spanische Premio Nadal, mag sich der ein oder andere die Frage stellen, worin die Wichtigkeit eines Deutschen Buchpreises begründet liegt. Die Frage ist schnell beantwortet: Der Erfolg der Preisträger der vergangenen Jahre auf dem Buchmarkt rechtfertigt die Existenz der Auszeichnung. Uwe Tellkamp, der 2008 für seinen Roman "Der Turm" den Deutschen Buchpreis erhielt, sieht das ganz nüchtern: Beim Buchpreis handele es sich um eine "knallharte Kalkulation": Welches Buch lässt sich am besten ins Ausland verkaufen und am besten vermarkten – das seien doch die wesentlichen Fragen, so der Ausgezeichnete.
Mit dem Buchpreis in die weite Welt
Tellkamps Werk, das in zehn Sprachen übersetzt wurde – darunter so exotische wie Bulgarisch, Tschechisch, Ungarisch und Dänisch - erzielte damals innerhalb kürzester Zeit rasante Verkaufszahlen. Und auch Katharina Hacker mit "Die Habenichtse" stieß nach der Verleihung im Frankfurter Römer 2006 ein wahrer Auflagensprung zu. Die Verkaufszahlen steigerten sich rasant – eine hübsche Pointe, dass das ausgerechnet einem Roman mit dem Titel "Die Habenichtse" zustieß. Die Autorin steht freilich nicht allein mit ihrem merkantilen Höhenflug: Der Buchpreis-Sieger 2005, der Österreicher Arno Geiger, hat inzwischen rund 200.000 Stück seines Romans "Es geht uns gut" verkauft. Fest steht: "Die Deutschen lesen wieder so massenhaft ihre eigenen Autoren wie wohl seit den sechziger Jahren nicht mehr, oder: wie eigentlich noch nie", schwärmte damals die Süddeutsche Zeitung. Und es stimmt, zumindest was den Verkauf angeht. Ein Trend, der nicht zuletzt dem Deutschen Buchpreis geschuldet ist.
Autorin: Sonja Badorek
Redaktion: Sabine Oelze