Vom Privatkredit zum Richterspruch - Chronologie der Causa Wulff
27. Februar 201425. Oktober 2008
Der damalige Ministerpräsident des Bundeslandes Niedersachsen, Christian Wulff, erhält von der Frau des Unternehmers Egon Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses in Burgwedel bei Hannover. Der Zinssatz beträgt vier Prozent. Sicherheiten sind nicht erforderlich.
18. Februar 2010
Bei einer Anfrage der Opposition im niedersächsischen Landtag zu einem kostenlosen Upgrade für einen Flug nach Florida, wo Wulff Geerkens besuchte, wird ihm eine Frage zu seinen geschäftlichen Beziehungen zu Geerkens gestellt. Er sagt, er habe keine geschäftlichen Beziehungen mit ihm und verschweigt den Privatkredit.
30. Juni 2010
Nach dem überraschenden Rücktritt von Horst Köhler wird Christian Wulff im dritten Wahlgang von der Bundesversammlung zum 10. Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
12. Dezember 2011
Wulff erfährt, dass die "Bild"-Zeitung eine Geschichte über seinen Hauskredit veröffentlichen will. Er ruft den "Bild"-Chefredakteur an und hinterlässt auf dessen Mailbox Drohungen. Er sagt, der "Rubikon" sei "überschritten" und spricht von "Krieg führen" und einem "endgültigen Bruch", sollte der Artikel erscheinen. Später erklärt Wulff, er habe die Veröffentlichung nicht verhindern wollen, sondern nur um Aufschub gebeten. Der "Bild"-Bericht erscheint trotzdem am nächsten Tag.
15. Dezember 2011
Das Ansehen des Bundespräsidenten ist beschädigt, es gibt Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. In einer schriftlichen Erklärung teilt Wulff mit, er bedauere, am 18. Februar 2010 bei der Anhörung vor dem niedersächsischen Landtag den Privatkredit nicht erwähnt zu haben.
22. Dezember 2011
Der Druck auf den Bundespräsidenten wächst - auch, weil er einen Bankkredit zu günstigen Konditionen bekommen haben soll, mit dem der private Hauskredit abgelöst werden sollte. Das Bankdarlehen wirft weitere Fragen auf. Wulff tritt nun zum ersten Mal vor die Presse. Er entschuldigt sich, weist aber darauf hin, dass er alle Auskünfte erteilt habe. Am selben Tag trennen sich die Wege von Wulff und seinem Sprecher Olaf Glaeseker, der für sein Krisenmanagement in der Causa Wulff viel Kritik erntete und um seine Entlassung gebeten haben soll.
4. Januar 2012
Wulff gibt im deutschen Fernsehen ein Interview, in dem er Fehler einräumt, einen Rücktritt aber ablehnt. Gleichzeitig kündigt er an, zu 400 Journalistenfragen schriftlich Stellung beziehen zu wollen.
18. Januar 2012
Die Antworten auf die Journalistenfragen werden - nach einigem Hin und Her - im Internet veröffentlicht. Es wird kritisiert, dass viele der Fragen nur kurz und oberflächlich beantwortet worden seien.
19./20. Januar 2012
Die Staatsanwaltschaft Hannover durchsucht die Privat- und Geschäftsräume von Wulffs Ex-Sprecher Glaeseker. Ihm wird Korruption vorgeworfen. Er soll sich von dem Eventmanager Manfred Schmidt unter anderem durch Urlaubsreisen bestechen lassen haben. Im Austausch soll er Schmidt bei der Sponsorensuche für eine von dessen Veranstaltungen geholfen haben. Einige Medien vermuten, dass Glaesekers Entlassung als Wulffs Sprecher damit zusammenhing.
8. Februar 2012
Medien berichten, der Filmunternehmer David Groenewold habe Wulff Aufenthalte auf der Insel Sylt bezahlt. Wulff habe den Betrag später in bar beglichen, sagt dessen Anwalt Gernot Lehr.
16. Februar 2012
Die Staatsanwaltschaft Hannover beantragt die Aufhebung von Wulffs Immunität, um Ermittlungen führen zu können.
17. Februar 2012
Wulff tritt zurück. Die Staatsanwaltschaft beginnt mit den Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsannahme. Es geht um zwei Urlaube auf Sylt und einen Oktoberfest-Besuch mit Hotelübernachtung 2008, die Groenewold zunächst für Wulff bezahlt haben soll. Die Kredite spielen keine Rolle.
2. März 2012
Kriminalbeamte und ein Staatsanwalt durchsuchen Wulffs Wohnhaus in Großburgwedel bei Hannover.
22. Juli 2012
Es gibt neue Vorwürfe: Wulff soll sich als Ministerpräsident dafür eingesetzt haben, der Versicherungswirtschaft Vorteile zu verschaffen. 2008 verbrachten die Wulffs ihre Flitterwochen im Haus eines Versicherungsmanagers in Italien. Die Staatsanwaltschaft nimmt wegen mangelnden Tatverdachts keine Ermittlungen in dem Fall auf.
7. Januar 2013
Es wird bekannt, dass die Wulffs sich getrennt haben.
13. März 2013
Die Staatsanwaltschaft bietet Wulff eine Einstellung des Verfahrens gegen 20.000 Euro Geldauflage an. Sie ermittelt inzwischen nicht mehr wegen Vorteilsannahme, sondern wegen Bestechlichkeit. Groenewold wird eine Einstellung gegen Zahlung von 30.000 Euro angeboten.
9. April 2013
Wulffs Anwälte lehnen ab. Sie fordern, das Verfahren ohne Auflagen einzustellen.
12. April 2013
Gegen Christian Wulff wird Anklage wegen Bestechlichkeit erhoben und gegen David Groenewold wegen Bestechung. Zugleich wird das Verfahren wegen der Sylt-Urlaube mangels Tatverdachts eingestellt.
27. August 2013
Das Landgericht Hannover eröffnet das Verfahren gegen Wulff und reduziert den Vorwurf wieder auf Vorteilsannahme.
14. November 2013
Der Prozess gegen Christian Wulff beginnt. Vor dem Auftakt sagt Wulff der Presse, er werde "den allerletzten Vorwurf ausräumen". Sowohl er als auch Groenewold betonen ihre andauernde Freundschaft.
9. Dezember 2013
Auch gegen Wulffs ehemaligen Sprecher Glaeseker läuft ein Prozess. Er geht darin auf Distanz zu Wulff und versichert, nichts ohne das Wissen seines früheren Dienstherren getan zu haben.
19. Dezember 2013
Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow schlägt die Einstellung des Prozesses gegen Wulff vor, weil es aus seiner Sicht keine Beweise für eine Vorteilsannahme gibt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung lehnen ab.
6. Februar 2014
Die Staatsanwaltschaft reicht neue Beweisanträge ein. Der Vorsitzende Richter lehnt ab und droht mit der Aussetzung des gesamten Verfahrens, das dann komplett neu aufgerollt werden müsste.
20. Februar 2014
Die Plädoyers werden gesprochen. Der Staatsanwalt fordert eine Fortsetzung der Beweisaufnahme, die Verteidigung Freispruch.
27. Februar 2014
Das Landgericht Hannover entscheidet im Korruptionsprozess gegen den ehemaligen Bundespräsidenten auf Freispruch. Damit wird Wulff vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet.