Vom Konjunkturpaket zum Staatsbankrott?
12. Februar 2009Es geht die Angst um, die Angst vor einer weltweiten tiefen Rezession. Um das Schlimmste zu vermeiden, werden immer wieder neue Konjunkturprogramme aus dem Boden gestampft, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Dahinter steht eine einfache Idee: Wenn die private Nachfrage ausfällt, springt der Staat ein und füllt die Nachfragelücke. Da die Wirtschaft bislang nicht so recht auf die Hilfe vom Staat ansprang, werden immer neue Hilfspakete aufgelegt. Das kostet die Staaten viel Geld. Vor allem, weil sie nicht nur die Nachfrage ankurbeln müssen, sondern auch mit Finanzspritzen für die Banken das Finanzsystem unterstützen.
Die Folge: Die Staatsverschuldung steigt. Die höheren Ausgaben stehen in der Wirtschaftskrise sinkenden Einnahmen gegenüber. So müssen allein die Amerikaner in diesem Jahr Staatsanleihen in Höhe von 2.200 Mrd. Dollar aufnehmen, um die geplanten Ausgaben zu stemmen. Was aber sind die Folgen der wachsenden Staatsschulden?
Indirekte Auswirkungen auf Unternehmen
Unternehmen profitieren zwar unter Umständen von den Konjunkturpaketen, aber die hohen Staatsausgaben könnten ihnen an anderer Front Probleme bereiten. Denn: Erhöhen die Staaten für die Finanzierung ihrer Konjunkturpakete die Schulden, dann geben sie beispielsweise Staatsanleihen aus. So werden europäische Staaten und die USA in diesem Jahr Anleihen in Höhe von um die 3 Billionen Dollar ausgeben, um ihre Rettungsmaßnahmen zu finanzieren. Das ist ein Drittel mehr als 2008.
Außerdem sind da noch die Anleihen von Privatbanken, die von staatlicher Seite garantiert werden und insofern als ebenso sicher wie Staatspapiere gelten. In unsicheren Zeiten bevorzugen Nachfrager die sicheren Papiere - Anleihen der Industrie finden nur mit hohen Risikoaufschlägen Abnehmer oder unter Umständen auch gar nicht. Es wird für Unternehmen also teurer sich zu finanzieren. Joachim Scheide, Konjunkturexperte am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, sieht hier allerdings eher ein mittelfristiges Problem. “Kurzfristig ist die Gefahr nicht so sehr groß, weil die Neuverschuldung zu niedrigen Zinsen möglich ist. Außerdem haben wir die Rezession und die Nachfrage der Unternehmen ist nicht so groß, dass es da eine Verdrängung gibt.“
Schuldenabbau durch Inflation?
Verlockend ist es natürlich für einige Länder den riesigen Schuldenberg zu verkleinern, indem die Geldmenge ausgeweitet wird. Schmeißen die Zentralbanken die Druckerpresse an und erhöhen die Geldmenge, dann steigen die Preise. Werden dann noch die Zinsen gesenkt, um Investitionen anzukurbeln – was ja bereits geschah - steigt die Inflation. Soweit die Theorie.
„Das Risiko ist da, dass man einen scheinbar leichten Weg nimmt und die Notenpresse anwirft“, sagt Joachim Scheide, „aber ich würde nicht erwarten, dass das dazu führt, das die Inflation massiv steigt. Das größte Problem wird wahrscheinlich auf die USA zukommen, was die Verschuldung betrifft. Für Europa würde ich das Risiko sehr gering ansehen, weil wir eine Notenbank haben, die auf Preisstabilität sehr viel Wert liegt“.
Die Wette könnte gewonnen werden
Die ganzen staatlichen Stützungsprogramme sind wie eine große Wette auf den Aufschwung. Wenn alles glatt läuft, kommt die Wirtschaft tatsächlich wieder in Schwung. Joachim Scheide hält allerdings selbst im besten Fall, zusätzliche Maßnahmen der Staaten zum Schuldenabbau für nötig. „Es reicht nicht aus, darauf zu hoffen, dass ein Aufschwung, der früher oder später kommt, alle Probleme beseitigt. Die Defizite sind jetzt auch strukturell sehr hoch, das lässt sich auch durch einen Konjunkturaufschwung nicht beseitigen.“ Was aber, wenn die Wirtschaft nicht im gehofften Maße wieder anspringt? Wiederholen die Staaten dann nicht das, was vorher die Privaten getan haben – schaffen sie dann nicht große Schuldenberge, die nicht abbezahlt werden können?
Vom Schuldenberg zum Staatsbankrott?
Verschulden sich die Staaten zu hoch, dann fangen die Käufer von Staatsanleihen an zu zweifeln, ob der Staat die aufgenommen Schulden zurückzahlen kann. Die Finanzmärkte verlangen hohe Risikoaufschläge, auf neue Staatsanleihen oder kaufen gar keine Staatspapiere mehr. Kommt es hart auf hart, rutscht der verschuldete Staat so in den Teufelskreis: Zum einen steigen seine finanziellen Verpflichtungen wie Zinsen und Tilgung bereits bestehender Schulden, zum anderen kann er diese Verpflichtungen nicht nachkommen, weil ihm der Zugang zum Finanzmarkt und damit zu neuen liquiden Mitteln verwehrt ist. Kommt es zum totalen Verlust der Kreditwürdigkeit oder gar zur Zahlungsunfähigkeit des Staates droht ein Staatsbankrott.
Risikoaufschläge auf Staatsanleihen hält Scheide mittelfrisitg durchaus für möglich. Einige Länder wie Portugal, Irland, Griechenland oder Spanien zahlen sie ja bereits. „Es kann sein, dass es dann auch uns trifft, sollte die Staatsverschuldung sehr hoch sein und sollte man unsicher sein, wie es dann letztendlich finanziert wird.“ Aber auch wenn das eine oder andere Land in Schwierigkeiten kommen könnten - an den Bankrott von Staaten der Europäischen Union glaubt Joachim Scheide nicht.