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Politik

Von der Leyen übt Selbstkritik

5. Mai 2017

Falsch verstandenen Korpsgeist und Führungsschwäche hat Verteidigungsministerin von der Leyen ihrer Truppe vorgeworfen. Im Nachhinein tut ihr das leid - aber nur, weil sie damit auch Unschuldige getroffen hat.

Frankreich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Illkirch
Bild: Reuters/V. Kessler

War die Reaktion von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf die Festnahme des terrorverdächtigen Offiziers Franco A. unüberlegt und zu pauschal? Bei einem Treffen mit rund einhundert Generälen und Admiralen hat sich von der Leyen für ihre umstrittene Kritik an der Bundeswehr entschuldigt. Die 250.000 Angehörigen der Armee leisteten einen unverzichtbaren Dienst für Deutschland, wofür ihnen Dank und Anerkennung gebühre, soll die Ministerin nach einem Bericht des "Spiegel" gesagt haben.

Die Ministerin wird mit den Worten zitiert: "Ich wünschte, ich hätte diese Sätze am Wochenende in dem Fünf-Minuten-Interview über den Rechtsextremisten vorweg gesagt. Es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Das bedauere ich."

Krisentreffen im Verteidigungsministerium am DonnerstagBild: Imago/C. Thiel

In der Führungskräfte-Runde, die am Donnerstag in Berlin stattfand, sei man über die Selbstkritik der Ministerin positiv überrascht gewesen, sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, in der ARD: "Es ist immer schwer für Politiker, zu sagen: Ich habe einen Fehler gemacht."

Auf dem rechten Auge blind?

Das Eingeständnis der Ministerin heißt allerdings nicht, dass sie von ihrer Kritik grundsätzlich abrückt. Die Äußerung, es gebe bei der Bundeswehr "ein Haltungsproblem" und "Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen", nahm die CDU-Politikerin nicht zurück. Im Gegenteil. Jens Flosdorff, Sprecher der Ministerin, sagte, nach den Ereignissen der vergangenen Woche, "die sich so niemand hat vorstellen können", sei unbedingt eine "kritische Rückwärtsbetrachtung" notwendig.

Zu beschäftigt, um die Truppe im Blick zu behalten?Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die Bundeswehr sei in den vergangenen Jahren mit der drastisch verschärften Sicherheitslage, von der Krim über den IS bis Mali, und den großen Reformen beim Personal, im Rüstungsbereich, bei den Finanzen und im Cyberbereich beschäftigt gewesen. Das habe von Tag eins an viel Kraft und Aufmerksamkeit gekostet. "Es stand - und das sehen wir heute in der Rückschau kritisch - nicht im Fokus, systematisch aufzuarbeiten, was unter der Oberfläche bei der Bundeswehr an rechtsextremen Tendenzen und bedenklichen, verfassungsfeindlichen Einstellungen, die es bei Soldaten gibt, latent noch vorhanden ist", so Flosdorff.

Bundestag verlangt Aufklärung

Voraussichtlich am kommenden Mittwoch wird Ursula von der Leyen dem Verteidigungsausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen müssen. Auf Antrag der Grünen und der Linken soll sich der Ausschuss in einer Sondersitzung mit der Affäre um den terrorverdächtigen Soldaten befassen. Franco A. hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und steht im Verdacht, einen Terroranschlag geplant zu haben. Die SPD signalisierte bereits Zustimmung zu der Ausschusssitzung. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, sagte, die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee. "Angesichts der gravierenden Vorkommnisse bei der Bundeswehr sollten die Abgeordneten zeitnah über die Aufklärungsbemühungen der Ministerin informiert werden."

In der Ausschusssitzung wird sicherlich auch der Munitionsfund bei einem mit Franco A. befreundeten Studenten gesprochen werden. Rund 1000 Schuss Munition verschiedener Kaliber für Pistolen und Sturmgewehre sollen sichergestellt worden sein. Woher die Patronen stammen, wird derzeit ermittelt. "Über die Losnummern kann man nachvollziehen, an welchen Standorten der Bundeswehr diese Munition ausgeliefert worden ist", so Ministeriumssprecher Flosdorff.

Was wird noch alles herauskommen?

Im Verteidigungsministerium geht man davon aus, dass es eine Zeit dauern wird, bis alles aufgeklärt ist. "Wir stehen hier am Anfang eines Prozesses." Ein Prozess, der, so deutet der Sprecher an, noch weite Kreise ziehen könnte. "Es gehen jeden Tag neue Meldungen ein, sowohl diesen Fall betreffend als auch andere Beobachtungen, die irgendwo in der Truppe gemacht werden", sagt Jens Flosdorff.

Regierungssprecher Steffen Seibert nahm von der Leyen unterdessen noch einmal gegen Kritik in Schutz. Die Ministerin habe für den von ihr jetzt angestoßenen Prozess der Aufklärung die volle Unterstützung der Bundesregierung. "Es ist schon befremdlich, dass diejenige, die ihrer Verantwortung entsprechend alles daran setzt, zum Wohle der Truppe Fehler und Versäumnisse aufzuklären, sich jetzt von mancher Seite Vorwürfen ausgesetzt sieht, statt unterstützt zu werden."

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