Künstliche Fingernägel
5. August 2019Ungepflegte und schmutzige Fingernägel – das geht gar nicht, auch wenn auf der Oberfläche der Lack noch so schön glänzt. Das gilt auch für Kunstnägel. Aber wie kann Frau überhaupt merken, was sich unter dem falschen Fingernagel möglicherweise so alles tut und auch auf der Haut?
"Es kommt häufig vor, dass es eine Entzündung rund um den Nagel herum gibt, und wenn Sie auf die Haut drücken, kommt eine Art fauliges Sekret mit einem schlechten Geruch heraus", erklärt Christiane Bayerl. Sie leitet die Klinik für Dermatologie und Allergologie in Wiesbaden. Oft sei auch die Fingerspitze betroffen. Diese Infektion kann dann so gefährlich sein, dass der Arzt Antibiotika zur Behandlung einsetzen muss.
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Acrylate, die für die Nagelmodellage nötig sind, können Allergien auslösen, und die Chemikalien, die beim Aufbringen von Kunstnägeln verwendet werden, können zu Kontaktdermatitis führen, die sich meist durch starken Juckreiz bemerkbar macht.
Oben hui, darunter pfui?
Oft warten Patientinnen viel zu lange bevor sie zum Arzt gehen. Die Entzündung kann sich in der Zeit ungehindert ausbreiten. Oft wird der Erreger erst entdeckt, wenn sich die angerauten Hornstrukturen des Nagels schon gelblich gefärbt haben. Irgendwann beginnt der Nagel zu bröseln und sich aufzulösen. Das führt dann zu großen Problemen so wie bei einem jungen Mädchen, das sich bei Christiane Bayerl vorstellte. "Sie hat mehrere Fingernägel an beiden Händen verloren sowie den darunterliegenden Naturnagel. Eine Woche lang hatte sie starke Schmerzen, musste Antibiotika nehmen und ihre Finger regelmäßig baden", erinnert sich Bayerl. Das sei allerdings extrem. In jedem Fall dauert es lange bis sich der Nagel vollständig regeneriert hat, denn Fingernägel wachsen durchschnittlich nur etwa zwei Millimeter im Monat.
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Verschnaufpause für die Nägel
Häufig kommt es unter dem Nagel zu einer hartnäckigen Pilzinfektion. Es ist eine langwierige Sache, Nagelpilz wieder loszuwerden und konsequente Behandlung und Disziplin sind nötig, damit sich der Nagel nicht immer wieder selbst infiziert.
Regelmäßig müssen die betroffenen Stellen mit einer Tinktur oder einem medizinischen Lack eingepinselt werden. Und auch danach ist regelmäßige Pflege wichtig. "Nägel sind eine natürliche Substanz. Deshalb ist es wichtig, sich auch wirklich darum zu kümmern", sagt Bayerl. "Da hilft schon eine einfache Handcreme."
Ist der Naturnagel permanent unter einem Kunstnagel, brauche er ab und zu einfach auch mal ein wenig frische Luft, so Bayerl. "Ich empfehle, den Nagel auch einfach mal in Ruhe zu lassen, so dass er sich erholen kann."
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Wenn es zwischen dem natürlichen Nagel und dem Kunstnagel zu Lufteinschlüssen kommt, kann das sehr unangenehme Folgen haben. "Dann lockert sich der Kontakt zwischen Naturnagel und Kunstnagel. Dazwischen ist dann genug Platz für Feuchtigkeit und Bakterien, die sich ansammeln und die zu einer Infektion führen."
Vor allem für Hefepilze, Schimmel- und Fadenpilze und Bakterien ist das feuchte Milieu eine ideale Brutstätte. Die Infektionen, die dadurch entstehen, können sogar eitrig sein. Bei sorgfältiger Behandlung im Nagelstudio passiert so etwas allerdings kaum.
Augen auf
Nagelstudios gibt es mittlerweile an jeder Ecke. Wie viele es genau sind, ist nicht bekannt. Nageldesignerin ist schließlich keine geschützte Berufsbezeichnung, und so gibt es jede Menge schwarzer Schafe - Studios, in denen die Betreiber nicht so genau auf Hygiene achten.
"Ich empfehle, dass man sich in dem Studio genau umschaut, und guckt, ob es Desinfektionsmittel gibt oder ob das Wasser, in das die Fingerspitzen vor der Behandlung getaucht werden, gut und klar aussieht. Wichtig ist es auch, dass die Personen, die in einem Nagelstudio arbeiten, einen Haarschutz und einen Mundschutz tragen", sagt Bayerl.
Die Instrumente müssen regelmäßig desinfiziert werden. Ein gutes Nagelstudio muss also nicht nur glänzende, bunte und künstlerisch gestaltete Nägel anbieten, sondern vor allem einen hohen Hygienestandard haben. Gute Studios halten sich an diese Regeln, und die Mitarbeiter sind professionell. Dann ist die Modellage unbedenklich, und die Nageldesignerinnen achten auch darauf, dass die Naturnägel gesund bleiben.
Die Qual der Wahl
Die meisten Frauen, die sich mit künstlichen Nägeln schmücken, wiederholen die Prozedur alle vier bis sechs Wochen. Die Erstmodellage dauert rund zwei Stunden und kostet etwa 70 Euro, die folgenden Behandlungen etwa 40 Euro.
Das ist abhängig davon, welche Art von Nagel es denn nun sein soll. Die beiden Arten, die am häufigsten angewendet werden, sind UV-Gel und Acryl. Acryl hat den Vorteil, dass es leichter aufgetragen werden kann, und die Nägel werden sehr hart. Gel-Nägel sind preiswerter. Sie bestehen aus drei Gelschichten. Unter einer UV-Lampe werden sie ausgehärtet und können dann lackiert werden. Wer also glaubt, Kunstnägel sind eine Sache von fünf Minuten, der irrt.
Die gute Seite
Manchmal haben künstliche Fingernägel aber auch eine praktische Funktion und beschränken sich nicht nur auf das rein Ästhetische. Gitarristen, beispielsweise, brauchen lange Fingernägel, um die Saiten ihres Instruments zu spielen – zumindest an der rechten Hand. Ist der Musiker nicht von Natur aus mit Fingernägeln gesegnet, die gleichzeitig stabil und flexibel sind, können künstliche Nägel eine Lösung sein.
Und auch nach einer Chemotherapie wegen einer Krebserkrankung können künstliche Fingernägel helfen. Denn manchmal verlieren die Patienten nicht nur ihre Haare, sondern auch ihre Nägel. Es dauert lange bis der Naturnagel vollständig nachgewachsen ist, und so können Patienten diese Zeit überbrücken.
Das geht gar nicht
Lange, künstliche Fingernägel sind in einigen Berufen verboten. Dazu gehören beispielsweise Ärzte und Krankenschwestern, denn diese Nägel machen es unmöglich, die Hände richtig zu desinfizieren. Aber auch diejenigen, die in der Lebensmittelindustrie arbeiten und bei denen Hygiene an oberster Stelle steht, müssen auf Nagelkunst verzichten. Schließlich kann sich jede Infektion – egal welcher Art – sehr schnell ausbreiten.