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Technik

Warum Afrika auf Huawei-Netzwerktechnik setzt

7. Februar 2022

Huawei-Bauteile werden immer wieder in Zusammenhang mit Zensur gebracht - auch im Fall eines DW-Medienpartners in Burundi. Viele afrikanische Telekommunikationsanbieter setzen trotzdem auf sie - oder gerade deswegen?

Ein Mann in weißem Kittel arbeitet an einem Kabelschrank
Mobilfunk funktioniert nicht ohne solche Verteilerzentren wie hier in Abidjan - und häufig mit Technik von HuaweiBild: Sia Kambou/AFP/Getty Images

Der chinesische Telekommunikationsriese Huawei ist im globalen Norden verpönt: Die USA haben scharfe Sanktionen verhängt, im Vereinigten Königreich und einigen EU-Ländern verhindern Gesetze, dass Huawei-Bauteile in der technischen Infrastruktur verbaut werden. Und im kleinen EU-Land Litauen rief sogar die Regierung die Bevölkerung auf, sich von ihren Huawei-Smartphones zu trennen.

Anders in Afrika: Quer über den Kontinent machen Huawei-Bauteile wissenschaftlichen Einschätzungen zufolge rund 70 Prozent der 4G-Netzwerke aus. Vielerorts wird bereits in die leistungsstärkere 5G-Technologie investiert - und auch dabei kommt Huawei häufig zum Zuge.

In Nigerias Wirtschaftsmetropole Lagos etwa sollen ab Ende März erste 5G-Masten ans Netz gehen, sagt Gbenga Adebayo, der Vorsitzende des Verbands der in Nigeria lizensierten Telekommunikationsanbieter (ALTON). Im DW-Interview listet er die Vorzüge von Huawei-Bauteilen auf: "Traditionell sind sie günstig und bieten gute Konditionen für Betreiber. Es ist leicht, mit den Bauteilen zu arbeiten." Adebayo gibt noch einen weiteren Grund an, warum Huawei in seinem Verband beliebt ist: "In puncto Zuverlässigkeit geben ihre Systeme so etwas wie eine Leistungsgarantie."

Wenn die Infrastruktur nicht neutral ist

Warum unterscheiden sich der Umgang des Westens und Afrikas mit Huawei so stark voneinander?

Der Westen wolle einerseits die heimischen Netzwerkausrüster stärken, sagt Arthur Gwagwa vom Ethik-Institut der Universität Utrecht in den Niederlanden. Aber auch westliche Sicherheitsbedenken gegenüber Huawei seien berechtigt: "Huawei hat die Fähigkeit, militärische oder sicherheitsrelevante Informationen zu stehlen. Gleichzeitig ist die Ausrüstung teilweise nachlässig konzipiert, sodass sie anfällig für Cyberattacken und Militär- sowie Industriespionage ist", sagt Gwagwa, der bereits an mehreren afrikanischen Cybersicherheits-Projekten beteiligt war und überdies als Anwalt in Simbabwe gearbeitet hat.

Technik für die Universität von Botsuana: Huawei betätigt sich vielerorts auch als Sponsor und gewinnt so an AnsehenBild: Photoshot/picture alliance

Er wirft manchen Regierungen im DW-Interview mangelnde Sensibilität vor: "Das Thema ausländischer Einmischung im Digitalbereich ist neu,viele afrikanische Führungspersonen verstehen es nicht wirklich, weil die digitale Welt nicht greifbar ist." Als potenzielle Gefahr für Nutzer von Huawei-Geräten sieht Gwagwa auch ein 2017 in China eingeführtes Geheimdienstgesetz: "Einige Analysten, darunter ich, interpretieren das Gesetz so, dass es chinesische Firmen dazu verpflichtet, mit Geheimdiensten zu kooperieren, 'Back Doors' zu installieren und private Daten an die Regierung weiterzugeben." Unter "Back Doors" versteht man geheime Zugänge zu eigentlich verschlüsselten Daten.

In einigen Ländern stehen außerdem sogenannte Middleboxes: Diese Verteilerstationen leiten nicht einfach nur Informationen weiter, sondern sind auch in der Lage, Daten zu filtern und zu manipulieren. Der Cybersicherheitsexperte Valentin Weber von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hat mit seinem Kollegen Vasilis Ververis die Datenströme rund um solche Huawei-Middleboxes analysiert - und in 17 Ländern weltweit festgestellt, dass die Geräte bestimmte Webseiten blockierten. In Afrika waren Senegal, Nigeria, Ägypten, Burundi und Südafrika betroffen.

Burundi: DW-Partnermedium gesperrt

In Burundi sind die Online-Angebote mehrerer kritischer Medien blockiert, darunter auch das des DW-Partners Iwacu. Dabei habe die lokale Medienaufsicht sogar versprochen, die Sperrungen aufzuheben, sagt Weber im DW-Interview.

Die Webseite ist jedoch innerhalb Burundis nach wie vor nicht erreichbar, bestätigt Iwacu-Chefredakteur Léandre Sikuyavuga der DW. "Das ist schädlich, denn es bremst die Meinungs- und Pressefreiheit im Allgemeinen, ein Grundprinzip in einem Rechtsstaat", so Sikuyavuga.

Huawei ließ eine DW-Anfrage, ob das Unternehmen Kenntnis von den Vorgängen in Burundi oder Zensur in anderen afrikanischen Ländern mittels Huawei-Hardware hat, bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels unbeantwortet.

Gerade Huawei-Bauteile seien in diesem Zusammenhang attraktiv, sagt Arthur Gwagwa: "Autoritäre afrikanische Regierungen sehen einen Vorteil in den bei Huawei eingebauten Zensurmechanismen. Sie können sie für Überwachung und andere Zwecke nutzen, um ihre politische Macht zu erhalten."

Aus Nigeria sei ihm derartige Zensur nicht bekannt, sagt ALTON-Vorstandschef Adebayo: "Die Regulierung in Nigeria ist sehr streng. Kein Provider darf eine Zugangsbeschränkung durch Dritte zulassen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das in unseren Netzwerken geschieht."

Uganda: Lauschangriff auf Bobi Wine

Aus Uganda berichtete das "Wall Street Journal" 2019 über einen prominenten Fall: Recherchen der Zeitung zufolge waren Huawei-Mitarbeitende direkt darin involviert, Nachrichten vom Smartphone des oppositionellen Musikers und späteren Präsidentschaftskandidaten Bobi Wine auszulesen. Anschließend stürmten Polizeikräfte ein Konzert, bei dem Auftritte von Oppositionspolitikern geplant waren, und nahmen Wine sowie dutzende Anhänger fest. Huawei bestritt gegenüber dem WSJ, in die Aktion verwickelt zu sein.

2018 wurde laut "Wall Street Journal" das Smartphone des Oppositionellen Bobi Wine ausgespähtBild: Nicholas Bamulanzeki/AP Photo/picture alliance

Die nächste Stufe der Überwachung

Inzwischen könnte die Überwachung in Uganda mithilfe der Huawei-Middleboxes jedoch weit über Einzelfälle hinausgehen: Die Hauptstadt Kampala ist nach Recherchen von Weber und Ververis einer der afrikanischen Standorte, an denen "Safe City"-Technologie von Huawei zum Einsatz kommt oder der Einsatz zumindest angedacht ist. Bei "Safe City" handelt es sich um ein Netz von Überwachungskameras, deren Bilder mithilfe von Gesichtserkennungs-Software permanent überprüft werden. Dies soll der Prävention und Verfolgung von Straftaten dienen.

In Johannesburg ist "Safe City" mit einem "Innovations- und Erlebniszentrum" von Huawei verknüpftBild: Zhan Jianlan/Photoshot/picture alliance

"Safe City" biete jedoch zusätzliche Gefahren in Ländern, in denen es keine starke Rechtsstaatlichkeit gebe, sagt Weber im DW-Interview. "Wenn wir das alles zusammenrechnen: Man kann Webseiten blocken. In den Straßen gibt es natürlich Videoüberwachung. Je mehr dieser Technologien geliefert werden, desto größer ist die Macht der Regierung, um zu implementieren, was sie wollen."

Eine Anfrage zu weiteren afrikanischen Standorten mit "Safe City"-Technologien ließ Huawei ebenfalls unbeantwortet - laut Weber und Ververis konnten Aktivitäten auch in Johannesburg, Nairobi und Accra gemessen werden.

Technologie-Entscheidungen wirken langfristig

Huaweis Marktmacht in Afrika bringt den Konzern in eine günstige Ausgangsstellung, auch die nächsten Technik-Generationen zu stellen: "Man kauft oft 'Legacy Systems': Man will, dass die neuen Geräte kompatibel sind mit den alten" sagt DGAP-Wissenschaftler Valentin Weber. Dazu komme, dass die Geräte weiter von Huawei instand gehalten werden müssen.

Der Roboter, der Ugandas Ministerpräsident Ruhakana Rugunda hier im Jahr 2020 begrüßt, ist auf 5G angewiesenBild: Joseph Kiggundu/Photoshot/picture alliance

Aus diesem Grund fordert der Ethiker, Anwalt und Cybersicherheits-Spezialist Arthur Gwagwa, dass die afrikanischen Zivilgesellschaften sich einbringen, "um sicherzustellen, dass Chinas Digitale Seidenstraße, die viele zukünftige Generationen beeinflussen wird, mit der gebotenen Achtung der Menschenrechte ausgestaltet wird". Der Netzausbau habe direkt mit der Frage zu tun, wie das Afrika der Zukunft aussehen soll.

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