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Vom Spottobjekt zur Prachtkuppel

Steven Beard 6. Oktober 2008

Erstaunliche Dinge ereignen sich in London. Der „Millenium Dome", das Prestigeobjekt der britischen Regierung, galt lange als politische und wirtschaftliche Ruine. Heute ist sie eine beliebte Unterhaltungsarena.

The Millenium Dome in London (29.05.2002/AP)
1999 wurde der "Millenium Dome" eröffnet, seit 2005 heißt er "The O2"Bild: AP

Wer erinnert sich eigentlich noch an den britischen „Millenium Dome“? Sicher, übersehen kann man die riesige, über eine Milliarde US-Dollar teure Glasfaser-Kuppel kaum. Wie ein überdimensionales Zirkuszelt liegt das Gewölbe im Südosten Londons, und das auf einer Fläche von zwölf Fußballfeldern.

Fortschritt und Experimentierfreude

Unter dem damaligen Premierminister Blair begann das Projekt "Millenium Dome"Bild: AP

Der “Millenium Dome” war als neue, moderne Form eines Ausstellungszentrums geplant. Die Kuppel spiegelt mit ihrem weißen Zeltdach und den gelben Stützmasten Fortschritt und Experimentierfreude wider. Ein britischer Architekt hat das Projekt entworfen, ein britisches Unternehmen führte den Bau durch. Die Kuppel ist deswegen auch ein Aushängeschild für das Talent und die Schaffenskraft der Engländer.

1999 stellten sich der damalige Premierminister Tony Blair und seine Regierung vorbehaltlos hinter das Projekt „Millenium Dome“. Blair versprach damals, die Bauplanung richtig anzupacken und sicherzustellen, dass die Kostenkalkulation und das Management in Ordnung seien. „Dieses Projekt könnte weltweit die spannendste Sache sein, die im Jahr 2000 stattfindet“, sagte Blair.

Spannend oder nicht?

Das war es aber nicht, meint Steven Bailey. Er war der erste Kreativchef des „Millenium Dome“. Die Ausstellungsobjekte seien schlecht konzipiert und schlecht gemanagt gewesen sowie einfallslos präsentiert worden. Darüber hinaus habe es permanente Querschüsse aus der Politik gegeben.

„Der Dome war eine Beleidigung für alle, die versucht haben, ein existenzfähiges Unternehmen aufzubauen“, so Steven Bailey. Bei der Konzeption zeige sich die Geringschätzung der Regierung für die britischen Durchschnittsmenschen.

Ein Elefant in London

Auch in Berlin hat Sponsor O2 investiertBild: AP

Der „Millenium Dome“ kam nicht gut an bei den Briten, die finanziellen Verluste waren verheerend. Erst nach mehreren Jahren konnte die britische Regierung die Verantwortung dafür abgeben. Die amerikanische Anschutz Entertainment Group übernahm 2005 den sogenannten „weißen Elefanten“. Und investierte zunächst einmal kräftig.

Für 300 Millionen US-Dollar gestalteten die Amerikaner das Innere der Kuppel komplett um. 26 Bars und Restaurants, ein Kino mit elf Sälen und ein Ausstellungszentrum wurden unter das Zeltdach gepackt. Und natürlich das Herzstück des Dome, eine hochmoderne Konzertbühne.

Mit Werbung getauft

Mit dem neuen Besitzer erhielt der „Millenium Dome“ auch einen neuen Namen. Schlicht „The O2“ nennt man den Komplex heute. Das ist ein Zugeständnis an den Hauptsponsor O2.

David Cambell, Sprecher der Anschutz Entertainment Group, berichtet, dass für „The O2“ mehr Konzerttickets verkauft würden, als es für irgendeine andere Bühne der Welt. „Wir erhalten fast jede Woche eine internationale Auszeichnung und die ganze Sache läuft einfach extrem gut.“

Von Led bis Kylie

Sänger wie Barbara Streisand sind im "The O2" vor vollem Haus aufgetretenBild: AP

Musiker wie Led Zeppelin, Kylie Minogue, Prince und Barbra Streisand haben hier bereits vor vollem Haus gespielt. Noch vor ein paar Jahren haben viele Engländer den „Millenium Dome“ verspottet und gemieden. Mittlerweile stehen sie sich die Beine in den Bauch, um in das „The O2“ hinein zu kommen.

Die Frage, die sich viele Menschen zum „Millenium Dome“ gestellt haben, war: Wozu genau braucht man ihn? Diese Frage stellt sich David Cambell bei der O2-Arena nicht, schließlich habe diese unter den Großbühnen der Welt vermutlich die beste Akustik.

Er habe schon vorher gewusst, dass die Akustik wichtig sein würde, weil Konzerte der Schwerpunkt seien. Also habe er viel Zeit, Energie und Geld aufgewendet, um die Akustik so gut wie möglich zu machen. „Ich habe bis jetzt keine Band getroffen, die nicht begeistert war, hier gespielt zu haben und die nicht gerne wieder hier auftreten würde“, berichtet David Cambell

Amerikaner unterhalten Briten

Aber warum konnte eine amerikanische Unterhaltungsfirma da erfolgreich sein, wo die britische Regierung sang- und klanglos gescheitert ist? Für David Cambell ist das keine Frage: „Ich zitiere Tony Blair: ‘Wir sollten eigentlich nicht im Unterhaltungsgeschäft tätig sein.“ Er dagegen sei im Unterhaltungsgeschäft und habe keinerlei Ambitionen in der Politik. Man sollt einfach das machen, was man am Besten könne.

Mit anderen Worten: Eine Regierung kann keine Musikveranstaltungen organisieren. Der Dome war vermutlich schon während des Countdown zum neuen Jahrtausend zum Scheitern verurteilt. Aber durch das anfängliche Desaster des „Millenium Dome“ wirkt der Erfolg des „The O2“ jetzt umso glanzvoller – und dadurch auch noch attraktiver für Touristen.

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