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Politik

Von der Leyen: Skandale keine Einzelfälle

1. Mai 2017

Nach der Festnahme des rechtsextremen Offiziers Franco A. hat sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in einem offenen Brief direkt an die Bundeswehr gewandt. Die jüngsten Skandale hätten System.

Deutschland Bonn Ursula von der Leyen
Bild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

"Zu groß ist die Zahl der Vorfälle, zu gravierend die zutage getretenen Fehlentscheidungen", als dass man bei den Problemen in der Truppe noch von Einzelfällen sprechen könne, schrieb von der Leyen in dem offenen Brief. In vielen Bereichen der Bundeswehr gebe es offenbar kein klares Verständnis davon, wann die Grenze zum Extremismus und zu überzogener Härte und Schikane überschritten sei.

In ihrer Kritik ging die CDU-Politikerin sowohl auf die seit langem bekannte rechtsextreme Haltung des inhaftierten Franco A. als auch auf jüngste Fälle von Mobbing in der Elitekaserne in Pfullendorf und bei Gebirgsjägern in Bad Reichenhall ein. Die Bundeswehr müsse ihre "Ausbildungskonzepte hinterfragen, von den Mannschaften bis zu den Offizieren", forderte von der Leyen. Zudem müsse über "Sicherungsmechanismen" nachgedacht werden.

"Misstände offen aussprechen und diskutieren"

Trotz der Skandale sei sie weiterhin fest davon überzeugt, "dass die übergroße Mehrheit von Ihnen ob in den Einsätzen oder im Grundbetrieb tagtäglich anständig und tadellos ihren wichtigen Dienst für unser Land leistet", schrieb die 58-Jährige den Soldatinnen und Soldaten. Die Bundeswehr sei darauf angewiesen, dass ihr guter Ruf in der Bevölkerung, aber auch im Parlament Bestand habe. Aus diesem Grund müsse man "Misstände offen aussprechen und diskutieren".

Bereits am Sonntag hatte von der Leyen im ZDF der Bundeswehr ein "Haltungsproblem" und eine "Führungsschwäche auf mehreren Ebenen" attestiert. Kritik an ihren Äußerungen kam aus der SPD: "Wer nach drei Jahren im Amt über ein breites Führungsversagen in der Bundeswehr klagt, der klagt sich selbst an", sagte SPD-Vize Ralf Stegner dem "Tagesspiegel". Die Ministerin hätte "ausreichend Zeit gehabt, um die Missstände abzustellen". Stattdessen versuche sie am Ende der Legislaturperiode, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Bundeswehrverband "entsetzt"

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, äußerte sich "schockiert" über die Vorwürfe von der Leyens. "Politiker an Bundeswehrstandorten, Menschen aus der Bundeswehr und Angehörige, viele Soldaten im Auslandseinsatz - alle sind über diese Verallgemeinerungen entsetzt", sagte Wüstner der "Augsburger Allgemeinen". Die Verteidigungsministerin nehme eine weitere Beschädigung der Beziehungen zwischen Politik und Bundeswehr in Kauf, ohne genau zu sagen, auf welcher Faktenlage sie kritisiere. Von der CDU-Politikerin forderte er umgehend eine transparente Erklärung, "wie der Vorwurf, dass die gesamte Bundeswehr ein Problem mit 'Führung und Haltung' hat, zu rechtfertigen ist".

Der "Passauer Neuen Presse" sagte Wüstner, von der Leyen müsse ihre Aussagen schnell zurechtrücken und einordnen, "sonst wird das die Motivation der Truppe tiefgehend beeinflussen und auch das Vertrauen in der politische Führung schwächen - und das ist schon jetzt nicht sehr groß". Der Verbandschef vertritt die Interessen von Soldaten in dienstlichen und sozialen Fragen.

hk/uh (dpa)

 

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