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Steuergeld: von AfD bis Tierschutzpartei

23. Januar 2023

200 Millionen Euro verteilte der deutsche Staat 2022 an Parteien. Ist das zu viel? FDP, Grüne und Linke haben vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.

Spielfiguren mit rundem Kopf in den Parteifarben Grün, Rot (SPD und Linke), Gelb (FDP), Schwarz (CDU und CSU) sowie Blau (AfD) stehen auf und zwischen Geldscheinen, die fünf, zehn, 20, 50 und 100 Euro wert sind.
Ob Rote (SPD und Linke) , Grüne, Gelbe (FDP), Schwarze (CDU und CSU) oder Blaue (AfD) - alle bekommen SteuergeldBild: DesignIt/Zoonar/picture alliance

Sie sind ein Lebenselixier der parlamentarischen Demokratie und haben in Deutschland Verfassungsrang: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit", steht in Artikel 21 des Grundgesetzes. Und weiter: "Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben."

Steuergeld, Spenden und zahlende Parteimitglieder

Das Geld, mit dem Parteien ihre Arbeit und ihr Personal finanzieren, speist sich aus mehreren Quellen. Die wichtigsten sind Mitgliedsbeiträge, Spenden und Steuergeld. Über die Höhe der staatlichen Unterstützung entscheidet der Deutsche Bundestag. 2022 waren es rund 205 Millionen Euro. Bei der jährlichen Anpassung muss sich das nationale Parlament an der Preisentwicklung orientieren. Faktisch handelt es sich bei steigenden Zuschüssen also in der Regel um einen Inflationsausgleich.

Kuppel des Deutschen Bundestags: Im vergangenen Jahr erhielten die Parteien gut 200 Millionen Euro an staatlicher FinanzierungBild: Rainer Keuenhof/picture alliance

Diese Vorgabe machte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe schon 1992. Eine darüber hinausgehende Erhöhung sei nur möglich, wenn sich die Verhältnisse "einschneidend" ändern sollten. Dieser Fall war aus Sicht der damaligen Regierungsparteien 2018 eingetreten: Konservative (CDU/CSU) und Sozialdemokraten (SPD) begründeten den sprunghaften Anstieg der staatlichen Mittel von 165 auf 190 Millionen Euro vor allem mit gestiegenen Kosten für die Digitalisierung.

Das lange Warten auf ein Urteil

Von der Anhebung profitierten alle Parteien, aber die damalige Regierungskoalition am meisten. Das ging den zu diesem Zeitpunkt oppositionellen Freien Demokraten (FDP), Grünen und Linken zu weit. Gemeinsam klagten sie vor dem Bundesverfassungsgericht. Bis zur mündlichen Verhandlung dauerte es drei Jahre. Der Beratungsbedarf scheint also groß gewesen zu sein. Weitere 15 Monate später wird nun am 24. Januar das Urteil verkündet. 

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht urteilt demnächst über die Höhe der staatlichen ParteienfinanzierungBild: Uli Deck/dpa/picture alliance

Manche Fragen seien "Neuland", sagte der federführende Richter Peter Müller während der Verhandlung und ließ durchblicken, dass es sich anscheinend um ein sehr aufwändiges Verfahren handelte. Dabei ging er auch auf den im Raum stehenden Vorwurf der Selbstbedienung ein: "Es könnte hier ein Fall einer Gesetzgebung in eigener Sache vorliegen." Theoretisch können davon auch jene Parteien profitieren, die gegen die Erhöhung der staatlichen Mittel geklagt haben. Vor allem auf die Grünen trifft das auch zu, weil sie seitdem bei Wahlen sehr erfolgreich waren.

Auch außerparlamentarische Parteien profitieren

Nutznießerin können auch Parteien sein, die den Sprung in ein Parlament verpassen. Sie haben dann trotzdem Anspruch auf staatliche Gelder, wenn sie bei einer Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen bekommen. Bei Landtagswahlen müssen es doppelt so viele sein, also ein Prozent.

Die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), erhielt 2021 gut 145.000 Euro vom StaatBild: Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE/picture alliance

Pro Stimme gibt es 1,06 Euro. Wer über vier Millionen Stimmen erreicht, bekommt für jede weitere 0,87 Euro. Außerdem erhalten Parteien 45 Cent für jeden Euro, den sie durch Beiträge von Mitgliedern und Abgeordneten einnehmen. Das gleiche gilt bis zu einer Höchstgrenze von 3300 Euro für Spenden, die von sogenannten natürlichen Personen stammen. Für Zuwendungen von Firmen und Unternehmen gibt es keine finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse.

Die SPD bekommt am meisten

Im Jahr 2021 kassierten 20 Parteien Geld aus dem Bundeshaushalt. Spitzenreiterin war die SPD mit 56,11 Millionen Euro, gefolgt von der CDU (51 Millionen) und den Grünen (30,09 Millionen). Schlusslicht der im Bundestag vertretenen Parteien war die Alternative für Deutschland (AfD) mit elf Millionen Euro.

Unter den zwölf Parteien, die nicht im Bundestag sind, schnitten die Freien Wähler am besten ab (2,3 Millionen), gefolgt von der Tierschutzpartei (1,37 Millionen). Alle anderen blieben unter der Millionen-Grenze. Sie mussten sich mit Zuschüssen zwischen 13.000 und knapp 679.000 Euro zufriedengeben. Für alle – ob groß oder klein – gilt: Die staatlichen Mittel dürfen nicht höher sein als die von einer Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen des Vorjahres.

Sattes Plus für die Grünen

Schaut man auf die Entwicklung der staatlichen Unterstützung für die drei klagenden Parteien, ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild. Als sich das Trio 2018 an das Bundesverfassungsgericht wandte, erhielt die FDP gut 15 Millionen Euro. Drei Jahre späten waren es 16 Millionen. Im selben Zeitraum sank der Zuschuss für die Linke von 14,4 auf knapp 12,6 Millionen. Die Grünen profitierten hingegen mit Abstand am meisten: Ihr Anteil an der staatlichen Parteienfinanzierung stieg von 19,1 auf fast 30,1 Millionen.

#DeutschlandWaehlt: Parteifinanzen

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Die finanzielle Entwicklung spiegelt sich auch in der politischen Bedeutung der Parteien wider. Zum Zeitpunkt der Klage waren alle drei in der Opposition. Nach der Bundestagswahl 2021 schmiedeten FDP und Grüne ein Regierungsbündnis mit der SPD, während die Linke nur ganz knapp den Wiedereinzug in den Bundestag schaffte.

Berlin-Wahl am 12. Februar

Wieviel Steuergeld allen Parteien zusammen künftig zur Verfügung stehen wird, darüber entscheidet jetzt das Bundesverfassungsgericht. Das Grundprinzip dürfte unverändert bleiben: Jede einzelne Stimme zahlt sich aus, wenn eine Partei bei den vier Landtagswahlen 2023 mindestens 0,5 Prozent der Stimmen erhält. Die erste Chance auf Zuschüsse aus dem Staatshaushalt bietet sich am 12. Februar bei der Wahl zum Berliner Stadtparlament.       

 

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland