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Radiogeschichte

28. Oktober 2011

Mit einem Foxtrott startete im Oktober 1923 der erste deutsche Radiosender in Berlin. Heute gibt es rund 370 Hörfunksender. Doch die Zukunft scheint dem Webradio zu gehören.

Ein altes Radiogerät steht auf einer Fensterbank (Foto: AP)
Bild: AP

Vier einfache Worte standen am Beginn des Menschheitstraums von einer unbegrenzten Kommunikation. "Hier ist Berlin, Voxhaus", sagte der Radiosprecher am 28. Oktober 1923 und eröffnete damit das erste deutsche Hörfunkprogramm. Es bestand zwar im wesentlichen aus Tanzmusik und die Hörerzahl war auch überschaubar, aber der Rundfunk läutete ein neues Zeitalter ein, das Zeitalter der Massenkommunikation.

Die ersten Radiogeräte konnten übrigens selbst gebastelt werden. Ob Detektor- oder Röhrenapparat – beide wurden noch nicht mit Strom aus der Steckdose betrieben. Die Hörer brauchten Batterien und eine Hochantenne von rund 25 Metern. Der deutsche Staat sah diesen unkontrollierten Zugang zum neuen Medium allerdings skeptisch. Er verpflichtete die Industrie deshalb dazu, nur Geräte herzustellen, mit denen nicht selbst gesendet werden konnte und mit denen nur ein enger Mittelwellenbereich zu empfangen war.

Radiohören wurde modern

Der "Volksempfänger" als Mittelpunkt der guten StubeBild: ullstein bild - Paul Mai

Da die Technik aus der Telegrafie kam, war die Reichspost für die Sende- und Empfangstechnik zuständig. Mit dem Ergebnis, dass das Radio für zuhause bei der Post genehmigt werden musste. Schon damals zahlten die Hörer eine Gebühr für ihr Gerät, damit die Technik den Empfang bereitstellte.

Das neue Medium verbreitete sich schnell. Es wurde Mode, Musik aus dem Radioapparat zu hören. Das gesprochene Wort spielte in den ersten Rundfunkjahren noch keine große Rolle. Doch das änderte sich unter den Nationalsozialisten. Sie nutzten das Radio bewusst zu ideologischen und propagandistischen Zwecken. Dafür ließ der damalige Propagandaminister Josef Goebbels sogar eigens ein billiges Gerät produzieren, das sich die meisten Deutschen auch leisten konnten, den sogenannten Volksempfänger, im Volksmund auch "Goebbelsschnauze" genannt.

Radiohören hatte während der NS-Zeit für Gegner des Regimes und für Menschen in den von den Deutschen besetzten Gebieten Europas freilich eine ganz andere Funktion: Heimlich abgehörte Programme etwa der BBC versorgten die Menschen mit lebenswichtigen Informationen über den Fortgang des Krieges - Radio wurde damals auch zu einer Stimme der Hoffnung und der Freiheit.

Das Fernsehen als erster, harter Konkurrent

Der Fernseher entwickelte sich zur Konkurrenz für das RadioBild: AP

Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden die Siegermächte, das Radio als zentrales Instrument der Informationsvermittlung abzuschaffen. So entstand der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland, dezentral organisiert, gebührenfinanziert und durch Gremien kontrolliert. Das Massenmedium Radio sollte zunächst zur politischen und gesellschaftlichen Umerziehung, zur Aufklärung über den Nationalsozialismus genutzt werden.

In den sechziger Jahren bekam der Rundfunk starke Konkurrenz durch ein neues Massenmedium: das Fernsehen. Jetzt setzten sich die Familien gemeinsam vor den Fernsehapparat - das Radio verlor an Bedeutung. Die Radiomacher reagierten darauf, indem sie aus vielen Einschaltprogrammen Begleitprogramme machten, die im Hintergrund laufen konnte - während die Hörerschaft bügelte oder Auto fuhr. Diese Entwicklung setzte sich mit der Gründung des privaten Rundfunk Anfang der achtziger Jahre in Deutschland weiter fort.

Hörfunk der Zukunft: Webradio

Experimentierfeld WebradioBild: picture-alliance / dpa / Themendienst

Es entstanden viele Pop- und Servicewellen. Unterhaltung, Musik und gezielte, kurze Informationen rückten in den Vordergrund. Vor allem aber gab es nun keine Programme mehr, die alle Hörer erreichen wollten. Heute richten sich die rund 60 öffentlich-rechtlichen und mehr als 200 privaten Sender mit ihren Programmen - oder "Wellen" - an bestimmte Zielgruppen. Und die hören Radio meistens "nebenbei" im Auto, beim Kochen, unter der Dusche oder beim Aufwachen. Erstaunlich genug: Täglich hört jeder Deutsche angeblich 186 Minuten Radio.

Die Zeiten, in denen Musik und Moderation nur aus dem Radiowecker, Autoradio oder der Stereoanlage zuhause kommen, sind allerdings vorbei. Immer mehr Jugendliche verzichten heute ganz auf den Radioapparat. 12 Prozent der 14 bis 29-Jährigen, so zeigt eine neue Studie, nutzen nur das Internet, um Musik und Nachrichten zu hören. Inzwischen soll es in Deutschland rund 2000 Internetradios geben.

"Im Netz ist ein großes Experimentierfeld entstanden", sagt Golo Föllmer, der den ersten Masterstudiengang "Online-Radio" an der Universität Halle leitet. Niemand wisse genau, ob Radio in einigen Jahrzehnten überhaupt nicht mehr oder nur noch im Internet stattfinde. Föllmer jedenfalls glaubt an die Zukunft des Hörfunks. "Das Radio ist ein Erfolgsrezept", meint er. Denn es sei unterhaltend, tiefgründig und aufwühlend. "Außerdem hat es bisher alle technischen Neuerungen überlebt, warum sollte es das nicht heute auch tun?"

Autorin: Sabine Damaschke
Redaktion: Cornelia Rabitz

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