Von der Antike bis Heute - 100 Objekte deutscher Geschichte
Ruben Kalus17. November 2015
Wie erzählt man 2000 Jahre deutsche Geschichte in einem Buch? Der Historiker Hermann Schäfer hat dafür 100 Objekte ausgewählt. Sie erzählen von zentralen Ereignisse der deutschen Vergangenheit. Hier sind zwölf Beispiele.
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100 Objekte Deutscher Geschichte
Die Gründung des Kaiserreichs, der erste WM Titel, der NSA-Skandal: In seinem neuen Buch erzählt Hermann Schäfer anhand von 100 Objekten die deutsche Geschichte der letzten 2000 Jahre. Hier sind zwölf Beispiele.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner
Abgehört: Merkels Handy
"Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht", sagte Angela Merkel 2013, als bekannt geworden war, dass der amerikanische Geheimdienst NSA das Handy der Kanzlerin zehn Jahre lang abgehört hatte. Schon 2006 schenkte Merkel ihr altes Siemens S55 dem Haus der Geschichte in Bonn. Auf dem Foto präsentiert die Kanzlerin auf der Computermesse CeBIT ein von Blackberry entworfenes, abhörsicheres Handy.
Bild: picture-alliance/dpa
Der Aachener Karlsthron
Der Karlsthron in der Marienkirche zu Aachen galt Jahrhunderte als Machtsymbol und wurde als Reliquie verehrt. Der erste König, der auf ihm gekrönt wurde, war nicht Karl der Große, sondern Otto I. im Jahr 936. Neben einer Salbung mit heiligem Öl wurde man erst nach der Thronsetzung zum rechtmäßigen König.
Bild: picture alliance/R. Goldmann
Martin Luthers Bibel
Im Oktober 1534 erschien auf der Leipziger Herbstmesse die erste "Vollbibel" auf deutsch. Martin Luther übersetzte sowohl das Alte wie auch das Neue Testament und veröffentlichte beide Teile zusammen in einer zweibändigen Erstauflage. Schnell waren alle 3000 Exemplare vergriffen. Heute existieren noch etwa 60 erhaltene Bibeln dieser ersten Version.
Bild: AP
Gründung des Kaiserreichs - "Versailles"
Am 18. Januar 1871 wurde Kaiser Wilhelm I. in Versailles zum Kaiser des Deutschen Reichs erklärt. 14 Jahre später entstand dieses Gemälde des Malers Anton Werner, der einige persönliche Änderungen vornahm. So ist beispielsweise Bismarcks Freund Albrecht von Roon auf dem Bild zu sehen, obwohl er nicht vor Ort war. Die ersten beiden Fassungen des Werks gingen während des Zweiten Weltkriegs verloren.
Bild: ullstein bild
Das erste Automobil
Zurzeit steckt die deutsche Autoindustrie teils in Schwierigkeiten. Fast 130 Jahre zuvor begann in Deutschland der Triumphzug des Autos. 1886 ließt Carl Benz sein dreirädriges "Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb" patentieren, das erste Auto. 1906 schenkte Benz den "Patent-Motorwagen Nummer 1" dem Deutschen Museum in München, um als Erfinder in Erinnerung zu bleiben.
Bild: picture-alliance/dpa
Der Volksempfänger
Das Radio mit dem Namen "Volksempfänger" diente den Nationalsozialisten während der NS-Zeit zu Propagandazwecken. Damit das ideologische Programm des verstaatlichten Rundfunks möglichst viele Haushalte erreichen konnte, wurde ein leistungsfähiges, jedoch günstiges Gerät hergestellt. Die erste Baureihe VE 301 ist nach dem Datum der Machtergreifung durch Hitler, dem 30. Januar 1933, benannt.
Bild: picture-alliance/ZB
Der erste Computer
Mit neun Jahren hatte Konrad Zuse noch eine "5" in Mathe, 1938 entwarf er den ersten programmierbaren digitalen Rechner der Welt, "Z1". Schon damals arbeitete die Maschine mit den Zahlen "I" und "0". Am 19. September 1941 wurde die erste voll funktionsfähige Weiterentwicklung "Z3" fertigstellt. Erst 1998 wurde Zuse nach seinem Tod von einer Expertengruppe die Erfindung des Computers zugesprochen.
Bild: DW
Ende des Zweiten Weltkriegs
Dieses Bild des Fotografen Jewgeni Chaldej entstand am 02. Mai 1945 auf dem Dach des Reichstags nach dessen Eroberung. Auf Befehl von Stalin wurde das Foto gestellt und nachträglich bearbeitet. Es gilt als ein Symbolbild für das Ende des Zweiten Weltkriegs und war eines der am häufigsten reproduzierten Fotos des 20. Jahrhunderts. Die Urheberschaft Chaldejs wurde erst in den 90er Jahren aufgedeckt.
Bild: picture-alliance/dpa
Die Nürnberger Prozesse
Vom 20. November 1945 bis zum 01. Oktober 1946 fanden die Hauptverhandlungen der "Nürnberger Prozesse" gegen Kriegsverbrecher der NS-Zeit statt. Es war der erste internationale Gerichtshof weltweit. Angeklagt waren unter anderem Herman Göring und Rudolf Heß. Zwei der damaligen Anklagebänke des oben abgebildeten Schwurgerichtssaal 600 sind heute im Museum "Memorium Nürnberger Prozesse" ausgestellt.
Bild: picture-alliance/D. Kalker
Der WM-Ball von 1954
"Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor!" Mit diesen Worten kommentierte der Reporter Herbert Zimmermann das von Helmut Rahn geschossene Tor, das Deutschland 1954 erstmals zum Fußballweltmeister machte. Der originale Spielball des Finales, das heute als "Wunder von Bern" bekannt ist, liegt seit kurzem im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd
Der Berliner Tränenpalast
Der U-Bahnhof an der Friedrichstraße war zu Zeiten der DDR die wichtigste Grenzübergangstation zwischen Ost und West. Zwischen 60 und 65 Prozent aller Reisenden passierten ihn. Wer in den anderen Teil Berlins wollte, wurde in den diesen Abfertigungskabinen kontrolliert. In den 1980er Jahren kam für die Abfertigungshalle die Bezeichnung "Tränenpalast" auf. Seit 1995 steht sie unter Denkmalschutz.
Bild: DW
Energiewende in Deutschland
Nach der atomaren Katastrophe von Fukushima beschloss Deutschland, als erstes Land schrittweise vollkommen auf erneuerbare Energien zu setzen. Um gewonnene Solar- und Windenergie speichern zu können, gingen 25.600 Akkuzellen des Energieversorgers WEMAG 2014 in Schwerin in Betrieb. Mit der vollautomatisierten Batterieanlage können kurzfristige Schwankungen im Energienetz stabilisiert werden.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner
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"Eine gewaltige Herausforderung" nennt Hermann Schäfer, Gründungspräsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, sein soeben erschienenes Buch "Deutsche Geschichte in 100 Objekten". Anhand einer Auswahl von 100 Relikten und Kulturgütern schlägt er einen Bogen von der Antike über das Mittelalter, die Frühen Neuzeit bis in die jüngere Zeitgeschichte. Ohne, wie er sagt, einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Schäfers Buch ist vielmehr ein bunter Querschnitt der deutschen Vergangenheit. Es verweist auf weltbekannte Kulturwerke ebenso wie auf technische Erfindungen. Und es spart auch die düsteren Kapitel deutscher Geschichte nicht aus - den Zweiten Weltkrieg oder die Teilung in Ost- und West-Deutschland. Viele Objekte sind dem Leser vertraut - etwa der VW Käfer oder die Anti-Baby-Pille. Doch gibt es auch Überraschungen. So würde bestimmt nicht jeder die Erfindung des weltweit ersten Computers den Deutschen zuschreiben.
Der Autor hat sein Buch nicht als Ersatz für ein klassisches Geschichtsbuch konzipiert. Schäfer will vor allem die Neugier für Geschichte wecken und dem Leser, wie er im Vorwort schreibt, ein "emotionales Erfahren der Objekte" ermöglichen. Das scheint gelungen: Unterhaltung garantiert.
"Deutsche Geschichte in 100 Objekten" von Hermann Schäfer ist im Piper Verlag München erschienen, hat 656 Seiten und kostet 38 Euro. ISBN: 978-3-492-05702-8