Anschluss an die Datenautobahn
6. März 2009Wiesen, Felder, Wald, dazwischen ein paar Dörfer, verbunden durch kilometerlange Straßen - das ist Trebbin in Brandenburg. Die Menschen leben von Landwirtschaft und Gartenbau, im Gewerbegebiet der Stadt haben sich ein paar kleine Firmen angesiedelt. Bürgermeister Thomas Berger würde gerne mehr Unternehmen in seine Gemeinde locken, aber bislang musste er in einem zentralen Punkt stets passen: Einen schnellen Zugang ins Internet konnte Trebbin seinen insgesamt 9000 Einwohnern bislang nur im Stadtkern bieten. Die umliegenden 13 Dörfer, die sich auf nicht weniger als 125 Quadratkilometer verteilen, sind von der Datenautobahn abgeschnitten.
Pralinen von der Telekom
"Eine vernünftige Breitbandlösung ist zu einer Standortfrage geworden", stellt Berger fest und ärgert sich darüber, dass bereits eine Reihe von mittelständischen Unternehmen, die sich gerne in Trebbin angesiedelt hätten, einen Rückzieher gemacht haben - oder aber verärgert sind, wie die Werbewirtin Angelika Holzapfel. Sie zog es vor fünf Jahren von Frankfurt am Main in den Trebbiner Ortsteil Blankensee, weil sie sich auf dem Land mehr Ruhe und Inspiration erhoffte. Den geschäftlichen Anschluss via DSL, den die Werbewirtin für ihre Foto-Präsentationen unbedingt braucht, hatte ihr die Telekom zugesagt. Doch die Ernüchterung kam schnell.
Denn der DSL-Zugang über das analoge Telefonkabel versagte immer wieder - bis schließlich überhaupt kein Signal mehr ankam. Ein Problem, das in ländlichen Gebieten häufig vorkommt: Ein DSL-Anschluss über ein Kabel funktioniert nur im Umkreis von höchstens fünf Kilometern um den Hauptverteiler.
Zwei Jahre stritt sich Angelika Holzapfel mit der Telekom über den nicht funktionierenden DSL-Anschluss - ohne Erfolg. Das Unternehmen konnte ihr lediglich einen ISDN-Anschluss bieten, so dass sie sich mit Hilfe eines Telefon-Modems ins Internet einwählen konnte. "Als Entschädigung hat mir die Telekom eine Schachtel Pralinen geschickt", sagt Holzapfel, deren Telefon-Rechnungen sich wegen der deutlich langsameren Verbindung von nun an auf rund 350 Euro und mehr pro Monat beliefen.
Per Richtfunk auf die Datenautobahn
Doch das ist nun Vergangenheit. Seit Anfang März hat Werbewirtin Holzapfel eine Funkantenne auf ihrem Hausdach stehen und ist über W-DSL drahtlos online. Zu verdanken hat sie das ihrem Bürgermeister, der nicht warten wollte, bis die Breitbandstrategie der Bundesregierung die noch unversorgten 6500 deutschen Gemeinden ans Netz gebracht hat. "Zwei Jahre lang habe ich versucht, mit den großen Internetanbietern eine Lösung zu finden", sagt Thomas Berger, "aber die wollten, dass wir uns mit einer sechsstelligen Summe an der Umrüstung beteiligen."
Dann stieß Berger auf Wolfram Jeske. Der an der Ostsee beheimatete IT-Unternehmer lieferte eine Machbarkeitsstudie für Trebbin und schlug vor, die Dörfer per Richtfunk mit dem bestehenden DSL-Zugang im Stadtkern, den der örtliche Energieversorger anbietet, zu verbinden. 3000 Kilobit pro Sekunde leistet W-DSL, es darf allerdings zwischen den Funkmasten kein Hindernis stehen. "Ein solches Netz ist so sicher wie ein drahtgebundenes Zugangsnetz zum Internet", versichert Jeske.
40.000 Euro musste der Bürgermeister im Stadtsäckel locker machen, um das Projekt umzusetzen, aber für Trebbin, so sagt er, habe sich die Investition gelohnt. Denn die Lösung sei gut, preiswert und mit Hilfe der Breitbandinitiative der Bundesregierung ausbaufähig. Bei allen zukünftigen Baumaßnahmen sollen Leerrohre verlegt werden, um von der Funktechnik nach und nach auf kabelbasiertes Internet umzusteigen - eine vergleichsweise teure Sache. Denn ein einziger Kilometer Glasfaserkabel im Tiefbau ist mit 50.000 Euro teurer als alle bisherigen Investitionen in das Trebbiner Funknetz.