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Von Belfast nach Berlin

Max Zander8. November 2014

Unter den zahlreichen Besuchern, die zum 25. Jahrestag des Mauerfalls nach Berlin kommen, sind auch viele ausländische Touristen. Um das Jubiläum zu feiern und um zu erfahren, was aus der geteilten Stadt geworden ist.

Lichtergrenze in Berlin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Alan Couser steht im Schatten der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz. Mit dem Finger deutet der Ire auf den Bahnhof Zoologischer Garten. "Hier ist man früher angekommen, wenn man mit dem Zug nach Westberlin gereist ist", erzählt er seiner Reisegruppe, 25 Frauen und Männer aus Irland, die meisten aus Belfast. Heute ist der erste Tag in Alan Cousers Programm "Berlin - Fall of the Wall". Ein langes Wochenende wollen sie sich mit den Schauplätzen der jüngsten Geschichte auseinandersetzen und dabei sein, beim großen Jubiläum am 9. November.

Es ist Freitagmittag, die Reisegruppe ist seit früh auf den Beinen. "Es ist Zeit, dass wir einen kleinen Imbiss zu uns nehmen." Alan führt die Gruppe zu einer Imbissbude gegenüber vom Bahnhof. Während er Schalen mit dampfender Currywurst und Pommes an seine Gäste verteilt, wird das Wetter zum Thema. Eben schien die Sonne, nun pfeift der Wind über den Platz. Einige bemerken, dass sie Schals und Handschuhe besser nicht zu Hause gelassen hätten. "Man müsste eigentlich denken, dass man an die Kälte gewöhnt ist, wenn man gerade aus Irland kommt", scherzt eine Frau und reibt sich die Hände.

Currywurst - Schlange stehen für ein Berliner OriginalBild: DW/M. Zander

Lebendige Erinnerung

Nächstes Ziel, das Brandenburger Tor. Alan führt die Gruppe zur nahgelegenen Bushaltestelle der Linie 100. Die Strecke verläuft vom Bahnhof Zoo bis zum Alexanderplatz, von der City West in das Zentrum der ehemaligen Hauptstadt der DDR. Wie auch heute wird sie vor allem von Touristen genutzt. An der Haltestelle tummeln sich bereits mehrere Gruppen, die auf den nächsten gelben Doppeldecker warten. Hundertausende Besucher sind anlässlich des Mauerfalljubiläums in die Stadt gekommen.

Sie haben Glück, die Gruppe aus Irland schafft es gemeinsam in den nächsten Bus. Stockend geht es durch den dichten Stadtverkehr vorbei an der Siegessäule im Tiergarten. Ein Herr nutzt die Fahrt für ein Nickerchen, zwei Damen neben ihm bewundern die Farbenpracht des herbstlichen Tiergartens.

Nicht alle sind zum ersten Mal in Berlin. Anne kennt die Stadt mittlerweile ganz gut, sie war 1980 zum ersten Mal in Berlin. Über den Checkpoint an der Friedrichstraße wollte sie damals den Ostteil der Stadt besuchen. Aber der Anblick der befestigten Grenze machte ihr Angst. Zu sehr erinnerte sie das an die gewaltsamen Konflikte in ihrer Heimatstadt Belfast. Militärische Befestigungen bestimmten auch dort jahrelang das Straßenbild. "Beim Anblick der Mauern mit dem Stacheldraht, den Türmen und bewaffneten Grenzsoldaten, bekam ich Beklemmungen. Ich konnte nicht mehr weiter gehen", erzählt sie.

Das hässlichste Gebäude der Stadt

Nach der Wiedervereinigung erhielt der Reichstag seine charakteristische GlaskuppelBild: DW/M. Zander

Am Reichstag verlässt die Gruppe den Bus. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bleibt Alan stehen. "Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es hier zu Zeiten der Mauer war." Er erzählt von der Instandsetzung des Gebäudes nach der Wende und deutet auf die Glaskuppel. "Der Reichstag war einmal das hässlichste Gebäude in Berlin. Wie ihr sehen könnt, ist das heute nicht mehr der Fall", sagt er mit einem Schmunzeln.

Auf dem Weg zum Brandenburger Tor halten sie an den weißen Gedenkkreuzen für die Mauertoten. Alan beschreibt, wo die Aussichtsplattform stand, von der die Menschen in Westberlin über die Grenze auf das Brandenburger Tor gucken konnten. Nun ist hier eine riesige Bühne aufgebaut für das Bürgerfest am Sonntag. Hinter Alan ist die Lichtgrenze zu sehen, die Installation aus tausenden filigranen Laternen, die das Wochenende über den Verlauf des ehemaligen Todesstreifens markiert. Einige knipsen noch ein Erinnerungsbild mit dem Kunstwerk, bevor die Gruppe unter dem Brandenburger Tor hindurch nach Ostberlin läuft.

Kreuze erinnern an die 137 MauertotenBild: DW/M. Zander

Volksfest am Checkpoint Charlie

Am Boulevard Unter den Linden entlang, vorbei an der Russischen Botschaft, biegt die Gruppe in die Friedrichstraße ein. "Ihr seid jetzt in Ostberlin. Zu DDR-Zeiten sah es hier ganz und gar nicht schön aus, jetzt sind hier überall Luxus-Boutiquen und schicke Restaurants." Auch Hazel erkennt die Straße kaum wieder. Die pensionierte Lehrerin war 1991 schon mal hier. Mit einer Freundin war sie auf dem Weg nach Polen und entschied sich, drei Tage in Berlin zu bleiben. Damals, erinnert sie sich, rollten überall die Bulldozer, überall wurde gebaut. "Ich wollte unbedingt sehen, was in der Zwischenzeit hier passiert ist. Und ich bin wirklich überwältigt."

Am Checkpoint Charlie wird es plötzlich voll. Kein typischer grauer Novembertag. Es herrscht regelrechte Volksfeststimmung. Bierwagen, eine Leinwand auf denen eine Dokumentation über Mauerfluchten gezeigt wird und jede Menge Sitzgelegenheiten aus blauen Holzkisten. Dazwischen Stände, an denen sowjetische Militärutensilien verkauft werden. Fotografen und Fernsehteams haben auf der Kreuzung Stellung bezogen. Vor dem Foto eines überlebensgroßen Soldaten ruft Alan die Gruppe wieder zusammen. "Ich weiß, ihr seid müde, für heute reicht‘s."

Checkpoint Charlie mit Mauer-Panorama-Bild von Yadegar AsisiBild: DW/M. Zander

Am Samstag sollte es nach Potsdam gehen, zum Schloss Cecilienhof. Dorthin, wo die Besatzungsmächte 1945 Deutschland unter sich aufteilten. Zum Höhepunkt am Sonntagabend, wenn die Laternen der Lichtgrenze leuchtend zum Himmel aufsteigen, will Alan mit seiner Gruppe wieder hier sein.

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