1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Wer gehört jetzt noch zu Putins Freunden?

24. Februar 2022

Der russische Angriff auf die Ukraine dürfte auch bei den Verbündeten Moskaus für Unbehagen sorgen. Welche Länder könnten trotz der Militäraktion gegen die Ukraine weiterhin zu Moskau halten und warum?

Ungarn Budapest 2019 | Wladimir Putin, Präsident Russland & Viktor Orban
Ziemlich beste Freunde: Putin auf Staatsbesuch bei Ungarns Premier Viktor Orban 2019 in BudapestBild: Kremlin Press Office/Anadolu Agency/picture alliance

Belarus

Belarus gehört seit 1990 zu den treuesten Verbündeten Russlands. Nach den Präsidentschaftswahlen im August 2020 ist es noch näher an Moskau herangerückt und hat sich vom Nachbarland Ukraine abgewandt, wohin viele belarussische Regimekritiker geflüchtet sind. Im Konflikt mit der Ukraine steht es weiter an der Seite Moskaus.

Russland ist der wichtigste Handelspartner für Belarus. Moskau ist nicht nur Hauptlieferant für Rohöl und Gas. Es ist mit Belarus auch durch die 2015 gegründete Eurasische Wirtschaftsunion sowie durch das von Russland angeführte Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit 

 verbunden, der auch Armenien, Kasachstan und Kirgisistan angehören.

Bei der gemeinsamen Truppenübung von Russland und Belarus steht Präsident Lukaschenko (M) zwischen hochrangigen Offizieren mit Journalisten auf dem Truppenübungsplatz Osipovichi Bild: Maxim Guchek/dpa/AP/Pool BelTA/picture alliance

Kasachstan

Für Putin ist Kasachstan "einer der am nächsten stehenden strategischen Verbündeten und Partner Russlands". Dies erklärte er im Oktober 2015 bei einem Treffen mit der von ihm gegründeten russischen Jugendbewegung "Naschi". Die Verbundenheit mit Kasachstan zeigte sich bei den jüngsten Unruhen zu Beginn dieses Jahres in Almaty. Um den kasachischen Präsidenten Kassim-Schomart Tokajew zu unterstützen, schickte Putin russische Truppen und Fallschirmjäger ins Land.

Bei der Anerkennung der "Volksrepubliken" versuchte Kasachstan allerdings neutral zu bleiben. Gegenüber der "Moscow Times" erklärte der kasachische Außenminister Mukhtar Tileuberdi: “Die Frage, ob Kasachstan die Volksrepubliken Luhansk und Donetsk anerkennt, steht nicht auf der Tagesordnung. Wir gehen von den Grundlagen des Völkerrechts und den Grundprinzipien der UN-Charta aus."

Die Partnerschaft mit dem flächenmäßig neuntgrößten Land der Welt hat geostrategische und wirtschaftliche Gründe, denn Kasachstan verfügt über große Vorkommen an Öl und Erdgas. Die meisten Pipelines im Land gehören dem russischen Konzern Gazprom. 2019 führte Kasachstan laut OECD Güter im Wert von knapp 14 Milliarden Dollar aus Russland ein und machte Moskau damit zum wichtigsten Importeur vor China, Südkorea, Deutschland und Italien. 

In Kasachstan gingen nach der Erhöhung der Energiepreise im Januar 2022 tausende Menschen auf die StraßeBild: Abduaziz Madyarov/AFP

China

Noch Anfang Februar übten Russland und China bei einem Treffen in Peking den Schulterschluss gegen den Westen. Mittlerweile hat sich die Tonlage etwas verändert. Bei der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates am 22.2.2022 schlug China sich nicht auf die Seite seines russischen Verbündeten, sondern rief alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Peking sind alles andere als ausgewogen. China ist für Russland wichtiger als umgekehrt. Während Russlands Außenhandel fast zu einem Fünftel von China bestritten wird, macht der Anteil Russlands an Chinas Außenhandelsbilanz nur 2,4 Prozent aus.

Allerdings ist der bilaterale Handel zwischen Russland und China 2021 um 36 Prozent auf 147 Milliarden US-Dollar gestiegen. Zum Vergleich: Der Handel zwischen Russland und der EU summierte sich 2020 auf 174 Milliarden Euro.

Armenien

Armenien fährt doppelgleisig. Auf der einen Seite ist die frühere Sowjetrepublik im Kaukasus wirtschaftlich von Russland abhängig und pflegt enge Beziehungen zum Kreml. Das Land ist wie Kasachstan Mitglied in der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Organisation zur kollektiven Sicherheit.

Etwa 80 Prozent der armenischen Energieversorgung befinden sich in russischer Hand. Nach Angaben des deutschen Außenwirtschaftportals GTAI nimmt Russland sowohl bei den Importen als auch im Export den ersten Rang ein. 

Gleichzeitig strebt das Land nach der "Samtenen Revolution" 2018 eine Annäherung an den Westen an. Armenien ist Mitglied des Europarats, Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention und hat 2017 ein Partnerschaftsabkommen mit der EU unterzeichnet. Am 23. Februar erklärte die Regierung in Eriwan zudem, dass die Anerkennung der sogenannten "Volksrepubliken" nicht auf der politischen Tagesordnung stünden.

Putin verhandelt mit dem Regierungschef von Aserbaidschan, Ilham Alijew (r), und Nikol Paschinjan, Ministerpräsident von Armenien, über eine Lösung des Konfliktes zwischen beiden LändernBild: Mikhail Klimentyev/Sputnik Kremlin/AP/dpa/picture alliance

Ungarn

In der Europäischen Union besitzt Moskau zwar keine Verbündeten im engeren Sinn. Dennoch gilt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban als politischer Freund Wladimir Putins.

Orban kaufte 2017 russische Atomreaktoren und vereinbarte gemeinsame ungarisch-russische Forschungsprojekte im Weltall. Außerdem importierte er den russischen Corona-Impfstoff Sputnik, der von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA noch nicht zugelassen ist.

Im Gegenzug bekommt Ungarn russisches Gas zum Vorzugspreis. Diese Unterstützung kann Orban gerade gut gebrauchen, denn am 3. April wird in Ungarn gewählt. Zudem droht Ungarn der Entzug von EU-Geldern. Denn nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Februar darf die EU-Kommission bei Mängeln am Rechtsstaat mit einem neuen Verfahren gegen ihre Mitglieder vorgehen und ihnen Mittel aus dem EU-Haushalt kürzen. 

Dennoch besitzt die Männerfreundschaft zwischen Orban und Putin Grenzen. Den jüngsten, nach der russischen Anerkennung der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk verhängten Sanktionen der EU gegen Russland stimmte auch Ungarn zu.

Serbien

Auch Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vučić bekommt Wahlkampfhilfe aus Moskau. Nach Presseberichten gewährt Moskau dem Land bei den Gaspreisen bis Mai einen gewaltigen Rabatt. Dies könnte sich auf die vorgezogenen Parlamentswahlen am 3. April auswirken.

Zu Besuch bei Freunden: Russlands Außenminister Lawrow 2020 in SerbienBild: dpa/AP/picture alliance

Vučić betrachtet wie viele seiner Landsleute Russland als "großen Bruder". Als Zeichen der Verbundenheit schloss Serbien mit Moskau am 25. Oktober 2019 als erstes europäisches Land ein Freihandelsabkommen mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) ab.

Trotz der politischen und kulturellen Verbundenheit mit Moskau fährt Belgrad zweigleisig. Obwohl er die 2014 nach Annexion der Krim durch Russland die gegen Moskau verhängten Sanktionen ablehnt, äußerte er sich nach der aktuellen russischen Anerkennung der "Volksrepubliken" verhaltener.

Gegenüber der "Moscow Times" erklärte er, dass "Serbien sich auf dem europäischen Pfad befindet und die territoriale Integrität der Ukraine unterstützt, auch wenn 85 Prozent der Bevölkerung auf der Seite Russlands stehen".

Serbien ist EU-Beitrittskandidat. Die Regierung will auch die wirtschaftliche Abhängigkeit von Moskau verringern. Deswegen plant sie den Bau einer neuen Pipeline, die Serbien an das griechische Gasnetz anschließen soll. 

Venezuela

In Lateinamerika genießt Putin in mehreren Ländern Sympathien, dies zeigte der jüngste Besuch von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro am 15. Februar mitten im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Engster Verbündeter in der Region ist jedoch Venezuela. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro stellte sich bereits am 19. Februar offiziell hinter Russland.

Die engen Beziehungen zwischen Moskau und Caracas gründen auf militärischer und wirtschaftlicher Kooperation. Russland hat seit 2006 rund 17 Milliarden Dollar an Krediten an Caracas vergeben und ist damit einer der größten Gläubiger der venezolanischen Regierung. Ein Großteil der Kredite wurde für den Kauf russischer Waffen verwendet.

Militärausrüstung made in Russia: Ein russisches Kampfflugzeug vom Typ Tupolev Tu-160 landet 2018 auf dem Flughafen Simon Bolivar in Caracas Bild: Marcos Salgado/Xinhua/imago images

Gleichzeitig geht es für Russland darum, sich in Venezuela die Kontrolle über die dort nachgewiesenen weltweit größten Erdölreserven zu sichern. So hat die russische Rosneft 2017 ein Joint Venture mit dem staatlichen venezolanischen Mineralölkonzern PDVSA gegründet, an dem sie einen Anteil von 51 Prozent hält.

 

Dieser Artikel wurde am 23. Februar 2022 erstmals veröffentlicht und am 24.Februar 2022 aktualisiert.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen